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Tod im Palazzo

Tod im Palazzo

Titel: Tod im Palazzo
Autoren: Magdalen Nabb
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kräftigen Bauchtritt, der ihm den Rest gab.
    Dann wandten sie sich Leo zu. Der warf sich nach rückwärts, drückte einen Mann gegen die Theke. Einige Gäste verließen das Stehcafé, weil sie Angst hatten, daß ihnen etwas passieren würde.
    »Loslassen!« bellte Leo. »Loslassen! Ich habe sie nur festgehalten! Ihr könnt mir deswegen nichts anhaben. Ich wollte sie gar nicht anfassen. Er hat mich dazu gezwungen, weil sie sich wie eine Katze gewehrt hat – aber vergewaltigt hat er sie! Er hat sie umgebracht! Nicht ich!«
    10
    AN DIE STAATSANWALTSCHAFT FLORENZ
    Am 24. Juni gegen 21.45 Uhr wurde im Laufe der Überprüfung der Kellerräume im Palazzo Ulderighi… Der Wachtmeister tippte schnell mit zwei dicken Fingern. Er hatte gut daran getan, es bis nach dem Mittagessen aufzuschieben, und Teresa hatte zu Recht darauf bestanden, daß er sich ausruhen sollte. Er hatte geglaubt, er würde nicht einschlafen können, war aber innerhalb kürzester Zeit eingenickt, so daß sie ihn um Viertel vor fünf wecken mußte.
    »Nicht, daß ich unbedingt wissen muß, worum es geht, wenn du mir nichts erzählen willst, dann eben nicht, aber ich hoffe, die Geschichte ist bald vorbei. Wenn du dich nämlich nicht richtig ausschläfst…«
    »Es ist vorbei.«
    Außer, daß noch die Entscheidung zu treffen war. Und jetzt hatte er sie getroffen. Er mußte es nur noch hinschreiben.
    In Gegenwart des Unterzeichneten… Lorenzini klopfte an und trat ein.
    »Ich bin fertig. Können Sie unterschreiben? Mir wäre es lieb, wenn Sie es vorher durchlesen würden…«
    »Gib her. Hat der Doktor schon unterschrieben?«
    »Alle außer Ihnen.«
    Das Formular war von Hand ausgefüllt und enthielt eine Beschreibung der Leiche sowie Angaben zur Identifizierung. Der Abschnitt Wo aufgefunden und wie gekleidet war von Lorenzini ausgefüllt worden. Der unbekleidete und zusammengerollte Oberkörper wies Schrammspuren auf, die vom Mauerwerk herrührten. Der Wachtmeister zwang sich, weiterzulesen, überzeugt, daß seine Entscheidung all das umfassen mußte, was Catherine Yorkes Schrecken und Leiden und Tod in ihm wachrufen würde, alles, was er an jenem Abend im Keller erlebt hatte, als Cinellis Grabstein entfernt worden war und er im starken Scheinwerferlicht ihr goldschimmerndes Haar sah.
    Mit Zweigen von Efeu werde ich dein glänzendes Haar binden… Die Männer, die die Leiche umringten, hatten Masken aufgesetzt, im Gegensatz zum Wachtmeister. Als einer von ihnen sah, daß er sich zurückzog, vermutete er darin den Grund.
    »Bleibst du da?« hatte er zu Lorenzini gemurmelt. »Der Bruder…«
    »Natürlich.«
    Die Kamera des Polizeifotografen klickte. Er hatte auch die Grabplatte fotografiert, bevor sie entfernt worden war.
    MEIN LEIDEN IST NUN VORBEI, UND ES BEGINNT DAS DEINE.
    Der Hof lag dieses Mal schweigend da. Emilio hatte sich von seinem Klavier getrennt und stand mit Flavia Martelli und Hugh Fido unter den Kolonnaden. Sie unterhielten sich flüsternd, und in dem Blick, den sie dem Wachtmeister zuwarfen, glaubte er, selbst in diesem schwachen Licht, eine Spur von Schuldbewußtsein zu erkennen. Es war ziemlich sicher, daß die beiden anderen über Hugh Bescheid wußten, aber hatten nicht auch sie ein Interesse an der Aufrechterhaltung des Status quo? So unzufrieden sie auch sein mochten, Wohnungen waren schwer zu finden. »Lieber eine Leiche im Haus als ein Pisaner…«
    Er klopfte an Catherine Yorkes Tür.
    »Herein.«
    William hockte auf dem Rand des schmalen Betts, die Knie aneinandergepreßt, als wollte er so verhindern, zu Boden zu fallen. Seine Augen glänzten. Der Wachtmeister sah sich rasch im Zimmer um und entdeckte das Glas und die Flasche auf Catherines Tisch.
    »Keine Angst, ich bin stocknüchtern. Sie sind gekommen, um mir zu sagen, daß Catherine etwas passiert ist, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Ich wußte es, als ich sie in den Keller hinuntergehen sah… Mir ist, als hätte ich es die ganze Zeit gewußt. Sie ist tot, hab ich recht?«
    »Ja.«
    William saß ruhig da, aber nun, nachdem die Anspannung von ihm gewichen war, schien sein Gesicht sich aufzulösen, und er weinte stumm. Der Wachtmeister legte einen Augenblick die Hand auf seine Schulter, nahm dann den Schreibtischstuhl und setzte sich, ihm zugewandt. Es war nicht notwendig, ihm alles zu sagen. Nicht alles auf einmal.
    »Ich weiß nicht, was ich tun soll… Werden Sie mir helfen? Ich meine…«
    »Ich werde Ihnen helfen. Keine Sorge. Die meisten Formalitäten werden von uns erledigt.
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