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Todes Kuss

Todes Kuss

Titel: Todes Kuss
Autoren: TASHA ALEXANDER
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obwohl ich Anne sehr mochte. Die Verwandten meines Mannes waren untröstlich über seinen Tod. Sie würden ihren Kummer ebenso wie die schönen Erinnerungen an den Verstorbenen mit mir teilen wollen. Und ich würde gezwungen sein, ihnen die ganze Zeit etwas vorzuspielen.
    Entschlossen schaute ich meine Mutter an. „Ich möchte Paris kennenlernen. Vor meiner Abreise werde ich dich und Papa noch zu einem Dinner einladen.“
    Zu meinem Erstaunen gab sie nach. „Du benötigst eine Anstandsdame“, verkündete sie.
    Erleichtert darüber, dass sie nicht auf die Idee gekommen war, mir ihre Begleitung anzubieten, erklärte ich: „Als Witwe brauche ich zum Glück nur meine Zofe mitzunehmen. In Paris werde ich ja viel mit Ivy zusammen sein. Mach dir also keine Sorgen um mich.“
    „Vermutlich müsste ich dir diese Reise verbieten. Wirst du wenigstens vor Weihnachten nach England zurückkehren?“
    Seit dem Tag, da ich Philips Frau geworden war, konnte sie mir rein rechtlich gesehen keine Befehle mehr erteilen. Doch ehe ich ihr diese Tatsache in Erinnerung rufen konnte, wurde ein weiterer Besucher gemeldet. Ich hatte in der vergangenen Woche meine Karte bei mehreren meiner Bekannten abgegeben, um ihnen zu verdeutlichen, dass ich nach einer angemessenen Zeit der Zurückgezogenheit wieder bereit war, Besuch zu empfangen. Dass gerade Lord Palmer derjenige war, der jetzt den Weg zu mir gefunden hatte, freute mich besonders. Er war ein sehr sympathischer älterer Herr und einer der wenigen, mit denen Philip und ich während unserer kurzen Ehe regelmäßig Kontakt gehabt hatten.
    Wir unterhielten uns eine Zeit lang über alles Mögliche. Doch schließlich kam, wie nicht anders zu erwarten, die Rede auf meinen verstorbenen Mann.
    „Ein überaus tragischer Verlust“, bemerkte Lord Palmer. „Doch das Leben geht weiter. Und vor Ihnen, meine junge Dame, liegt eine vielversprechende Zukunft.“
    Himmel, das hörte sich ja an, als habe er sich auf die Seite meiner Mutter geschlagen!
    „Eben erst habe ich zu meiner Tochter gesagt“, bemerkte diese daraufhin auch sofort, „dass sie sich nicht länger im Haus verstecken darf. Sie muss wieder am gesellschaftlichen Leben teilnehmen.“
    Ohne auf die Äußerung meiner Mutter einzugehen – wofür ich ihm sehr dankbar war –, fuhr Lord Palmer fort: „Ich habe Philip geliebt wie meinen eigenen Sohn. Gemeinsam haben wir viele interessante Nachmittage im British Museum verbracht.“
    „In der Antikensammlung?“, fragte ich.
    „O ja! Von Jugend an habe ich mich für diese Zeit begeistert.“
    „Die griechischen Kunstwerke sind sehr beeindruckend“, meinte ich zustimmend. „Um sie besser zu verstehen, habe ich kürzlich begonnen, die Ilias zu lesen.“
    „Eine gute Idee! Wer gefällt Ihnen besser: Hektor oder Achill?“
    „Eindeutig Hektor. Achill ist so überheblich.“
    „Es ist schwierig, passende Beschäftigungen zu finden, solange man in Trauer ist“, meinte meine Mutter in entschuldigendem Ton.
    Weder Lord Palmer noch ich reagierten auf ihre Worte.
    „Ich hätte nicht gedacht“, gestand ich, „dass die Beschreibung eines Krieges mich so sehr fesseln würde. Der Kampf um Troja … Manchmal allerdings fühle ich mich ein bisschen unsicher. Vielleicht wäre es besser gewesen, mir einen Überblick über die griechische Mythologie zu verschaffen, ehe ich mich Homer widmete.“
    „Ich würde Ihnen Thomas Bulfinchs Age of Fable empfehlen, das unter anderem eine sehr gute Inhaltsangabe der Ilias enthält. Wenn man die Geschichte des Trojanischen Krieges kennt, kann man sich besser auf die dichterischen Feinheiten von Homers Werk konzentrieren. Bestimmt finden Sie Bulfinchs Werk in Philips Bibliothek.“
    „Danke für den guten Rat.“
    „Sind Ihre Söhne auch an der Antike interessiert?“, erkundigte sich meine Mutter.
    „Leider nein.“
    „Ist nicht einer von den beiden inzwischen verheiratet?“ Offenbar verlor sie ihr Ziel, mich mit einem weiteren passenden Mann zu verehelichen, nie aus den Augen.
    „Sie sind beide noch ledig“, meinte Lord Palmer höflich, ehe er sich wieder mir zuwandte. „Bevor er nach Afrika reiste, zeigte Ihr Gemahl mir das Manuskript eines wissenschaftlichen Werkes, an dem er arbeitete. Ich glaube, er wollte es Eine Gegenüberstellung großer Griechen, ihrer Charaktere und Verdienste nennen. Ich würde es gern in Erinnerung an Philip veröffentlichen.“
    „Ich fürchte, ich wüsste nicht einmal, wo ich nach dem Manuskript suchen
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