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Tod eines Tenors

Tod eines Tenors

Titel: Tod eines Tenors
Autoren: Rhys Bowen
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wird verstehen, warum du Ifor getötet hast, aber wenn hier ein kleines Kind umkommt, werden sie dir das nicht so leicht verzeihen. Sie werden dich lebenslänglich einsperren.«
    Mostyn verzog schmerzlich das Gesicht. »Das ist mir gleich«, sagte er. »Warum sollte ich auf irgendetwas Rücksicht nehmen? Wer hat sich jemals um mich geschert? Geh jetzt zurück, ich will dich nicht verletzen.«
    Evan rückte einen Schritt näher. »Das weiß ich, du willst niemanden verletzen, Mostyn. Du bist kein Gewalttäter. Und du magst Kinder. Du hast ihnen dein ganzes Leben gewidmet. Warum all das Gute in einem einzigen dummen Moment zerstören?«
    Er ging einen weiteren Schritt auf ihn zu. »Gib mir die Waffe, bitte, bevor noch irgendwer unabsichtlich verletzt wird.«
    »Komm bloß nicht näher!« Mostyn schrie jetzt, Tränen, vermischt mit Schweißtropfen, rannen ihm übers Gesicht. »Ich werde nicht zulassen, dass sie mich lebend kriegen! Ich trete glanzvoll ab!«
    »Das nennst du glanzvoll?«, fragte Evan. »Kleine Kinder, die von Querschlägern getroffen werden, ist das glanzvoll? Schau in diese Gesichter, Mostyn. Schau, was du ihnen antust. Komm schon, gib mir die Waffe.«
    Er machte den letzten Schritt und sah, wie sich die Muskeln in Mostyns Unterarm spannten und sich sein Finger um den Abzug krümmte. Mostyn stieß ein fast animalisch klingendes »Nein!« aus, als Evan die Waffe packte und ihm aus der Hand wand. Mostyn sank laut schluchzend zu Boden, während Sicherheitsleute auf die Bühne stürmten und ihn wieder hochrissen.
    »Geht nicht zu hart mit ihm um«, befahl Evan. »Er ist krank und weiß nicht, was er tut.«
    Mütter stürzten auf die Bühne, suchten und umarmten ihre Kinder, die nun ebenfalls weinten. Evan blieb auf der Bühne stehen, zu geschockt, um sich zu rühren. Als er dann schließlich die Stufen hinunterstieg, schlug ihm ein Blitzlichtgewitter entgegen.
    »Wie fühlt man sich als Held? Hatten Sie Angst? Was hat Sie dazu gebracht?« Eine Lawine von Fragen prasselte auf ihn nieder.
    »Ich bin Polizist, das gehört zu meiner Arbeit«, sagte er in die Lichter blinzelnd. »Wenn Sie mehr erfahren möchten, müssen Sie sich an meinen Vorgesetzten in Caernarfon wenden.«
    Still ging er an den Mikrofonen und Kameras vorbei. Als er die Bühnentreppe hinter sich gelassen hatte, hörte er eine näher kommende Polizeisirene. Sie hatten ziemlich lange gebraucht.
    Bronwen war in der Zwischenzeit aufgestanden und hatte noch immer die beiden Kinder im Arm.

    »Jetzt ist alles gut«, sagte er zu ihnen. »Alles ist vorbei.« Dann sah er in Bronwens Gesicht. »Geht es dir gut?«, fragte er einfach, weil es das Erste war, das ihm einfiel.
    »Die Frage ist doch wohl eher, ob es dir gut geht«, sagte sie heftig. »So etwas will ich in meinem ganzen Leben nicht noch einmal erleben. Musst du wirklich immer der Pfadfinder mit den guten Taten sein?«
    »Ich war ziemlich sicher, dass er nicht auf mich schießen würde«, sagte Evan, vor ihrem Zorn zurückweichend.
    »Ziemlich sicher?«
    »Ich musste es tun, Bronwen«, sagte er schlicht. »Wenn ich ihm das Ding nicht abgenommen hätte, bevor die Polizei eintrifft, hätte er es darauf angelegt, in Rambo-Manier während einer Schießerei zu sterben.«
    Bronwen ließ die Mädchen los und ging auf ihn zu. »Du warst unglaublich mutig«, sagte sie und schlang die Arme um seinen Hals. »Tu das nur bitte nie wieder!«
    »Das kann ich nicht versprechen«, erwiderte Evan und legte ihr einen Arm um die Taille. »Ich hab's diesen Medienleuten schon gesagt: Ich bin Polizist, und das ist eben Teil meiner Arbeit.«
    »Miss Price, ich habe Angst. Können wir jetzt nach Hause gehen?« Eines der beiden Mädchen zerrte an ihrer Bluse.
    »Ich muss sie heimbringen«, sagte Bronwen bedauernd.
    »Natürlich. Und ich werde mich wohl am besten ins Präsidium begeben und meinen Bericht abliefern, wenn sie Mostyn bringen«, antwortete Evan. »Komm, lass uns hier rausgehen.« Er bugsierte sie durch das Gewühl im Mittelgang und schob dabei aufdringliche Kameras beiseite, die ihm noch immer folgten.
    Draußen war es ruhiger geworden. In den Buden brannten Petroleumlampen, und am westlichen Horizont leuchtete der Himmel in einem satten Rosa.
    »Wir haben es nicht einmal geschafft, gemeinsam zum Eisteddfod zu gehen.«
    »Nächstes Jahr«, sagte Bronwen.
    »Gut. Ich trag's in meinen Kalender ein: Verbrechen an diesem Wochenende verboten.«
    Sie lächelten einander an.
    »Ich muss jetzt wirklich gehen«, sagte
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