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Todesdämmerung

Todesdämmerung

Titel: Todesdämmerung
Autoren: Dean R. Koontz
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selbst ein wenig wie Mutter Grace sein, ein wenig hellsichtig oder so was. Selbst wenn er es nicht weiß, selbst wenn die Kraft noch nicht deutlich geworden ist... und das hat sie in ihm wahrgenommen, es aber mißverstanden. Das muß es sein. Das muß es erklären. Die arme Grace. Die arme, liebe Grace. Sie hat es gut gemeint. Können Sie das glauben? Sie hat es gut gemeint, und ich auch. Und alle in der Kirche. Sie hat es gut gemeint.«
    Chewbacca verließ Kyle und kam zu Charlie, und der ließ zu, daß der Hund sich liebevoll an ihn drückte. Er entdeckte Blut in seinen Ohren und verklebtes Blut an seinem Kopf, und das bedeutete, daß Barlowe ihn mit dem Gewehrkolben hart getroffen hatte, schrecklich hart sogar, und doch schien er sich völlig erholt zu haben. Ohne Zweifel hatte er eine schwere Gehirnerschütterung erlitten. Und doch war er we der benommen noch verwirrt.
    Der Hund sah ihm in die Augen.
    Charlie runzelte die Stirn.
    »Sie hat es gut gemeint. Sie hat es gut gemeint«, sagte Kyle und verbarg wieder sein Gesicht in den Händen und fing zu weinen an.
    An seine Mutter gekuschelt, sagte Joey: »Mami, er macht mir Angst. Wovon redet er? Er macht mir Angst.«
    »Es ist schon gut«, sagte Christine.
    »Er macht mir Angst.«
    »Ist schon in Ordnung, Captain.«
    Zu Charlies Überraschung fand Christine genügend
    Kraft, um sich aufzusetzen und einen Meter nach hinten zu rutschen, bis sie an der Felswand lehnte. Sie hatte zu erschöpft gewirkt, um sich bewegen zu können, ja um zu sprechen. Ihr Gesicht sah jetzt aber besser aus, nicht mehr ganz so blaß.
    Immer noch schniefend, wischte Joey sich mit dem Ärmel die Nase, wischte dann mit seiner kleinen Faust über die Augen und sagte: »Charlie? Alles okay?«
    Obwohl Spivey und ihre Leute keine Gefahr mehr darstellen, war Charlie immer noch ziemlich sicher, daß er in dieser Höhle sterben würde. Er befand sich in einem miserablen Zustand, und es würden Stunden vergehen, ehe Hilfe eintreffen würde. So lange würde er nicht durchhalten. Und doch versuchte er Joey zuzulächeln und sagte mit einer Stimme, die so schwach war, daß sie ihm Angst machte: »Ich bin okay.«
    Der Junge verließ seine Mutter und kam zu Charlie. »Magnum hätte es nicht besser machen können«, meinte er.
    Joey setzte sich neben Charlie und legte eine Hand auf ihn. Charlie zuckte zusammen, aber es war schon in Ordnung, völlig in Ordnung. Und dann verlor er ein paar Minuten lang die Besinnung, oder vielleicht schlief er auch nur ein. Als Charlie wieder zu sich kam, war Joey wieder bei seiner Mutter, und Kyle Barlowe schien sich zum Gehen fertigzumachen. »Was ist denn los?« fragte Charlie. »Was geschieht jetzt?«
    Christine war sichtlich erleichtert, ihn wieder bei Bewußtsein zu sehen. Sie sagte: »Du und ich, von uns beiden hat keiner die leiseste Chance, es zu Fuß zu schaffen. Man muß uns tragen. Mr. Barlowe wird Hilfe holen.«
    Barlowe lächelte beruhigend, was in seinem grausam verformten Gesicht zu einer schrecklichen Grimasse wurde. »Es hat aufgehört zu schneien, und der Wind hat sich gelegt. Wenn ich mich an die Waldwege halte, müßte ich eigentlich in ein paar Stunden wieder in zivilisiertem Gebiet sein. Vielleicht schaffe ich es, vor Einbruch der Nacht ein Rettungsteam hierherzubringen. Ich bin sicher, das geht.«
    »Nehmen Sie Joey mit?« fragte Charlie. Er stellte fest, daß seine Stimme jetzt kräftiger als vorher war; das Sprechen kostete nicht mehr so viel Mühe wie noch vor ein paar Minuten. »Schaffen Sie ihn hinaus?«
    »Nein«, erklärte Christine. »Joey bleibt bei uns.«
    »Ich komme ohne ihn schneller voran«, sagte Barlowe. »Außerdem brauchen Sie ihn, damit er hier und da trocke nes Holz ins Feuer legt.«
    »Ich werd' mich schon um sie kümmern, Mr. Barlowe«, sagte Joey. »Sie können sich auf mich verlassen. Auf Chewbacca und mich.«
    Der Hund bellte leise, einmal, als könnte er damit die Aussage des Jungen bestätigen.
    Barlowe schenkte dem Jungen ein weiteres verzerrtes Lächeln, und Joey grinste zurück. Joey hatte die Wandlung des Riesen wesentlich bereitwilliger akzeptiert als Charlie, und sein Vertrauen schien erwidert zu werden.
    Barlowe verließ sie.
    Sie saßen einen Augenblick lang stumm da.
    Grace Spiveys Leiche würdigten sie keines Blickes, als wäre sie nur eine weitere Steinformation.
    Dann biß Charlie die Zähne zusammen, rechnete mit einem weiteren qualvollen und vermutlich fruchtlosen Un terfangen; trotzdem versuchte er sich
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