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Todescode

Todescode

Titel: Todescode
Autoren: Barry Eisler
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schon auf dünnem Eis.«
    Ben schüttelte den Kopf. »Nein«, sagte er, nun mit lauterer Stimme. »Nein, nein, nein.«
    »Ben, ich habe Sie ausgebildet. Wir haben im selben Schlamm Blut vergossen. Wir zahlen denselben Preis für die Dinge, die wir getan haben. Männer wie wir –«
    »Sagen Sie mir, wo Sie sie festhalten, Hort. Sagen Sie mir, dass Sie sie laufenlassen.«
    Ein stummer Moment zog sich in die Länge. »Letzte Chance«, sagte Hort. »Bürgen Sie für Ihren Bruder? Kann ich Ihnen vertrauen?«
    Ben presste eine Hand zur Faust. Die Knöchel hoben sich weiß ab. Nie zuvor hatte er sich so in die Enge getrieben gefühlt. Der Druck, das Gefühl, zusammengequetscht zu werden, war geradezu körperlich spürbar.
    Er blickte nach links. Ein kräftiger Mann mit Sonnenbrille beugte sich hinter einem der Pfeiler hervor, eine Hand leicht in eine dunkle Jacke geschoben, den Blick starr auf Ben und Hort gerichtet.
    Scheiße.
Er sah nach rechts. Ein zweiter Mann war den Gehweg heraufgekommen und beobachtete sie mit identischer Körperhaltung und Konzentration.
    Mit Sicherheit war ein dritter Mann im Restaurant postiert oder draußen vor dem Notausgang. Offenbar hatte er Horts Personaldecke vollkommen unterschätzt. Und sie waren entweder instinktiv oder geplant genau in dem Moment vorgerückt, als er durch seinen inneren Aufruhr am meisten abgelenkt war.
    Ein Teil von ihm war wütend über seine eigene Naivität. Er hätte damit rechnen müssen, doch tief im Innern hatte er Hort vertraut. Schön blöd. Hort hatte ihm stets eingeschärft, dass die Mission immer Vorrang vor dem Menschen hatte. Ein anderer Teil von ihm hätte am liebsten laut losgelacht. Fünf bewaffnete Männer ein Augenzwinkern entfernt von einer Schießerei, und die Yuppies um sie herum schlürften völlig ahnungslos ihre Latte macchiatos und dachten über ihre letzten Pilatesübungen nach.
    »Wie wollen Sie’s machen?«, sagte Hort leise.
    Ben gingen mehrere Abläufe durch den Kopf. Bei keinem einzigen sah er auch nur zehn Prozent Überlebenschance. Er hätte es vielleicht drauf ankommen lassen, wenn es allein um sein Leben gegangen wäre. Aber was würde aus Sarah werden? Und aus Alex?
    »Was für Optionen habe ich?«, fragte er und blickte erneut nach rechts und links.
    »Sie haben zwei. Sie kommen mit mir, und wir finden zusammen eine Lösung, oder wir lassen Sie hier. Ich wollte wirklich nicht, dass es so weit kommt, glauben Sie mir, Ben.«
    Ben trommelte mit den Fingern auf den Tisch. Wenn er mitging, war das so, als würde er sich in eine einsame Gegend bringen lassen. Wie oft hatte er sich geschworen, dass er das niemals dulden würde?
    Er wusste, dass er Hort umlegen könnte, ehe irgendwer ihn daran hindern konnte. Doch eine Sekunde später wäre er selber tot.
    Das holen wir ein anderes Mal nach
, dachte er.
Wenn wir zwei Hübschen unter uns sind.
    Ein Teil von ihm wusste, dass das nur große Töne waren. Aber mehr hatte er im Augenblick nicht, und das reichte, um durchzuhalten.
    »Also schön«, sagte er. »Ich komme mit.«

32 Frontal
    Alex fuhr ziellos mit dem Wagen umher und überlegte, was er machen sollte. Er hatte doch irgendwann die Nerven verloren und Ben angerufen, doch der meldete sich nicht. Er wusste, dass er sich von seinen üblichen Anlaufstellen fernhalten sollte, und damit kam er auch klar, aber er wollte sein Handy anlassen, weil Ben oder Sarah vielleicht zurückriefen. Und für den Fall, dass jemand versuchte, ihn über das Signal zu orten, hielt er es für besser, in Bewegung zu bleiben. Aber mein Gott, war er müde. Er wünschte, er könnte irgendwo für ein paar Minuten die Augen schließen, auf einer Parkbank, egal wo.
    Er fragte sich, wie es wohl mit Osborne sein würde, wenn die ganze Sache ausgestanden war. Wie sollte er dem Mann noch in die Augen sehen können, nach dem, was er getan hatte?
    Er dachte daran, was Ben ihm erzählt hatte, dass sie belastende Fotos oder Videoaufnahmen von Osborne in Thailand gemacht hatten. Ben hatte ziemlich sicher geklungen, aber … konnte es wirklich sein, dass sie von allen Anwälten bei Sullivan, Greenwald sich ausgerechnet Osborne herausgepickt hatten, um seine Verwundbarkeit auszunutzen? Je länger er darüber nachdachte, desto abwegiger kam es ihm vor.
    Er dachte an Osbornes Büro, an die vielen Fotos von ihm mit all den hohen Tieren im Valley und in Washington. Der Mann hatte Beziehungen. Na ja, vielleicht war das der Grund, warum sie ihn sich ausgeguckt hatten. Er war in
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