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Todesangst

Todesangst

Titel: Todesangst
Autoren: Robin Cook
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führte er sie in den entsprechenden Raum.
    Man hatte inzwischen Cedric Harrings Leiche mit einem sauberen weißen Tuch zugedeckt. Mrs. Harring legte ihre dünne, knochige Hand auf den Kopf ihres Mannes.
    »Möchten Sie einen Blick auf sein Gesicht werfen?« fragte Dr. Howard.
    Mrs. Harring nickte, während ihr wieder die Tränen in die Augen traten. Dr. Howard schlug das Tuch zurück und trat einen Schritt zur Seite.
    »O Gott!« rief sie aus. »Er sieht ja aus wie sein Vater damals, als er starb!« Sie wandte sich ab und murmelte vor sich hin: »Ich hätte nie gedacht, daß der Tod einen Menschen soviel älter erscheinen läßt.«
    Normalerweise tut er das auch nicht, dachte Dr. Howard. Jetzt erst, da er sich nicht mehr auf Cedric Harrings Herz konzentrieren mußte, fielen ihm die Veränderungen in dessen Gesicht auf. Das Haar war dünn geworden, und die Augen waren tief in die Höhlen gesunken; dadurch wirkte das Gesicht eingefallen und ausgemergelt und erinnerte nur noch entfernt an das des Mannes, der vor drei Wochen in seiner Praxis gewesen war. Dr. Howard zog das Tuch über das Gesicht des Toten und brachte Mrs. Harring wieder in den kleinen Warteraum zurück. Er bat sie, nochmals Platz zu nehmen, und zog sich einen Stuhl heran, um sich ihr gegenüberzusetzen.
    »Ich weiß, daß das jetzt zwar nicht der geeignete Augenblick dafür ist«, sagte er, »aber wir müssen Sie um Erlaubnis für eine Obduktion bitten. Vielleicht können wir dadurch doch etwas feststellen, das einem anderen Menschen in der Zukunft hilft.«
    »Nun ja, wenn das anderen helfen kann…« Mrs. Harring nagte an ihren Lippen. Wie schwer fiel es ihr schon, überhaupt zu denken - und nun sollte sie auch noch eine solche Entscheidung treffen…
    »Das wird es«, versicherte ihr Dr. Howard. »Wir wären Ihnen für dieses Entgegenkommen wirklich sehr dankbar. Wenn Sie sich noch einen Augenblick gedulden können, werde ich jemanden bitten, die nötigen Formulare zu holen.«
    »Na gut«, sagte Mrs. Harring schließlich resignierend.
    Jason Howard ging zu Schwester Judith, um ihr zu sagen, daß Mrs. Harring einer Obduktion zugestimmt habe.
    Schwester Judith ihrerseits berichtete ihm, daß sie inzwischen schon mit der Leichenschaubehörde gesprochen habe. »Ich hatte dort eine Frau Dr. Danforth am Apparat, und die meinte, sie würden sich die Sache gern selbst ansehen.«
    »Na gut, aber stellen Sie bitte sicher, daß wir alle Untersuchungsergebnisse erhalten.« Dr. Howard zögerte. »Haben Sie an Mr. Harring irgend etwas Ungewöhnliches beobachtet? Ich meine, wirkte er irgendwie auffällig alt für einen Fünfundsechzigjährigen?«
    »Das ist mir nicht aufgefallen«, antwortete Schwester Judith und eilte davon. Bei einer Abteilung mit elf Patienten mußte sie sich bereits wieder mit einem anderen Fall beschäftigen.
    Es war Dr. Howard bewußt, daß ihm Cedric Harrings Einlieferung den ganzen Tagesplan durcheinanderbringen würde, aber dennoch beschäftigte ihn dessen unerwarteter Tod noch weiter. Er überlegte einen Augenblick und rief dann Frau Dr. Danforth an, deren tiefe, klangvolle Stimme ihm auffiel. Er überzeugte sie davon, daß die Obduktion auch hier im Hause gemacht werden könne, zumal die Todesart in Übereinstimmung stehe mit einer langen Familientradition von Herzerkrankungen und er gern den Obduktionsbefund vergleichen wolle mit den entsprechenden EKG-Aufzeichnungen. Die erforderliche Genehmigung wurde schließlich erteilt.
     
    Bevor er die Abteilung verließ, wollte Dr. Jason Howard, nachdem er nun schon einmal da war, gleich noch nach einem anderen seiner Patienten sehen, dem es nicht sonderlich gutging.
    Auch der einundsechzigjährige Brian Lennox war Opfer eines Herzanfalls geworden. Man hatte ihn vor drei Tagen eingeliefert, und obwohl sein Befinden anfänglich recht ordentlich gewesen war, hatte es sich plötzlich ganz erheblich verschlechtert. Noch heute morgen, als Dr. Howard seine übliche Runde gemacht hatte, war er überzeugt gewesen, daß Lennox die Herzabteilung bald verlassen könne, dann aber trat ein Linksherzversagen auf. Das war ein schwerer Schlag für Dr. Howard, denn es bedeutete, daß er Brian Lennox auf die Liste seiner stationären Patienten setzen mußte, deren Krankheitsverlauf negativ war. Statt die Verlegung anzuordnen, hatte Dr. Howard eine intensivmedizinische Behandlung veranlassen müssen.
    Jede Hoffnung Howards auf eine baldige Besserung von Lennox schwand schlagartig, als er den Patienten sah. Er saß
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