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Todescode

Todescode

Titel: Todescode
Autoren: Barry Eisler
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Iraner vermutlich mindestens einen Tag oder sogar länger für die Besichtigung dieser Sehenswürdigkeiten gönnen. Sobald sie vom Hotel aus zu Fuß loszogen, könnte Ben die Verfolgung aufnehmen. Irgendwann würde sich dann schon eine Gelegenheit ergeben. Er musste nur abwarten.
    Was kein Problem war. Warten machte ihm nichts aus. Im Gegenteil, er wartete gern, mochte es, weil es einfach war. Warten war der am wenigsten komplizierte Teil dieses Jobs.
    Er erhielt in regelmäßigen Abständen Aufträge. Die Anweisungen waren kurz und direkt, und er hatte ziemlich großen Spielraum, was die Ausführung anging. Er konnte an Ausrüstung verlangen, was er brauchte, und alles wurde prompt wie von Geisterhand über einen toten Briefkasten geliefert. Das Ganze ging völlig unbürokratisch über die Bühne, ohne Fragen und ohne Kontrolle.
    Die einzige echte Einschränkung diesmal war, dass Vasilijev tabu war. In den frühen Jahren des Kalten Krieges galt es einfach als akzeptable Spielvariante, die Steine der anderen Seite mit vom Brett zu fegen. Wie rivalisierende Mafiafamilien begriffen jedoch irgendwann alle, dass sich das Blutvergießen nicht auszahlte, und eine Art vage Entspannung hatte sich eingestellt. Mittlerweile wollte niemand mehr die Verantwortung für einen Bruch der Waffenruhe übernehmen, für eine Rückkehr zu den schlimmen, alten, blutigen Tagen.
    Ben versuchte, sich nicht über diese Auflagen zu ärgern. Schließlich konnte man nicht behaupten, dass die Russen dieselbe Zurückhaltung an den Tag legten wie Uncle Sam. In London hatten sie diesen Alexander Litwinenko mit Polonium getötet. Und dann noch die vielen toten Journalisten – Anna Politkowskaja, Paul Klebnikow, und wie sie alle hießen. Ben war sich ziemlich sicher, dass die Russen umso aggressiver wurden, je fanatischer Uncle Sam die Regeln befolgte. Aber für so was waren höhere Besoldungsstufen zuständig, und auf ihn würde sowieso kein Schwein hören. Trotzdem, wenn er könnte, hätte er gern mal gefragt, was eigentlich aus dem Spruch »Entweder ihr seid auf unserer Seite oder auf der Seite der Terroristen« geworden war. Er nahm an, dass auch das bloß wieder so ein leerer Slogan von irgend so einem verlogenen Politiker gewesen war.
    Sie waren alle Lügner, alle durch die Bank. Die Linken waren naiv, zu glauben, man könnte sich an die Etikette halten und zugleich effektiv die Sorte Fanatiker bekämpfen, mit denen Amerika es zu tun hatte. Und von den Rechten war es scheinheilig, zu glauben, man könnte die Handschuhe ausziehen und sich dennoch weiter moralisch überlegen fühlen.
    Ja, die Linken begriffen das Wesen des Kampfes nicht, und die Rechten akzeptierten seine wahren Konsequenzen nicht. Für Ben wussten beide Lager nicht, wo’s langging. Er interessierte sich nicht für die Etikette, er interessierte sich nicht für moralische Überlegenheit, er interessierte sich fürs Gewinnen. Und gewinnen konntest du nur, wenn du das härteste, tödlichste, mieseste Schwein warst, das sich der Feind in seinem allerschlimmsten Alptraum je vorstellen konnte. Himmel, was nützten Regeln, wenn du ihretwegen den Kampf verlorst? All die Schreibtischanalysten kapierten einfach nicht, dass du tust, was du tun musst, um zu gewinnen, wenn dein Stamm angegriffen wird. Du gewinnst mit allen erforderlichen Mitteln. Später könnte es eine Siegerjustiz geben, schön, aber zuerst musste es einen Sieger geben.
    Die meisten Amerikaner wollten doch nichts weiter, als in Sicherheit leben. Vielleicht war das nicht immer so gewesen, ja, er vermutete sogar stark, dass es einmal anders gewesen war. Doch heutzutage war Amerika eine Nation von Schafen. Was in seinen Augen eine ziemlich jämmerliche Lebensweise war, eine Lebensweise, die für ihn all das verkörperte, wovor er damals in die Army geflohen war. Aber inzwischen war das die amerikanische Kultur, und irgendjemand musste die Schafe vor den Wölfen beschützen. Ihm war halbwegs klar, dass die bescheuerten Einschränkungen und die Kritisiererei einfach dazugehörten. Dennoch, es war ärgerlich, in eine Position gebracht zu werden, in der er mehr Angst vor CNN als vor Al-Qaida hatte.
    Ein BMW 750L hielt vor dem Four Seasons, und ein Portier trat mit einem Schirm vor, um die Tür zu öffnen. Ben ging augenblicklich in Alarmbereitschaft, aber nein, es war ein asiatisches Paar, nicht die Iraner. Er lehnte sich wieder auf seinem Stuhl zurück und wartete weiter.
    Natürlich hatte ihm keiner verraten, woher die
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