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Tod einer Verrückten

Tod einer Verrückten

Titel: Tod einer Verrückten
Autoren: Magdalen Nabb
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den Leuten, die ihre Nase in anderer Leute Angelegenheiten stecken, wenn man sie nicht dazu auffordert, aber wenn Sie es wirklich wissen wollen, ich habe gehört, daß er hinter Gittern war. Er hat überall rumerzählt, daß er geschäftlich im Ausland war, aber ich habe eine andere Version gehört, nämlich daß er im Anschluß an einen betrügerischen Bankrott seine Strafe abgesessen hat. Nach dem Tod seiner ersten Frau – das war eine echte Dame, nicht so wie … Guten Abend, Madam. «
    Als sich der Maresciallo umdrehte, erblickte er eine kleine, ältere Frau, die dick mit Make-up zugekleistert und sündhaft teuer gekleidet war und einen Miniaturhund an der Leine hinter sich her zog. Ihre Reaktion auf die Begrüßung des Portiers bestand in einem kaum wahrnehmbaren Nicken. Trotzdem sprang er auf, eilte zum Aufzug hinüber und drückte auf den Knopf. Sie stand da und wartete, ohne diesen kleinen Dienst zu würdigen. Als er zurückkam, achselzuckend und ziemlich verschämt, sagte er: »Oberste Etage, die da. Aber was kümmert mich das? Sie gibt mir jeden Monat ein dickes Trinkgeld. Alles nur Getue. Stammt aus einer alten Adelsfamilie, aber das meiste Geld ist futsch. Trotzdem, das können Sie mir glauben, worauf solche Leute nicht verzichten können, ist nicht etwa das Geld, sondern daß man vor ihnen kriecht. Sie können es nicht ertragen, ignoriert oder wie gewöhnliche Menschen behandelt zu werden. Ich bin ziemlich sicher, daß sie sich das Trinkgeld, das sie mir gibt, im Grunde gar nicht leisten kann, aber notfalls würde sie lieber ohne Essen auskommen, solange sie nur besser behandelt wird als alle anderen Hausbewohner. Sie können sich vorstellen, was sie von Fantechis flittchenhafter Frau hält; die ist für sie Luft. «
    »Sie halten wohl nicht viel von den Leuten im Haus? «
    »Warum sollte ich? Wenn Sie wüßten, was sich meine Frau gefallen lassen muß. Bindet sich jeden Donnerstagnachmittag eine neckische Schürze um und setzt ein Häubchen auf, um den Freundinnen dieser blöden alten Schachtel Tee und billige Kekse zu servieren; und diese Fantechi muß sie auch noch ertragen, mit ihrem affektierten Getue, als wäre sie eine Gräfin, dabei ist sie ein Niemand. Solche Frauen finden immer einen Dummen, der ihre Rechnungen bezahlt, solange sie gut aussehen, aber die wird sich schon noch umschauen, wenn es damit vorbei ist. Wer gibt sich dann noch mit so einer Person ab?« Das war bestimmt eine Bemerkung aus dem Repertoire seiner Frau. »Zur Zeit streiten sie wie Hund und Katze. Am Abend bevor sie ans Meer gefahren sind, ist es hoch hergegangen. Er hat mit Geschäftsfreunden eine Kneipentour gemacht, und nach Mitternacht sind sie alle hierher gekommen und haben weitergefeiert. Als meine Frau am nächsten Morgen hinaufgegangen ist, lagen in der ganzen Wohnung Teller und Gläser verstreut, und ihre Ladyschaft hat Zeter und Mordio geschrien – sie hat geplärrt, was das Zeug hielt. Und er hat sich alle Mühe gegeben, sich nicht unterkriegen zu lassen .
    ›Wozu haben wir eine Putzfrau? Soll die sich darum kümmern!‹ ›Es ist nicht die Aufgabe von meinem Hausmädchen, hinter deinen abscheulichen Freunden herzuräumen!‹ ›Mein Hausmädchen!‹ Und wer bezahlt ihr Hausmädchen? Ganz zu schweigen von den vier Pelzmänteln und der schicken neuen Villa am Meer. Sobald sie einmal nicht kriegt, was sie will, droht sie damit, ihn zu verlassen, und unter uns gesagt, er wäre besser dran … Da kommt er. Das ist er.« Der Portier beugte sich etwas nach vorn, als wollte er ihm etwas zurufen, aber der Maresciallo legte ihm seine schwere Hand auf die Schulter und hinderte ihn daran .
    Fantechi durchquerte die Eingangshalle, ohne aufzuschauen. Er trug einen weißen Seidenanzug, der so verknittert war, als hätte er darin geschlafen. Sein graues Haar war gekämmt, aber rasiert hatte er sich noch nicht, und seine Augen wirkten glasig. Er drückte auf den Liftknopf und wartete mit dem Rücken zur Halle, wobei er ungeduldig die Finger spreizte und wieder zusammenballte; seine Schultern wirkten verkrampft .
    Der Maresciallo und Di Nuccio tauchten aus der Portiersloge auf .
    »Signor Fantechi? «
    Da sowohl der Maresciallo als auch Di Nuccio überzeugt gewesen waren, daß Fantechi zum Ausgang rennen würde, wo er bestimmt ein Auto geparkt hatte, waren sie so verblüfft, als dieser zur Treppe rannte, ohne sich auch nur umzusehen, daß sie ihm unfreiwillig einen Vorsprung einräumten. Sobald sie sich von der Überraschung
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