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Tod Live

Tod Live

Titel: Tod Live
Autoren: D.G. Compton
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Magenbeschwerden.
     
    Reinster Komik-Thriller: Katherine und ich im versteckten Teil eines Zauberschranks eingeklemmt. Das Möbel war für eine Person gedacht, die außerdem noch ziemlich hager sein mußte. Doch wir lachten nicht; die sexuelle Nähe erregte uns nicht… Der Wagen verlangsamte vor der Straßensperre die Fahrt und hielt. Nach kurzem Gespräch wurden die hinteren Türen geöffnet. Ich spürte, wie Katherine tief einatmete. Wenn sie jetzt einen Schüttelfrostanfall bekam, waren wir geliefert.
    Der Wagen ruckte nieder, als eine schwergewichtige Gestalt einstieg. Ächzen ertönte, während jemand die Sachen durchwühlte. »Ganz schön viel Kram, Alter. Wozu dient das alles?«
    »Zauberei und Kasperletheater, wenn’s beliebt.«
    »Aha. Haben Sie eine Lizenz?«
    »Eine Lizenz?« fragte Tommy beunruhigt. Wurden wir erwischt, nur weil er so ein dummes Papier nicht hatte?
    »Richtig, Paps. Eine Schaustellerlizenz.«
    »Ich baue meine Sachen selber auf, mache nie Ärger. Immer sind’s die Kinder, die…«
    »Kinder oder nicht – Sie brauchen eine Lizenz.« Als Tommy nicht antwortete, fluchte der Polizist und stieg wieder aus dem Wagen – er war nur wenige Zentimeter von unserem Schrank entfernt gewesen.
    Im Schutz seines Lärms begann Katherine wieder zu atmen und legte mir den Kopf an die Brust. Der Polizist stieg auf die Straße hinaus, offenbar gefolgt von einer kleinen Topf- und Pfannenlawine.
    »Sie meinen, ob ich einen Schausteller schein habe? Meinen Sie das? Alle Schausteller haben solche Scheine.«
    Die beiden gingen diskutierend um den Wagen herum. Wir atmeten auf. Guter alter Tommy! Für jeden Polizisten war eine Lizenz in der Hand besser als zwei vermißte Personen auf dem Dach… Schließlich klemmte sich Tommy wieder hinter das Lenkrad.
    »Vergessen Sie’s nicht«, sagte der Polizist. »Wenn Sie diese beiden Leute sehen, nehmen Sie sie nicht mit. Fahren Sie zur nächsten Telefonzelle, und rufen Sie das Hauptquartier an. Die Nummer steht hier auf dem Zettel.«
    »Ich und zwei Verrückte mitnehmen? Sie machen wohl Witze!«
    Er fuhr ab. Nach einer Zeit, die uns sehr lang vorkam, stoppte er den Wagen und befreite uns. »Die scheinen ja ziemlich hinter euch her zu sein«, sagte er. »Aber eins kann ich euch sagen: Vernünftigere Verrückte als euch beide habe ich noch nie gesehen.«
    Das war ein Urteil, wie ich es brauchte. Ich lächelte ihn an und hoffte, er würde es bemerken. In den letzten Stunden war mir meine Blindheit doch sehr an die Nieren gegangen, so daß ich fast den Kontakt zu mir selbst verloren hatte, fast nicht mehr wußte, wer ich war. Tommy aber wußte es.
    Dann riß mich Katherine aus meiner Stimmung, indem sie einen ihrer Anfälle bekam, einen schlimmen. Ich half ihr. Sie brauchte genau das, was ich ihr geben konnte – menschliche Nähe. Der arme Tommy war verlegen und zog sich zurück, ich weiß nicht wohin. Später kehrte er mit einer Flasche Milch zurück, und Katherine trank. Noch etwas später hörte ich, wie er einen Primuskocher in Gang brachte, und machte mich auf weiteres Allerlei gefaßt. Doch ich hatte ihn unterschätzt – er erhitzte Wasser. Die Dame wolle sich vielleicht waschen, sagte er über die Schulter und zog wieder ab.
    Das Dumme war: Wenn sich Katherine besser fühlte, dann kam sie gleich unheimlich in Schwung. Sie war fröhlich. Sie strahlte eine gute Laune aus, der ich nicht gerecht werden konnte. Tommy fuhr sehr langsam. Ich saß hinten im Wagen neben ihr und dachte an Tracey. Was würde sie sehen? Mich? Mich, wie ich mich in Erinnerung hatte, oder mich als selbstverstümmelten Wahnsinnigen? Und wie wollte ich erkennen, was sie sah? Wie konnte sie mir mitteilen, was sie wirklich sah? All diese Fragen waren sinnlos. Doch sie gingen mir immer wieder durch den Kopf, so daß ich schließlich fast froh war, als Tommy eine weitere Straßensperre ankündigte und wir uns wieder verstecken mußten. Wenigstens brachte mich die Gefahr auf andere Gedanken.
     
    Gerald Mortenhoes Schule stand auf einem flachen Hügel. Tommy hatte hier schon Vorstellungen gegeben und erinnerte sich an die Umgegend. Katherine bat ihn, etwa eine halbe Meile vor dem Ziel anzuhalten.
    »Wählen Sie eine Stelle, wo wir aussteigen können, ohne gesehen zu werden. Wenn die Polizei schon da ist und Sie uns zur Schule fahren, bekommen Sie Ärger.«
    »Einen alten Knaben wie mich würde man nur ein bißchen ausschimpfen.«
    »Bitte, Tommy. Ich möchte nicht, daß Sie ausgeschimpft werden –
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