Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod in Seide

Tod in Seide

Titel: Tod in Seide
Autoren: Linda Fairstein
Vom Netzwerk:
Letzte Woche hatte der Polizeizeichner mit Hilfe einiger der Opfer ein Phantombild angefertigt, das an Läden und Wohnungen im ganzen Bezirk verteilt wurde. Der »generische männliche Schwarze«, wie Mercer den Verdächtigen gern nannte – durchschnittlich dunkle Gesichtsfarbe, Durchschnittsgröße, Durchschnittsstatur, zwischen fünfundzwanzig und fünfunddreißig Jahre alt, kurzgeschorenes Haar, trug womöglich einen Schnurrbart, keine außergewöhnlichen Eigenschaften, Narben oder Kennzeichen. Es würde nicht lange dauern, bis jeder afroamerikanische männliche Erwachsene, der seinen Fuß in die Gegend zwischen Sixtieth und Eighty-sixth Street und zwischen Central Park West und Riverside Drive setzte, angehalten und ausgefragt werden würde. Anwohner würden ihre Lieferanten oder Liftboys anzeigen, und unbescholtene Bürger würden von misstrauischen und ungeduldigen Polizisten gefilzt werden, von denen jeder hoffte, dass er der Glückliche sein würde, dem es gelang, den Triebtäter zu schnappen.
    »Hören Sie endlich mit Ihrem Gefuchtel auf, Pridgen. Ich nehm Sie ja schon dran. Was macht Ihr Team sonst noch in dem Fall?«
    Der Sergeant stand auf. »Die Verkehrspolizei verteilt während ihrer Nachtschicht Strafzettel an alle nicht zugelassenen und nicht versicherten Autos. Die berittene Polizei kümmert sich am Wochenende um die Gegend, da schlägt er normalerweise zu.«
    Obwohl ich von meinem Platz aus nur seinen Hinterkopf sah, konnte ich mir vorstellen, wie Lunetta die Augen verdrehte. Berittene Polizei, die an einem Samstag um Mitternacht die West End Avenue auf und ab patrouillierte! Nicht gerade die unauffälligste Art und Weise, um die Gegend zu überwachen. Da könnte eventuell sogar der Vergewaltiger stutzig werden und dementsprechend sein Verhalten ändern.
    Pridgen fuhr fort. »Wir haben die Profiler in Quantico zu Hilfe gezogen und …«
    Lunetta reagierte wie von der Tarantel gestochen. »Den Geheimdienst? Bundesfritzen? Von wem ist diese Schnapsidee? Werdet ihr nicht selbst damit fertig? Antworten Sie mir, Pridgen. Wessen Idee war das?« Lunetta sah, wie Pridgen einen Blick in meine Richtung warf. »Gibt der Bezirksstaatsanwalt in dieser Sache den Ton an, Sarge? Ihr lehnt euch brav zurück und überlasst ihm das Feld, wie? Vielleicht arbeiten Sie ja nebenher schwarz und sind zu beschäftigt, um sich um so eine wichtige Ermittlung zu kümmern. Drüben in der Autoverwahrungsstelle wird eine Stelle frei. Falls es Ihnen zu viel wird, können Sie sich dort um die abgeschleppten Fahrzeuge kümmern. Wie kriegt Cooper euch Jungs eigentlich immer dran? Mit einem Nasenring? Führt sie euch den ganzen Tag an der Leine rum? Sagen Sie mir Bescheid, wenn Sie anfangen, sich auf den Rücken zu legen und den Mond anzuheulen.«
    Die Frau vom Justizministerium biss sich auf die Lippen und blickte mich an, um zu sehen, wie ich reagieren würde. Ich war mir nicht sicher, ob ich wegen Pridgen oder wegen mir rot wurde. Ich riss ein Blatt Papier von meinem Notizblock, kritzelte schnell eine Notiz darauf, in der ich Lunetta bat, mich zu den Ermittlungen Stellung nehmen zu lassen, und reichte sie nach vorne. In der Zwischenzeit hatte Lunetta den Sergeant weiter mit Fragen bombardiert. Nachdem er meinen Zettel erhalten und gelesen hatte, schoss er sich sogar noch stärker auf Pridgen ein und ignorierte mein Angebot. Falls es tatsächlich seine Absicht gewesen war, mich aufzurufen, so hatte ich mit meiner Bitte um Stellungnahme mein Schicksal besiegelt, da ich ihm dadurch zu verstehen gegeben hatte, dass ich ihm auf seine Fragen Antworten liefern wollte.
    »Die Vergewaltigung von letzter Woche – kam das Mädchen auch aus einer der Bars auf der Columbus Avenue?«
    »Nein, Sir«, antwortete Pridgen.
    »Woher dann?«
    »Ihr Freund fuhr sie nach Hause, kurz vor zwei Uhr nachts. Er ließ sie an der Ecke, ungefähr einen halben Block vor ihrem Apartment aussteigen. Sie ging allein bis zum Hauseingang. Der Vergewaltiger schlüpfte hinter ihr ins Haus, nachdem sie die Tür aufgeschlossen hatte.«
    »So viel zum Freund. Scheint so, als ob Ritterlichkeit out ist, stimmt’s, Sergeant? Bis zum nächsten Treffen hätte ich gerne Fortschritte. Setzen Sie sich. Als Nächstes möchte ich vom 34. Bezirk hören. Der Mord letzte Nacht.«
    Stühle wurden gerückt, und Lieutenant Peterson und Chapman gingen zusammen mit dem Commanding Officer aufs Podium.
    Im Großen und Ganzen waren die Zahlen für den Bezirk gut. Lunetta nahm erfreut zur
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher