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Tod den alten Göttern

Tod den alten Göttern

Titel: Tod den alten Göttern
Autoren: P Tremayne
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letzten Tagen hinweggesehen.
    Ihr Mienenspiel verriet, dass sie seine Gedanken las. »Ich weiß, ich weiß. Hätte es mich heute früh nicht so zum Aufbruch
     getrieben, hätten wir frühstücken und etwas Warmes zu uns nehmen können und wären besser gegen die Kälte unterwegs gewappnet
     gewesen«, gestand sie ein. »Aber in Ferlogas Gasthaus dort unten können wir das Versäumte nachholen.«
    Sie spornte ihr Pferd an und strebte der Erhebung von Ráth na Drinne entgegen. Wenig später ritten sie auf den Hof vor der
     Wirtschaft und lösten unter den Hühnern und Gänsen ein heftiges Gegacker und Geschnatter aus. Sie waren noch nicht abgesessen,
     als die Tür zum Gasthaus aufgerissen wurde und Ferloga herausgestürzt kam. Fidelma fiel sofort auf, wie blass und aufgeregt
     er war.
    »Was ist los mit dir?«, begrüßte sie ihn mitfühlend.
    |28| Sein Gesicht hellte sich auf, als er sie erkannte. »Lady, Gott sei gedankt, dass er dich geschickt hat.«
    Fragend zog sie eine Augenbraue hoch, stieg ab und stand dem alten Wirt gegenüber.
    »Du bist völlig außer dir, Ferloga. Was ist geschehen?«
    »Einer meiner Gäste, Lady. Es war schon spät, und er war noch nicht aufgestanden. Da bin ich hinaufgegangen und wollte ihn
     wecken. Ich habe ihn gerade gefunden … im Bett … tot.«
    Inzwischen war auch Caol abgestiegen und nahm Fidelma die Zügel ab. »Tot?« Sein Interesse war geweckt. »Ermordet?«
    Ferlogas Augen weiteten sich vor Schreck. »Ermordet? An so was hätte ich nie gedacht.«
    »Bring die Pferde in den Stall, Caol«, wies ihn Fidelma an und wandte sich dem verwirrten Gastwirt zu. »Komm, wir schauen
     uns mal die Leiche an. Wer ist überhaupt dieser Gast?«
    Er ging vor ihr her und zuckte mit den Achseln. »Ich habe keine Ahnung, Lady. Er ist erst spät in der Nacht angekommen und
     hat nichts von sich erzählt. Ein älterer Mann, mehr kann ich nicht sagen.«
    Gemeinsam betraten sie das Gasthaus. Ferlogas Frau Lassar ließ sich verängstigt blicken.
    »Gut, dass du hier bist, Lady. Wenn die Verwandtschaft von dem Mann hier auftaucht und behauptet, wir seien mit schuld an
     seinem Tod, weil wir unsere Pflichten dem Gast gegenüber vernachlässigt hätten, das könnte für uns schlecht ausgehen.«
    Fidelma war sich wohl bewusst, weshalb die beiden Alten sich so erregten. Die Gesetzgebung für Gastwirte, wie sie im Bretha
     Nemed Toisech niedergeschrieben war, legte die Verantwortlichkeiten präzise fest. Einem jeden Gast gebührte Rechtsschutz;
     wurde er während seines Aufenthaltes verletzt oder getötet, war er ein Opfer des als
diguin
bezeichneten |29| Vergehens geworden, der Verletzung eben dieses Rechtsschutzes. Verantwortlich für die Gewährleistung des Schutzes war der
     Gastwirt, ganz gleich, ob es sich um eine öffentliche Herberge oder um ein privates Gasthaus handelte. Wenn er also wegen
     Mordes zur Rechenschaft gezogen wurde, konnte Ferloga sein Gasthaus verlieren und mit einer schweren Geldstrafe bedacht werden.
    Fidelma lächelte der alten Frau aufmunternd zu. »Wo ist die
    Leiche?«, fragte sie Ferloga.
    Er drehte sich zu den Stufen um, die ins obere Stockwerk führten. »Hier lang«, sagte er.
    Der Leichnam lag rücklings auf dem Bett. Ferloga hatte bereits die Fensterläden geöffnet, um Licht hineinzulassen. Fidelma
     wünschte, Eadulf wäre bei ihr; seine medizinischen Kenntnisse wären jetzt hilfreich gewesen. Sie beugte sich über den Toten
     und betrachtete den leblosen Körper etwas eingehender. Zwei Dinge fielen ihr sofort auf. Die Gesichtsmuskeln waren zu einer
     Grimasse verkrampft, als wären sie mitten in einer Schmerzempfindung erstarrt. Wirklich kalt war das Fleisch noch nicht, also
     konnte der Tod erst kurz vor der Morgendämmerung eingetreten sein. Zum zweiten zeigten die Lippen eine bläuliche Färbung,
     und zwar sehr auffällig. Sie überwand sich, schlug die Bettdecke zurück und vergewisserte sich, dass der Körper keine Spuren
     von physischer Gewalteinwirkung zeigte. Dann bedeckte sie den Leichnam wieder, stand auf und wollte sich dem verängstigten
     Ferloga zuwenden, als Caol die Treppe heraufgestürzt kam und einen ersten Blick auf den Toten warf.
    »Kann ich behilflich sein, Lady?«, fragte er.
    Sie schüttelte den Kopf. »Schau ihn dir genauer an; ich möchte wissen, ob du der gleichen Meinung bist wie ich. Nach meinem
     Dafürhalten ist er einem Krampfanfall erlegen.«
    |30| Sie benutzte das Wort
taem
, um deutlich zu machen, was sie meinte.
    Caol sah hin
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