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Todesdämmerung

Todesdämmerung

Titel: Todesdämmerung
Autoren: Dean R. Koontz
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immer noch Angst.«
    Sie wollte nicht in seine Augen sehen, fand aber zu ihrer Überraschung nichts Furchterregendes in ihnen, nichts, bei dem ihr das Blut in den Adern zu Eis erstarrt wäre.
    Brandy... nein, Chewbacca kam zu ihr und leckte ihr die Hand.
    »Mami«, sagte Joey und kniete neben ihr nieder, »ich habe Angst. Was haben die mit dir gemacht? Was haben die getan? Wirst du sterben? Bitte, stirb nicht, Mami, bitte, nicht sterben.«
    Sie legte ihm die Hand auf die Stirn.
    Er hatte Angst, zitterte. Aber das war besser als autistische Trance.
    Er rutschte näher zu ihr heran, und nach einem Zögern, das nur einen Augenblick dauerte, hielt sie ihn mit ihrem unverletzten Arm an sich gedrückt. Ihr Joey. Ihr Sohn. Ihr Kind. Wie er sich so an sie kuschelte, war unbeschreiblich schön, wunderbar. Die Berührung war besser, als jede Medizin hätte sein können, denn sie erfüllte sie mit neuem Leben, machte ihr einen klaren Kopf und verdrängte die krankhaften Bilder und die verrückten Ängste, die Grace Spiveys perverses Vermächtnis waren. Indem sie ihr Kind an sich drückte und spürte, wie er ihre Liebe und ihren Zuspruch brauchte, wurde sie von Spiveys wahnsinniger Ansteckung kuriert. Dieser Junge war die Frucht ihres Leibes, ein Leben, das sie der Welt gegeben hatte, und nichts war für sie wertvoller als er — und so würde es immer sein.
    Kyle Barlowe war auf dem Boden zusammengesunken, mit dem Rücken an der Wand, und hatte das Gesicht in den Händen vergraben, um nicht Mutter Grace' abscheuliche Überreste anstarren zu müssen. Aber der Hund kam zu Ky le, drückte seine Schnauze an ihn, und Kyle blickte auf. Der Hund leckte ihm das Gesicht; seine Zunge war warm, seine Nase kalt, so wie das bei allen Hunden ist. Er hatte ein Ge sicht wie ein Clown. Wie hatte er sich je einbilden können, daß ein solcher Hund ein Hund der Hölle wäre?
    »Ich habe sie wie eine Mutter geliebt, und sie hat mein Le ben verändert. Also bin ich bei ihr geblieben, als sie anfing, Unrecht zu tun, als sie schlecht wurde, selbst als sie anfing, wirklich verrückte Dinge zu tun«, sagte Kyle, vom Klang seiner eigenen Stimme verblüfft, überrascht, sich selbst zu hören, wie er Christine Scavello und Charlie Harrison erklärte, was er getan hatte.
    »Sie hatte... diese Kraft. Das ist nicht zu leugnen. Sie war wie eine Hellseherin im Kino. Verstehen Sie? Psychische Kräfte. Auf die Weise konnte sie Ihnen und dem Jungen folgen ... nicht weil Gott sie gelenkt hat... und nicht weil der Junge der Sohn des Satans war... sondern weil sie einfach über hellseherische Kräfte verfügte.« Er hatte selbst nicht gewußt, daß er diese Erkenntnis besaß, bis er sich diese Worte aussprechen hörte. Tatsächlich schien er selbst jetzt nicht zu wissen, was er sagen würde, bis die Worte aus ihm herausdrängten. »Sie hatte Visionen. Wahrscheinlich waren sie gar nicht religiöser Natur wie ich das dachte. Nicht von Gott. Vielleicht wußte sie das die ganze Zeit. Aber vielleicht hat sie es auch mißverstanden. Vielleicht glaubte sie wirklich, daß sie mit Gott redete. Ich glaube nicht, daß sie Böses tun wollte, wissen Sie? Sie könnte doch ihre Visionen falsch gedeutet haben, oder nicht? Aber es ist ein großer Unterschied, ob man nur psychische Kräfte hat oder ob man Jeanne d'Arc ist, hm? Ein großer Unterschied.«
    Charlie hörte zu, wie Kyle Barlowe mit seinem Gewissen rang, und die tiefe, von Reue erfüllte Stimme des häßlichen Riesen übte eine seltsam beruhigende Wirkung auf ihn aus. Barlowe half ihnen, diese jüngsten Ereignisse in einem weniger fantastischen Licht zu begreifen als dem des Armageddon. Aber auch der seltsam weiche, polternde Tonfall der Stimme des Riesen entspannte ihn, ebenso wie die leicht rauchige Luft und vielleicht auch eine undefinierbare Qualität des Lichts oder der Wärme, die ihn für diese Botschaft aufnahmefähig machten, so wie das Medium eines Hypnotiseurs für Suggestionen aller Art aufnahmebereit ist.
    Kyle sagte: »Mutter Grace hat es gut gemeint. Nur zum Ende hin wurde sie konfus. Konfus. Und so wahr mir Gott helfe, ich bin mit ihr gegangen, obwohl ich meine Zweifel hatte. Fast wäre ich zu weit gegangen. Fast... Gott möge mir beistehen... fast wäre ich mit dem Messer auf diesen kleinen Jungen losgegangen. Sehen Sie, vielleicht ist es so... ich denke, Ihr Joey... er hat vielleicht auch ein wenig psychische Fähigkeiten, wissen Sie? Haben Sie das je bemerkt? Irgendwelche Hinweise? Ich denke, er muß
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