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Tod in Blau

Tod in Blau

Titel: Tod in Blau
Autoren: Susanne Goga
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Auftritt vor Gericht
     bleibt ihm erspart.« 
    »Was soll jetzt aus ihm
     werden?«, fragte Robert und formulierte damit einen Gedanken, der
     Leo schon die ganze Zeit im Kopf herumging. Paul Görlich war ein anständiger
     Kerl, der etwas Besseres verdient hatte als das lieblose Elternhaus mit
     dem gewalttätigen Vater. Andererseits lebten viele Kinder unter
     solchen Bedingungen, und es war schwierig, die Behörden davon zu
     überzeugen, ein Kind zu fremden Pflegeeltern zu geben.
    »Wir könnten
     darauf hinweisen, dass er geistig zurückgeblieben ist und von seiner
     Familie nicht angemessen betreut wird«, meinte Leo nachdenklich.
     »Was war denn mit diesem Oster, dem Kneipenwirt? Er hat doch gesagt,
     er würde den Jungen gern zu sich nehmen.«
    »Stimmt«, sagte
     Robert. »Wir sollten ihn darauf ansprechen, es schien ihm ernst zu
     sein. Das wäre doch ein glücklicher Ausgang.«
    »Ja. Aber wir sind
     nicht im Märchen«, meinte Leo nüchtern. »Paul kann
     schon von Glück sagen, wenn Oster ihn anständig behandelt und
     ihm was beibringt.«   
    Leo Wechsler klingelte kurz
     nach Ende der Sprechstunde an der Praxis von Magda Schott. Sie öffnete
     ihm die Tür und schaute ihn überrascht an. »Herr Wechsler,
     mit Ihnen hatte ich nun wirklich nicht gerechnet. Kommen Sie doch herein.«
    Im Gehen zog sie den weißen
     Kittel aus und hängte ihn an einen Haken hinter der Tür des
     Sprechzimmers. Leo schaute sich um. Schlicht eingerichtet, aber mit
     freundlichen Bildern an den Wänden, Blumen und Märchenmotive für
     die jüngeren Patienten.
    »Nehmen Sie Platz.«
    »Ich möchte Sie
     nicht lange aufhalten, Sie haben gewiss einen anstrengenden Tag hinter
     sich.«     
    »Das habe ich immer.
     Genau wie Sie, nehme ich an.«
    Leo schlug die Beine übereinander
     und kam gleich zur Sache. »Zunächst einmal wollte ich Ihnen für
     Ihre Hilfe danken. Sie haben uns nicht nur geholfen, Paul Görlich vor
     einer großen Gefahr zu schützen, sondern auch dazu beigetragen,
     den Fall Arnold Wegner aufzuklären. Wir haben den Mörder
     gefasst, er ist geständig.«
    Sie nickte. »Das ist
     gut. Ich kannte den Maler zwar nicht, aber es ist beruhigend, dass sein Mörder
     nicht mehr frei herumläuft. Hatte der Junge etwas damit zu tun?«
    »Er ist ein wichtiger
     Zeuge, mehr nicht. Er war tatsächlich in Gefahr, als er zu Ihnen kam,
     der Mörder hat ihm mehrmals aufgelauert und ihn bedrängt. Und
     nachdem er bei Ihnen war, wurde er vom Mörder in sein Auto gezerrt
     und verschleppt. Zum Glück konnte er später fliehen.«
    Dr. Schott ballte eine Hand
     zur Faust. »Wie furchtbar, der arme Kerl. Als wenn er es nicht
     schwer genug hätte.«
    Leo nickte. »Damit
     kommen wir zu meinem zweiten Anliegen. Ich möchte Paul Görlich
     aus diesen Verhältnissen wegholen. Sein Arbeitgeber, der Gastwirt
     Oster aus der Kameruner Straße, hat angeboten, den Jungen bei sich
     aufzunehmen. Was halten Sie davon?«
    Sie überlegte nicht
     lange. »Er ist hier als anständiger Mann bekannt. Ob er in der
     Lage wäre, einen Jungen wie Paul großzuziehen, kann ich nicht
     sagen, aber wenn er es Ihnen aus freien Stücken anbietet… Oder
     glauben Sie, er ist nur an Pauls Arbeitskraft interessiert?«
    Leo wiegte den Kopf. »Er
     tut es sicher nicht aus reiner Menschenliebe, aber Paul könnte es
     schlimmer treffen. Ich lege Wert auf Ihre Meinung und möchte Sie
     bitten, sich den Jungen gegebenenfalls anzusehen und ein Gutachten für
     die Fürsorge zu erstellen. Würden Sie das tun?«
    »Sehr gern. Wenn ich
     einem Kind helfen kann, aus solchen Verhältnissen herauszukommen,
     brauchen Sie mich nicht lange zu bitten.«
    Er stand auf und wollte sich
     verabschieden, doch sie schien zu zögern, als hätte sie noch
     etwas auf dem Herzen. »Ja?«, fragte Leo abwartend.
    »Ich …«
     Sie zuckte mit den Schultern und schien sich dann einen Ruck zu geben.
     »Clara ist sehr unglücklich, Herr Wechsler.«
    Er schaute sie leicht
     verlegen an. »Sie hat Ihnen davon erzählt?«
    Magda nickte.
    Leo knöpfte seinen
     Mantel zu. »Ich weiß es zu schätzen, dass Sie mir das
     sagen, aber in diesem Fall sollte sie von selbst zu mir kommen.« Er
     strich sich die Haare aus der Stirn und setzte den Hut auf. »Clara
     hat mir nie etwas über sich erzählt. Es war sehr unangenehm, als
     wir Herrn von Mühl in diesem Cafe getroffen haben.«
    »Das kann ich mir
     vorstellen. Ich fand nur, Sie sollten wissen, dass es Clara nicht
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