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Todesdrang: Thriller (German Edition)

Todesdrang: Thriller (German Edition)

Titel: Todesdrang: Thriller (German Edition)
Autoren: Michael Hübner
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und er allein mit seiner Angebeteten war. So war der Lauf der Dinge, dachte er. Und in diesem Moment machte Dirk Bukowski den Fehler, dies als selbstverständlich zu betrachten.
    Nach dem Essen ging Dirk in sein Arbeitszimmer, das diesen Namen zu Unrecht trug. Denn zu Hause arbeitete er eigentlich nie. Es war für ihn eher eine Art Schlupfwinkel, ein Versteck, in das er sich flüchten konnte. Eine Zone der Einsamkeit, die er brauchte, um die nimmermüden Gedanken loszuwerden, die nach einem solchen Tag wie ein Mückenschwarm durch seinen Kopf summten und dabei ein leises Brummen erzeugten. Nur hier fand er die Ablenkung, um diesen inneren Dämon zu vertreiben, der ihn ständig dazu zwang, es allen recht machen zu wollen, was ihn fortwährend in Konflikt mit sich selbst brachte.
    Die Wände des Zimmers waren in einem dunklen Braunton gestrichen und übersät mit Fotos und Bildern verschiedenster Größen und Rahmen, die trotz ihrer willkürlichen Anordnung seltsamerweise harmonisch wirkten. Ebenso beliebig wie ihre Gliederung waren auch die Motive der Bilder. Landschaftsaufnahmen hingen neben Porträts, Makroaufnahmen von Insekten und Pflanzen neben privaten Urlaubsbildern, auf denen immer wieder Kevin und Anke zu sehen waren. Im hinteren Bereich des Raums war eine gemütliche Sitzecke, auf die ein Fünfzig-Zoll-Flachbildfernseher ausgerichtet war, der seinen Platz auf einem ahornfarbenen Sideboard einnahm. Rechts unterhalb des Fensters, unmittelbar neben der Tür, die zum angrenzenden Balkon führte, stand ein wuchtiger Schreibtisch mit einem Computer.
    Dirk saß vor dem Monitor, der ihm stumm signalisierte, dass sein Betriebssystem geladen wurde. Er lehnte sich zurück und sah entspannt durch das Fenster in die dunkle Landschaft, die durch den Schnee in ein silbrig schimmerndes Licht getaucht wurde. Eine sanfte Melodie verkündete ihm, dass sein Rechner betriebsbereit war. Derweil machte Cookie es sich zu seinen Füßen bequem. Dirk registrierte es wohlwollend und startete den Browser, der daraufhin automatisch die Seite von Netfriends, einem sozialen Netzwerk, öffnete. Er gab sein Passwort ein und rief sein persönliches Profil auf.
    Die nächste Stunde verbrachte er damit, eingegangene Mails zu beantworten, Statusmeldungen zu verfassen und längst vergessen geglaubte Kontakte zu pflegen. Konturlose Profile von Menschen, die behaupteten, ihn zu kennen. Manche von ihnen hatte er seit zwanzig Jahren nicht mehr gesehen, genauer gesagt, seit seiner Schulzeit. Und bei den meisten von ihnen hätte er es am liebsten auch dabei belassen, denn er dachte nicht gern an seine Schulzeit zurück. Als Sohn des Konrektors und einer der Klassenbesten war er etlichen Demütigungen und Hänseleien ausgesetzt gewesen. Infolgedessen wunderte er sich, weshalb nun ausgerechnet diejenigen, denen er diesen pubertären Alptraum zu verdanken hatte, Wert auf seine Onlinebekanntschaft legten. Vermutlich ging es ihnen nur darum, ihr eigenes Freundschaftskonto aufzustocken. Manche schienen gar eine Lebensaufgabe daraus zu machen, so viele Leute wie möglich ihrer Liste hinzuzufügen. Doch Dirk tat ihnen den Gefallen, nicht zuletzt deshalb, weil er sich vor niemandem zu verstecken brauchte. Immerhin hatte er es mit 37 Jahren in die Geschäftsleitung einer Bankfiliale geschafft. Er hatte eine tolle Frau, um die ihn jeder beneidete, besaß einen flotten Wagen und ein großes Haus. In den meisten Profilen seiner ehemaligen Mitschüler hingegen war nicht einmal ein konkreter Beruf angegeben.
    Während Dirk damit beschäftigt war, die wenigen Kontakte zu pflegen, die ihm wichtig waren, war Cookie dazu übergegangen, ihm die Füße abzulecken. »Hey, lass das«, beschwerte sich Dirk amüsiert und gab dem Hund einen zärtlichen Stoß mit den Zehen. Doch diese Geste schien Cookie nur noch mehr zu animieren, da er kurz darauf einen erneuten Versuch startete, sich mit Dirks Schienbein zu paaren.
    »Armer kleiner Kerl«, sagte Dirk und betrachtete seinen Hund mitleidig. »Hast Sehnsucht nach einem Weibchen, was?« Er zerrte ihn behutsam von seinem Bein weg, hob ihn auf den Schoß und streichelte sein weiches Fell. »Glaub mir, ich weiß genau, wie du dich fühlst«, seufzte Dirk, und sein Blick glitt zu der Tür, die das Schlafzimmer mit dem Arbeitszimmer verband. Aus dem Erdgeschoss drangen kindliches Geschrei und Ankes mahnende Stimme an sein Ohr. Er sah auf die Uhr. Es war bereits nach halb zehn.
    Missmutig wandte Dirk sich wieder dem Bildschirm zu. Er
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