Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod to go (Crime Shorties)

Tod to go (Crime Shorties)

Titel: Tod to go (Crime Shorties)
Autoren: Michael Koglin
Vom Netzwerk:
erstmal nachrechnen. Also, eine Futterspende.«
     
    Sie hat mir 100 Euro gegeben und »gekauft« gesagt. Er solle noch bei der Mutter bleiben, bis er soweit sei.
    »Abschied nix heute«, hat sie gesagt und den Hund zurück an Bettinas Zitzen gelegt.
    »Du gut trinken, damit du stark Hund.«
    Vielleicht bilde ich es mir ja auch ein, aber in der Nacht, in der es passiert sein muss, war Bao ziemlich nervös.
    Wie immer schlafen wir in dem kleinen Park gegenüber vom Bahnhof. Da, wo die krummen Kiefern wachsen und die Statue steht. Die mit dem Kopf von Heinrich Stephan. Keine Ahnung, wer das ist, sieht aber toll aus.
    Ja, da steht meine Bank. Die Banken der Touristen sind am Anfang der Einkaufsstraßen. Ich kann meine Bank auch ohne Scheckkarte besuchen. Zu jeder Zeit. Aber was ist schon Zeit?
    Ich hab ja auch lange gebraucht, bis ich das begriffen hab. In meinem Park steht eine Sonnenuhr. Auf der steht zu lesen: »Das Räderwerk nimmt man zu wichtig, die Sonnenuhr geht richtig«. Unterschrieben mit »Guido Dollichon«.
    Wenn man um die Uhr rumgeht, sieht man: Jetzt ist Mittag in Dakar, Görlitz und Kairo. Nur einen Schritt weiter: Mittag in Bagdad, Delhi und Lhasa. Auf der Seite mit dem Ameisenhügel ist es Mittag in Chikago, Rom und auf den Azoren. Da hab ich endlich begriffen, was es mit der Zeit auf sich hat. Dass nämlich immer irgendwo Mittag ist.
    Man muss nur Vertrauen haben, nicht alles glauben und sich hinsetzen zum Großen Mahl.
    Etwas weiter ein Findling, auf dem steht »Auf ewig ungeteilt«. Der Stein hat recht. Wir sollten uns nicht dauernd teilen. Mittag ist eigentlich immer. Ich mach mir da keine Sorgen. Die kleine Le Lyn, die hat jetzt bestimmt keinen Hunger mehr; aber was weiß ich schon, wo die gerade ist.
    Ich wollte ihr ein Foto von Bao bringen. Sam hatte sich von einem Gast extra eine Polaroid geliehen. Ja, die gibt’s noch.
    Wie ich das Bild am Bunker einbuddeln will, damit sie im Jenseits was Liebes hat und uns Hiesige nicht vergisst, höre ich ein Geräusch. Sehe gerade noch Le Lyns Schwester davonhuschen.
    Ich rufe, aber die: nichts wie weg. Wird auch traurig sein, sag ich mir und vergrabe das Bild.
    Am nächsten Tag kommt Sam und sagt: »Du musst mitkommen.«
    »Wohin?«
    »Komm einfach mit.«
    »Jetzt?«
    »Jetzt.«
    Er schleppt mich durch die Tiefgarage des Hotels und wir fahren mit einem Warenaufzug nach oben.
    »Treppen sind zu gefährlich.«
    »Wenn es gefährlich ist, möchte ich damit ...«
    »Du musst mir helfen«, zischt Sam.
    »Aber ich bin ein Feigling«, sage ich.
    »Macht nichts«, sagt er und schließt eine Kammer auf.
    Zwischen Putzlappen, Scheuereimern und einer ganzen Batterie von Flaschen mit Reinigungsmitteln entdecke ich das erschrockene Gesicht von Le Lyns Schwester.
    Tränen kullern über ihre Wangen. So eine Träne hat die Form unseres Planeten Erde, finde ich. Eine ganze Erdkugel in nur einer Träne.
    »Das ist Le Hoa«, sagt Sam. »Die Schwester von ...«
    »Schon klar, aber warum willst du sie als Putzfrau ein ...«
    »Ich hab sie versteckt. Sie weiß, dass dieser Pjotr ihre Schwester umgebracht hat.«
    »Warum sollte ihr Freund ...«
    »Sie hat es gesehen. Der Mann war ihr Zuhälter, du bist doch nicht blind«, sagt Sam.
    »Man soll nicht immer gleich so schlimme Sachen von den Leuten denken.«
    »Der bringt die beiden Frauen an den Mann. Sie wohnen als scheinbar normale Gäste im Hotel. Abends schleppt Pjotr sie ins Casino, stellt sie wohlhabenden älteren Männern vor. Und die bezahlen. So läuft das.«
    »Reich sein ist auch nicht gerade einfach, am Ende muss man für die Liebe zahlen. Aber das geht mich nichts an«, sage ich.
    »Le Lyn und Le Hoa haben es nicht freiwillig gemacht. Er hat ihnen mit Abschiebung gedroht. Le Lyn wollte mit ihrer Schwester weg. Sie wollten raus aus dem Geschäft.« Das Weiß in Sams Augen funkelte.
    »Verdammt, das passiert in dem Hotel, in dem ich arbeite.«
    »Die Lotosblüte der Weisheit hat ihre Wurzeln auch im Dreck und je morastiger der Sumpf, desto schöner blüht sie.«
    »Hör auf mit deinem philosophischen Quatsch auf«, sagte Sam. »Wir müssen sie schützen.«
    »Und die Polizei?«
    Nein, wir hatten nichts in der Hand. Wer würde schon einer illegalen Vietnamesin glauben. Außerdem: Gleich gegenüber meiner Bank zu den tausend Sternen sind die Kurverwaltung, das Bürgermeisteramt und das Casino. Unter einem Dach ist Geld mit Macht im Bunde, was konnte da ein Penner wie ich in dieser Sache schon ausrichten? Selbst als
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher