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Tod in Wolfsburg (German Edition)

Tod in Wolfsburg (German Edition)

Titel: Tod in Wolfsburg (German Edition)
Autoren: Manuela Kuck
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Antwort suchte, die ihr möglichst wenig
Mimik abforderte. Ihr starrer Gesichtsausdruck hatte sich tief eingegraben. Sie
wollte ihn nicht verändern. Falsch: Sie konnte ihn nicht verändern. Das kostete
Kraft. Unnötige Kraft.
    »Ich versuch’s«, sagte sie. »Eine kleine Runde um den Teich.
Frühstück? Mal sehen.«
    »Du musst was essen, der Arzt hat gesagt …«
    »Der Arzt hat zwei gesunde, lebendige Kinder. Wir hatten mal eine
Tochter – du erinnerst dich: bis sie von einem Zug überfahren worden ist. Die
nächste Mahlzeit interessiert mich herzlich wenig. Du verstehst?« Damit wollte
sie sich umdrehen.
    »Warte, Stefanie – bitte.« Er ging ihr entgegen. »Ich muss dir was
sagen.«
    Sie hob den Kopf. Was noch, schien sie fragen zu wollen. Was kann
noch wichtig sein, mitteilenswert?
    »Die Polizei hat die Ermittlungen neu aufgenommen«, sagte er
schnell, bevor er einen Rückzieher auch nur in Erwägung ziehen konnte. Er
hoffte, dass seine Stimme sanft klang. »Gestern hat mich eine Kommissarin
angerufen. Sie will mit uns sprechen – und mit meinen Eltern natürlich …«
    Stefanie lächelte mit leeren Augen. »Ich jedenfalls spreche mit
niemandem. Und was deine Mutter angeht – sie hat wirklich einen Knall. Aber
eines muss man ihr lassen: Sie setzt ihren Willen durch, wie immer.«
    Moritz war erleichtert, als das Lächeln endlich verschwand – nicht
allmählich, sondern plötzlich wie weggewischt war. »Stefanie – jeder geht
anders mit dem Schmerz um, mit dem Verlust. Außerdem ist sie davon überzeugt …«
    Stefanie drehte sich um und verließ das Zimmer.
    Eine Stunde später machte er sich auf den Weg ins Werk. Sein Handy
klingelte, kaum dass er auf die Hubertusstraße abgebogen war. Moritz warf einen
kurzen Blick aufs Display – unbekannter Anrufer. Er stellte dennoch die Verbindung
her.
    »Wir haben dich nicht vergessen«, sagte eine Männerstimme, nachdem
Moritz sich gemeldet hatte. »Und wie sieht es mit dir aus?«

4
    Das Frühstück war phantastisch gewesen. Brötchen von Cadera,
Schinken und Käse von allerfeinster Qualität, Eier von glücklichen Hühnern aus
Bahrdorf. Oder war es Warmenau gewesen? Johanna gönnte sich eine dritte Tasse
Kaffee, die ihr eine lächelnde Kellnerin wie eine Trophäe im Frühstückszimmer
servierte, während sie den Tagesablauf plante und sich Notizen machte. Da es
alle anderen Hotelgäste bedeutend eiliger hatten als sie, saß Johanna plötzlich
allein in dem gemütlichen Raum, und es sprach nichts dagegen, das Handy zu
benutzen, um Termine zu vereinbaren.
    Natürlich hatte Markus Reitmeyer, der zuständige Staatsanwalt in
Braunschweig, wenig Zeit – Johanna kannte keinen einzigen Staatsanwalt, der
mehr als wenig Zeit hatte –, aber immerhin konnte sie ihn zu einem kurzen
Treffen zwischen zwei Verhandlungen am Landgericht in der Münzstraße überreden.
Kurz nachdem sie von der Autobahn auf die Celler Straße in Richtung
Braunschweiger Innenstadt abgefahren war, rief er an und bat sie, nicht ins
Gericht, sondern zum Citypoint in der Fußgängerzone zu kommen. Der Kaffee
schmecke ihm in der Cafeteria besser, das Essen sei vorzüglich bei humanen
Preisen, und zwischendurch müsse er mal was anderes als Gerichtsluft atmen.
    »Wissen Sie ungefähr, wie Sie da hinkommen?«
    »Nicht nur ungefähr«, erwiderte Johanna. »Ich werde ins Parkhaus
fahren und durch die Schuhstraße laufen. Ich bin in Braunschweig geboren«,
fügte sie hinzu, bevor Reitmeyer sich über ihre Ortskenntnisse wundern konnte.
    »Na dann, bis gleich. Ach, ich sitze hinten rechts am Fenster und
bin nicht zu übersehen.«
    Die Stimme klang sympathisch. Johanna hoffte, dass es der Mann auch
war. Im Laufe ihrer Polizeiarbeit hatte sie schon die unterschiedlichsten
Staatsanwaltstypen kennengelernt – von arrogant bis kumpelhaft, von dummdreist
bis kompetent und sensibel, von karrieresüchtig bis gerechtigkeitsfanatisch und
rachedurstig war so ziemlich alles dabei gewesen. Zehn Minuten später lief sie
am Ringerbrunnen in der Fußgängerzone vorbei. Die feisten und sich heftig
abmühenden Kämpferfiguren hatten sie als Kind fasziniert, aber damals waren sie
ihr bedeutend größer und fast furchterregend stark vorgekommen. Sie lief
langsamer, ließ ihre Blicke über die alten Fachwerkhäuser schweifen und genoss
einen Moment die geschäftige Atmosphäre in der Welfenstadt, bevor sie das
Einkaufscenter betrat und im gläsernen Fahrstuhl zur Cafeteria hochfuhr. Wenn
nach der Besprechung noch Zeit blieb,
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