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Todesdämmerung

Todesdämmerung

Titel: Todesdämmerung
Autoren: Dean R. Koontz
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schlecht«, hänselte sie ihn. »Da dürftest du den ganzen Tag dasitzen und brauchtest nichts zu tun.«
    »Kröten fressen Fliegen«, sagte er und schnitt eine Grimasse, »und ich mag nicht einmal Kalbfleisch.«
    Sie lachte, beugte sich vor und küßte ihn auf die Wange.
    »Selbst wenn sie eine Hexe wäre«, sagte er, »würde das wahrscheinlich für mich nichts ausmachen, weil ich Brandy habe und Brandy ganz bestimmt nicht zuläßt, daß irgendeine alte Katze in meine Nähe kommt.«
    »Ja, auf Brandy kannst du dich verlassen«, pflichtete Christine ihm bei. Sie sah den Hund mit seinem Clownsgesicht an und sagte: »Du bist die Nemesis aller Katzen und Hexen, nicht wahr, Pelzgesicht?«
    Zu ihrer Überraschung schob Brandy seine Schnauze vor und leckte Christine unter dem Kinn.
    »Puuh«, sagte sie, »nimm's nicht übel, Pelzgesicht, aber ich weiß nicht, ob es besser ist, von dir geküßt zu werden oder Fliegen zu fressen.«
    Joey kicherte und legte dem Hund die Arme um den Hals.
    Christine kehrte in ihre Arbeitszimmer zurück. Der Papierstapel schien, während sie weg war, noch einmal gewachsen zu sein.
    Sie hatte sich kaum an ihren Schreibtisch gesetzt, als das Telefon klingelte. Sie nahm den Hörer ab.
    »Hallo?«
    Niemand meldete sich.
    »Hallo?« wiederholte sie.
    »Falsch verbunden«, sagte eine Frau leise und legte auf.
    Christine legte den Hörer auf und machte sich wieder an die Arbeit. Sie verschwendete keine Gedanken an den Anruf.

3
    Sie wurde von Brandys Bellen geweckt, und das war ungewöhnlich, weil Brandy nur ganz selten bellte. Dann hörte sie Joeys Stimme.
    »Mom! Komm schnell! Mammie!«
    Er rief sie nicht etwa nur; er schrie geradezu.
    Als sie die Decke von sich wegstieß und aus dem Bett stieg, sah sie die roten Leuchtziffern auf dem Digitalwecker. Es war 1:20 Uhr morgens.
    Sie rannte durch das Zimer, durch die offene Tür in den Korridor, auf Joeys Zimmer zu und knipste im Laufen sämt liche Lichtschalter an.
    Joey saß im Bett, gegen das Kopfende gepreßt, als versuchte er durch das Brett hindurch und auf magische Weise in die Wand dahinter einzutauchen, um sich zu verstecken. Seine beiden Hände krampften sich in Bettlaken und Decke. Sein Gesicht war aschfahl.
    Brandy war am Fenster, die Vorderpfoten auf dem Sims. Er bellte etwas an, was hinter der Glasscheibe draußen in der Nacht war. Als Christine das Zimmer betrat, hörte der Hund zu bellen auf, trottete ans Bett und sah Joey fragend an, als würde er von ihm Aufklärung verlangen.
    »Da war jemand draußen«, sagte der Junge. »Jemand hat hereingesehen. Das war diese verrückte alte Frau.«
    Christine ging ans Fenster. Es war ziemlich dunkel. Der gelbliche Schein der Straßenlaterne an der Ecke reichte nicht ganz soweit. Der Mond stand zwar am Himmel, warf aber nur ein schwaches, milchiges Licht, das die Bürgersteige mit leichtem Frost überzog und die entlang der Straße parkenden Wagen versilberte, aber nur wenig von den Geheimnis sen der Nacht enthüllte. Die Rasenfläche und die Sträucher lagen zum größten Teil in tiefer Dunkelheit da.
    »Ist sie immer noch dort draußen?« fragte Joey.
    »Nein«, sagte Christine.
    Dann wandte sie sich vom Fenster ab, ging zu ihm, setzte sich auf seine Bettkante.
    Er war immer noch blaß, zitterte.
    Sie sagte: »Honey, bist du auch sicher —«
    »Sie war da!«
    »Was genau hast du gesehen?«
    »Ihr Gesicht.«
    »Die alte Frau?«
    »Mhm.«
    »Und du bist sicher, daß das sie war, nicht jemand anderer?«
    Er nickte. »Ja.«
    »Dort draußen ist es so dunkel. Wie konntest du so deutlich sehen, daß —«
    »Ich hab' jemanden am Fenster gesehen, eine Art Schatten im Mondlicht, und dann hab' ich das Licht angeknipst: Sie war es. Ich konnte es ganz genau sehen. Das war sie.«
    »Aber, Honey, ich begreife einfach nicht, wie sie uns gefolgt sein soll. Ich weiß, daß sie das nicht getan hat. Und sie kann unmöglich herausgekriegt haben, wo wir wohnen. Jedenfalls nicht so schnell.«
    Er sagte nichts. Er starrte nur auf seine zu Fäusten geballten Hände und ließ langsam Laken und Decke los. Seine Handflächen waren feucht.
    »Vielleicht hast du geträumt?« sagte Christine.
    Er schüttelte heftig den Kopf.
    Sie meinte: »Manchmal, wenn man einen bösen Traum hat und aufwacht, ist man irgendwie durcheinander und weiß nicht recht, was echt ist und was Traum war. Verstehst du? Es ist schon gut. Das passiert hier und da jedem.«
    Er sah ihr in die Augen. »So war es aber nicht, Mama. Brandy hat angefangen zu
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