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Tod eines Tenors

Tod eines Tenors

Titel: Tod eines Tenors
Autoren: Rhys Bowen
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Er war... der größte Tenor unserer Zeit. Ich habe die Welt dieses Talents beraubt. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie Leid mir das tut.«
    Evan legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Kommen Sie, lassen Sie uns jetzt gehen.«
    Mostyn kam widerspruchslos mit ihm. Als sie am nächsten Zelt vorbeikamen, zögerte Mostyn.
    »Nur einen Augenblick, Mr. Evans«, bat er. »Ich brauche nur eben etwas aus meiner Tasche.«
    Evan wartete geduldig. Mostyn stöberte darin herum und sagte dann: »Sie sind wirklich naiv.
    Glauben Sie etwa, dass ich kampflos aufgebe?«
    Er zog seine Hand aus der Tasche, und Evan sah, dass er eine Waffe darin hielt. Und es war nicht etwa eine kleine Pistole, sondern eine elegante halbautomatische Waffe, wie Evan sie schon bei Drogenhändlern gesehen hatte - das Letzte, das er erwartet hätte, war, so ein Ding in den Händen von Mostyn Phillips zu sehen.
    »Wo um alles in der Welt haben Sie die denn her?«, platzte er heraus.
    Mostyn lächelte zufrieden. »So etwas kann man heutzutage ganz einfach kaufen. Ich habe sie von meinem letzten Ausflug nach Irland. Dort ist jeder bewaffnet, und niemand stellt Fragen. Ich habe immer gespürt, dass ich sie eines Tages brauchen würde.«
    »Kommen Sie, Mostyn, seien Sie kein -«, »Narr« hatte er sagen wollen, aber er brach ab. Als Narr und Versager bezeichnet zu werden, hatte Mostyn schon einmal zu einem Mord getrieben. Er musste sicherstellen, dass Mostyn in diesem Getümmel hier keine Dummheiten machte. »Machen Sie es sich doch nicht noch schwerer«, endete er deshalb. »Ich bin sicher, der Richter und die Geschworenen werden Ihnen mildernde Umstände zugestehen. Wir können bezeugen, dass Ifor Sie bis an den Rand des Erträglichen gehänselt hat. Sie werden vielleicht mit Totschlag davon kommen - das bedeutet, nur ein paar Jahre.«

    »Ein paar Jahre?«, Mostyns Stimme klang schrill und gefährlich. »Wissen Sie, was Gefängnis für einen Mann wie mich bedeutet? Sie haben doch gesehen, wie Ifor auf mir herumgehackt hat. So würde es sein, die ganze Zeit, nur schlimmer.« Er schüttelte den Kopf. »Ich gehe nicht ins Gefängnis, Mr.
    Evans. Ich werde mit Glanz und Gloria abtreten und wenigstens einmal größere Schlagzeilen machen als Ifor!«
    Plötzlich wich er zurück in das Zelt hinter sich, rannte den Mittelgang entlang und sprang auf die Bühne. »Keine Bewegung!«, befahl er. »Dann wird keinem was passieren.«
    Man hörte Schreie und das Geräusch umfallender Stühle, als einige Leute in Deckung gingen.
    »Ich sagte, keiner bewegt sich!« Mostyn schrie fast. »Und bleiben Sie sitzen!«
    Aber mehrere Zuschauer hatten ihre Sitze bereits verlassen, und einige, die in der Nähe des Eingangs gestanden hatten, schafften es hinauszuschlüpfen. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis das gesamte Aufgebot der Polizei hier auftauchen würde - und was würde dann geschehen? Evan war sicher, dass Mostyn mit dem Abgang in Glanz und Gloria Ernst machen wollte. Er war wahrscheinlich auf einen Schusswechsel mit der Polizei aus, aber wie viele andere Menschen würden dabei den Tod finden?
    Evan rannte gebückt aus dem hinteren Teil des Zelts zum Bühneneingang. Er schlüpfte hinein und konnte erst jetzt das ganze Ausmaß der Lage erkennen. Mostyn stand, von weißen Kostümen und Blumengirlanden umringt, mitten in einer Kindertanzgruppe. Die Kinder drängten sich im Scheinwerferkegel zusammen, pures Entsetzen auf ihren Gesichtern. Auch das Publikum saß wie versteinert da, als Mostyn seine Waffe über den Zuschauerraum gleiten ließ, zunächst nach rechts, dann nach links. Dann setzte Evans Herz aus: In der Mitte der ersten Reihe saß Bronwen und hielt zwei Mädchen in den Armen. Bronwen durfte auf keinen Fall etwas passieren!
    Jetzt oder nie. Los, befahl er sich. Tu was, bevor es zu spät ist! Aber seine Beine versagten den Dienst. Er war sich ziemlich sicher, dass Mostyn ihn nicht einfach kaltblütig erschießen würde, doch Mostyn war heute Abend nicht er selbst. Er war ein Mann, der die Grenze bereits überschritten hatte.
    Wer konnte sagen, was er tun würde?
    »Komm schon, buch Mostyn, du willst das gar nicht tun«, sagte Evan und kämpfte darum, seine Stimme ruhig und freundlich klingen zu lassen. »Wir wollen doch nicht, dass eins dieser kleinen Kinder durch Zufall verletzt wird, oder?«
    »Bleib, wo du bist, Evan«, rief Mostyn und wedelte beängstigend mit seiner Waffe. »Ich warne dich!«
    »Überleg doch, was du tust, Mostyn. Jeder Geschworene der Welt
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