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Todesangst

Todesangst

Titel: Todesangst
Autoren: Robin Cook
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wieder aufgeschoben.
    Dann aber, knapp eine Woche nach dieser Untersuchung, hatte Harring sich so gefühlt, als ob eine Grippe im Anzug sei. Das war allerdings erst der Anfang gewesen - kurz darauf schien ihm seine Verdauung irgendwie nicht in Ordnung zu sein, und er hatte üble Schmerzen verspürt, die ihn an Arthritis denken ließen. Außerdem hatte er das Gefühl, nicht mehr so gut zu sehen. Er erinnerte sich daran, daß er seiner Frau gesagt hatte, er komme sich um dreißig Jahre gealtert vor. All diese Symptome hatte sein Vater während seiner letzten Monate im Altersheim beklagt. Jedesmal, wenn ihm unversehens diese Anzeichen bewußt wurden, war es ihm, als stehe auf einmal der Geist des alten Mannes vor ihm.
    Trotz des Morphiums verspürte Harring plötzlich einen stechenden, alles auslöschenden Schmerz. Er schien in einen dunklen Tunnel hineinzufahren, ganz wie er das im Auto empfunden hatte. Zwar konnte er Dr. Howard noch sehen, aber er wirkte weit weg, und auch seine Stimme kam wie aus weiter Ferne. Dann begann der Tunnel sich mit Wasser zu füllen, Harring bekam furchtbare Angst und wollte zur Oberfläche schwimmen - seine Arme wirbelten durch die Luft.
    Etwas später tauchte er für wenige Augenblicke nochmals aus der Bewußtlosigkeit auf. Während er mühsam zur Besinnung kam, spürte er etwas in seiner Kehle und einen ab- und anschwellenden Druck auf der Brust. Jemand drückte ihm mit den Händen rhythmisch die Brust zusammen. Harring wollte einen Schrei ausstoßen, als es plötzlich in seiner Brust zu einer Explosion kam und Dunkelheit wie ein eiserner Vorhang sich über ihn senkte.
     
    Den Tod hatte Dr. Jason Howard immer als seinen Gegner betrachtet. Während seiner Zeit am Allgemeinkrankenhaus von Massachusetts hatte er sich so in diese Haltung hineingesteigert, daß ihn bei einem Herzstillstand seine Vorgesetzten jedesmal förmlich zwingen mußten, seine Bemühungen aufzugeben.
    Auch jetzt wollte er nicht glauben, daß dieser fünfundsechzigjährige Mann, den er noch vor drei Wochen untersucht und im großen und ganzen für gesund erklärt hatte, ihm hier unter den Händen wegstarb. Er betrachtete das als persönlichen Affront.
    Während er einen Blick zum EKG-Gerät hinüberwarf, das weiterhin normale Herztätigkeit anzeigte, griff Dr. Howard nach Harrings Halsschlagader - kein Pulsschlag spürbar. »Eine Punktionsnadel!« rief er, und dann: »Blutdruck messen!« Man reichte ihm eine große Hohlnadel, während er Harrings Brust nach der richtigen Einstichstelle am Brustbein abtastete. »Kein Blutdruck feststellbar!« berichtete Philip Barnes, der Narkosearzt, der auf den sofort bei Cedric Harrings Einlieferung ausgelösten automatischen Ruf nach einem Anästhesisten hin herbeigeeilt war. Er hatte in Harrings Luftröhre einen Tubus eingeführt, worüber dieser künstlich beatmet wurde.
    Für Dr. Howard stand die Diagnose fest: Herzwandriß. Elektronische Herzaktionen waren noch auf dem EKG-Monitor, während das Herz seine Pumparbeit eingestellt hatte. Eine Kammer des Herzens mußte aufgeplatzt sein wie eine zerquetschte Frucht. Um eine Bestätigung für diese erschreckende Diagnose zu bekommen, stieß Dr. Howard die Hohlnadel durch Cedric Harrings Brust unmittelbar in den Herzbeutel. Die Kanüle füllte sich sofort mit Blut. Zweifellos, wenn sich im Herzbeutel Blut befand, mußte eine Herzwand geplatzt sein.
    »Sofort in den OP!« rief Dr. Howard und griff gleich selbst nach dem einen Ende des Bettes. Dr. Barnes warf Judith Reinhart, der Oberschwester der Herzabteilung, verzweifelte Blicke zu - sie wußten beide, daß das vergeblich sein würde. Allenfalls könnten sie den Mann dort an die Herz-Lungen-Maschine anschließen, doch was dann?
    Philip Barnes stellte die künstliche Beatmung des Patienten ein. Aber statt anschließend beim Wegrollen des Bettes zu helfen, trat er auf Dr. Howard zu, legte ihm einen Arm um die Schulter und sagte: »Das hat doch keinen Zweck. Herzwandruptur - Sie wissen Bescheid, ich weiß Bescheid. Den müssen wir abschreiben.«
    Dr. Howard wollte protestieren, aber sein Kollege verstärkte den Griff um Jason Howards Schulter. Dieser warf einen Blick auf Cedric Harrings wächsernes Gesicht und wußte, daß Dr. Barnes recht hatte. So schwer es ihm auch fiel, das zuzugeben - der Patient war verloren.
    »Sie haben recht«, räumte er schließlich ein und ließ sich von seinem Kollegen und der Oberschwester aus dem Raum geleiten, während sich die anderen Schwestern der
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