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Todescode

Todescode

Titel: Todescode
Autoren: Barry Eisler
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nichts mehr auf ihn hindeuten, sobald er hier verschwunden war.
    Er war in der Stadt, um zwei iranische Nuklearwissenschaftler zu töten, Omid Jafari und Ali Kazemi. Ben wusste viel über die Männer: ihre richtigen Namen, die Namen, unter denen sie reisten, die Einzelheiten ihrer Reiserouten. Er wusste, dass sie in Istanbul waren, um sich mit einem russischen Kollegen zu treffen. Er wusste, dass sie im Four Seasons im Stadtteil Sultanahmet wohnten, weshalb er sich im Hotel Park einquartiert hatte, direkt gegenüber. Er hatte Kopien ihrer Passfotos und hatte sie sofort erkannt, als sie drei Tage zuvor in einer hoteleigenen BMW -Limousine eintrafen, die sie vom Flughafen abgeholt hatte. Er wusste, dass die beiden Männer, die sie ständig begleiteten, vom VEVAK waren, dem gefürchteten iranischen Geheimdienst, und dass die VEVAK -Leute nicht nur gut ausgebildet, sondern auch hochmotiviert waren. Falls einer der Wissenschaftler gekidnappt oder ermordet werden würde oder falls einer von ihnen überlief, wie vor gar nicht langer Zeit Ali Reza Asgari, der iranische General und ehemalige Vize-Verteidigungsminister, drohte dem Mann, der das geschehen ließ, die Exekution.
    Über den Russen wusste er deutlich weniger: nicht viel mehr als seinen richtigen Namen, Rolan Vasilijev – unter dem er wahrscheinlich ohnehin nicht reiste –, und dass er nach Istanbul kam, um sich mit den Iranern zu treffen. Wegen Russlands nuklearer Zusammenarbeit mit dem Iran übte Washington Druck auf Moskau aus, und wahrscheinlich hatte der Kreml das Risiko als zu groß eingestuft, die Iraner nach Russland kommen zu lassen, selbst unter falschen Namen. Istanbul eignete sich gut als neutraler Treffpunkt: ungefähr auf halber Strecke, mit guten Flugverbindungen und Geheimdiensten, die sich mehr auf Kurden als auf Russen oder Iraner konzentrierten.
    Seit ihrer Ankunft waren die Iraner jeden Morgen zusammen mit ihren Aufpassern in eine der Hotel-Limousinen gestiegen und erst nach Einbruch der Dunkelheit zurückgekommen. Ben nahm an, dass sie sich mit Vasilijev trafen, und wäre ihnen am liebsten gefolgt, um mehr zu erfahren. Doch das Risiko war zu groß. Allein in einem Pkw oder auf einem Motorroller wäre er ziemlich leicht zu entdecken. Und selbst wenn er nicht entdeckt wurde, bräuchte er schon sehr viel Glück, um sie an einem Ort zu überrumpeln, wo er den Job erledigen und sich gefahrlos aus dem Staub machen könnte. Er hätte versuchen können, sie vor dem Hotel beim Ein- und Aussteigen aus dem Wagen auszuschalten, doch vor und im Four Seasons wimmelte es von Kameras, Portiers und Sicherheitsbediensteten. Es war ein denkbar ungünstiger Ort, um zuzuschlagen, was sicherlich mit ein Grund dafür war, warum sie überhaupt dort abgestiegen waren.
    Aber das war nicht weiter schlimm. Sein Instinkt sagte ihm, dass sich eine passende Gelegenheit bieten würde. Schließlich blieben die Iraner sieben Tage hier, was vermuten ließ, dass sie damit rechneten, ihre Arbeit in vier, fünf Tagen erledigt zu haben. Das war in jedem Land und in jeder Kultur gleich: Wenn der Staat oder das Unternehmen die Rechnung zahlten, konnte man sicher sein, dass Bürokraten und andere Arbeiterbienen die Zeit überschätzten, die sie für ihre Besprechungen benötigten. Vor allem, wenn man für diese Besprechungen in eine so faszinierende Stadt wie Istanbul gereist war und in einem so feinen Hotel wie dem Four Seasons wohnte.
    Die Wahl des Hotels steigerte Bens Zuversicht sogar noch. Denn wenn die Iraner die Erbsenzähler dazu bringen konnten, das Four Seasons zu spendieren, spielten die Kosten offenbar keine Rolle. Und wenn Kosten keine Rolle spielten, hätten sie auch jedes andere Hotel in der Innenstadt nehmen können – das Pera Palas, das Ritz-Carlton, sogar das zweite Four Seasons, das vor kurzem am Bosporus eröffnet hatte. Ben hatte sich bei allen erkundigt, und sie hatten alle noch Zimmer frei. Sie boten alle mehr oder weniger das gleiche Niveau an Luxus und Sicherheit. Deshalb die Frage: Warum gerade dieses Hotel?
    Die Antwort, so nahm Ben an, war die Lage. Alle anderen Luxushotels befanden sich in Beyoglu, dem neueren Teil der Innenstadt, nördlich vom Goldenen Horn. Nur vom Sultanahmet Four Seasons aus waren die berühmtesten Attraktionen bequem zu Fuß zu erreichen: die Blaue Moschee, die Hagia Sophia, der Topkapi-Palast, der Große Basar. Und falls Ben richtig getippt hatte, dass die Lage ausschlaggebend für die Hotelwahl gewesen war, dann würden sich die
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