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Todes Kuss

Todes Kuss

Titel: Todes Kuss
Autoren: TASHA ALEXANDER
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Neid. Zum ersten Mal bedauerte ich, meinen eigenen Bräutigam während der gesamten Hochzeitszeremonie nicht ein einziges Mal wirklich angeschaut zu haben. Ob er mich wohl auch genauso liebevoll betrachtet hatte wie Robert seine Ivy?
    Kaum eine Woche nachdem meine Freundin Mrs Brandon geworden war, wurde Emmas Verlobung mit Lord Haverills Sohn bekannt gegeben – mit Lord Haverills jüngerem Sohn wohlgemerkt. Wie ich wusste, hatte sie dessen ersten Antrag abgelehnt, weil sie hoffte, noch etwas Besseres zu finden. Doch offenbar hatten ihre Eltern zum Schluss darauf bestanden, dass sie seinem Werben nachgab.
    Ein paar Tage später – Ivy und Robert befanden sich zu diesem Zeitpunkt auf Hochzeitsreise, und ich las gerade einen amüsanten Brief, den sie mir aus Paris geschickt hatte – fiel meine Mutter wieder einmal über mich her.
    „Emily“, rief sie statt einer Begrüßung aus, „Mrs Callum hat mir unter dem Siegel der Verschwiegenheit anvertraut, dass du Emma gegenüber ein paar Dinge über die Ehe geäußert hast, die das arme Mädchen zutiefst schockiert haben. Emma fürchtet sich nun vor der Hochzeit und hat unter Tränen darum gebeten, man möge die Verlobung lösen.“
    „Ich kann dir versichern, dass ich nie etwas gesagt habe, was Emma hätte Angst machen müssen. Sie wehrt sich nur dagegen, einen jüngeren Sohn zu heiraten.“
    „Wahrscheinlich hast du recht. Nur gut, dass Emma selbst recht vermögend ist. Das wird dem jungen Paar ein erträgliches Leben garantieren.“
    „Solange Mr Haverill das Geld seiner Frau nicht verschleudert.“
    „So etwas sollte eine junge Dame niemals zu verstehen geben. Es wirft ein schlechtes Licht auf dich.“ Meine Mutter wandte den Blick zum Fenster, während sie fortfuhr: „Genauso wie die Tatsache, dass die Vorhänge wieder nicht zugezogen sind.“
    Ich schwieg. Und schließlich meinte sie: „Lady Elliott gibt am Mittwoch eine kleine Dinnergesellschaft und möchte, dass du daran teilnimmst. Meiner Meinung nach solltest du die Einladung akzeptieren. Es wird nicht getanzt, die Gäste sind sorgfältig ausgewählt und deine Trauerzeit nähert sich dem Ende.“
    Eine Gesellschaft bei Lady Elliott war fast so schlimm wie die Überquerung des Ärmelkanals in einem winzigen Boot bei stürmischem Wetter. Die Dame war die beste Freundin meiner Mutter und neigte dazu, mich ständig zu kritisieren.
    „Ich fühle mich noch nicht stark genug, um die Einladung anzunehmen“, erklärte ich mit einem kleinen Seufzer und vergewisserte mich, dass Chapmans Homer-Übersetzung gut versteckt unter Ivys Brief lag.
    „Du kannst dich nicht für immer vor der Welt verstecken.“
    „Aber Mama! Du selbst hast gesagt, ich solle mir ein Beispiel an der Königin nehmen.“
    „Aber doch nicht in allem! Ich begreife nicht, warum du nicht ausgehen willst. Schließlich weigerst du dich, die Vorhänge geschlossen zu halten. Und du kleidest dich sehr … gewagt.“
    „Keineswegs“, widersprach ich. „Mr Worth selbst ist für meine Garderobe verantwortlich. Auf sein Anraten hin habe ich ein ganzes Jahr lang nur schwarzen Crêpe getragen, wie du dich vielleicht erinnerst. Und was die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben in London betrifft … Ich fürchte, alles wird mich schmerzlich an Philip erinnern.“
    „Mir ist bewusst, wie sehr du unter dem Verlust leidest“, meinte meine Mutter und schaute mich mit einem Blick an, der mehr Mitgefühl ausdrückte, als sie mir jemals zuvor geschenkt hatte.
    „Ich denke, es wird das Beste für mich sein, eine Zeit lang nach Paris zu gehen“, hörte ich mich zu meiner eigenen Überraschung sagen.
    „Nach Paris?“
    „Ja. Da wir während unserer Hochzeitsreise die Stadt nicht besucht haben, gibt es dort keine belastenden Erinnerungen für mich. Und ich werde auch nicht allein sein. Ivy und Robert halten sich ein paar Wochen lang in Paris auf.“
    „Du kannst unmöglich auf Reisen gehen“, ereiferte sich meine Mutter. „Es gehört sich einfach nicht.“
    „Aber Philip wollte mir den Louvre zeigen! Er würde es bestimmt gutheißen, dass ich nach Paris fahre.“ Ich fühlte mich ein wenig schuldig, weil ich so ungehemmt log. Aber ich brauchte einen Grund, London zu verlassen.
    Tatsächlich nickte meine Mutter. „Ich verstehe, warum du dich in London nicht wohlfühlst. Trotzdem wäre es falsch, nach Paris zu gehen. Warum fährst du nicht aufs Land und besuchst Philips Schwester Anne?“
    Die Vorstellung jagte mir einen kalten Schauer über den Rücken,
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