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Tod Live

Tod Live

Titel: Tod Live
Autoren: D.G. Compton
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gerade Barbaras Satzgedächtnis –, und sie… Sie bemitleidete ihn bei seiner Tätigkeit. Es war ihnen leichtgefallen, sich irgendwie ineinander zu verlieben.
    Und jetzt standen sie wenige Monate vor ihrer ersten Erneuerung.
    Ihre Beziehung war durchaus in Ordnung. Er hatte zu lesen begonnen – keine programmierten Bücher, sondern Klassiker. Er schniefte nicht mehr durch die Nase. Er behielt seine Modellsachen draußen im Hobbyraum des Häuserblocks. Er war treu und nett, und wenn er zu Hause war, wirkte die Wohnung niemals kalt und unfreundlich. Sie offenbarten einander ihre Interessen und genossen ihre gemeinsamen Ferien.
    Und er hatte es gelernt, seinen Samenerguß bis nach den ersten sechs Stößen zurückzuhalten.
    Deshalb war mit ihrer Beziehung eigentlich alles in Ordnung. Außer, daß es sich um eine Wiederholung ihrer früheren Bindungen handelte. Sie wollten, daß es diesmal klappte, weil das Leben lang war. Sie wollten, daß es klappte, weil die Welt der Neuen Ledigen laut und voller Wettbewerb war. Und sie wollten, daß es klappte, weil beide glaubten (wenn sie auch nie etwas deswegen unternahmen), daß eines Tages etwas anderes, etwas wirklich Aufregendes geschehen würde. Und jetzt waren es nur wenige Monate bis zur ersten Erneuerung.
    Allein in der Küche, nachdem Harry in den Hobbyraum gegangen war, dachte sie mit leichter Besorgnis an die bevorstehende Erneuerung. Sie hatten natürlich darüber gesprochen und waren völlig einer Meinung gewesen. Aber ihr fiel nun ein, daß Harry seine Meinung vielleicht ändern würde, wenn Dr. Masons Neuigkeiten schlimm genug ausfielen. Sie wußte, daß Krankheit ein Grund zur Einrede war – sie konnte zumindest ein Verweilen beantragen. Sie wußte auch, daß Harry auf jeden Fall zu zartfühlend war, um die Zweifel zu formulieren, die er vielleicht hegte. Er war trotz seiner Einfachheit – oder vielleicht gerade deswegen – ein sehr taktvoller Mann. Aber eine fortdauernde Beziehung unter diesen Bedingungen wäre unerträglich gewesen.
    Der Druck, der sich um ihren Kopf legte, nahm zu, und das Geräusch des Geschirrspülers schien ihre Konzentrationsfähigkeit aufzusaugen. Sie verließ die Küche und suchte in ihrem Aktenkoffer nach den Fahnenabzügen von Ethel Pargeter. Dann nahm sie zwei Kapseln, wie Harry ihr geraten hatte, und ging zu Bett.
    Während sie in der Stille des Schlafzimmers darauf wartete, daß die Kapseln zu wirken begannen, beschloß sie, Harry auf jeden Fall zu sagen, es sei alles in Ordnung – was ihr Dr. Mason auch vortragen mochte. Außerdem würde sie einer Operation vor einer langwierigen Drogenbehandlung den Vorzug geben – sie konnte immer eine kurze Geschäftsreise vorschieben, um den Krankenhausaufenthalt zu erklären. Selbst wenn das Risiko eines chirurgischen Eingriffs groß war, wollte sie sich damit einverstanden erklären. Für Harry war eine tote Frau besser als eine, bei der er nicht den Mut aufbrachte, die Nichterneuerung auszusprechen.
    Zehn Minuten später hatte sich ihre Stimmung gebessert, und sie wußte, daß Harry freudig auf sie warten würde, mochte die Behandlung auch noch so lange dauern. Er liebte sie. Außerdem war er selbst gar kein so großer Fang und wußte das auch. Sie legte sich die Fahnenabzüge auf die Knie und nahm den Kugelschreiber zur Hand… Als Harry aus dem Hobbyraum kam, hatte sie dreißig Seiten fertig und war sogar mit Freude bei der Arbeit gewesen. Ethel war die freimütigste von Barbaras drei Figuren, und in der Folge war Katherine nun angenehm sexy zumute. Man mochte über solche altmodischen Liebesromanzen lachen, aber es gab wirklich Ehen, die ein halbes Dutzend Erneuerungen überstanden, und Fellatio mit vierundvierzig war kein Altjungferntraum.
    Nachdem sie ihren Arztbesuch im Geiste nun fest auf Mittwoch, den Tag, an dem sie ihr Haar machen ließ, gelegt hatte, ertrug sie standhaft die Warteperiode, die von heftiger emotioneller Fluktuation bestimmt war. Sie ermahnte sich, daß weder die Höhen noch die Tiefen unbedingt wahr waren: Es gab bei menschlichen Gefühlen keine Wahrheit, nur unterschiedliche Grade eines chemischen Ungleichgewichts. Meinungen und Entscheidungen – sogar Glaubensfragen – waren ebenfalls eine Sache der Chemie, der elektrochemischen Gegenwirkung. Wenn auch wohlbekannt, so blieben diese Tatsachen freilich sorgsam aus den freizügig programmierten Seiten einer Ethel Pargeter ausgeklammert.
    Als Katherine eines Tages zusah, wie der Frühling Bärtchen und kleine
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