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Tod auf der Piste

Tod auf der Piste

Titel: Tod auf der Piste
Autoren: Nicola Förg
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ich, das kam ihm ganz gut zupass, denn Quirin muckte auf, der widersprach bisweilen in der Clique, er sah nicht in jeder Idee von Ernst gleich die Heilsbotschaft.« Sie lachte kurz auf.
    Irmi überlegte. Nun hieß man hier ja gerne mal Grasegger, aber der Name Quirin Grasegger sagte ihr etwas. »Müssten bei dem Namen irgendwelche Lichter bei mir angehen?«, fragte Irmi mit einem Lächeln.
    »Nun, wenn Sie die WM-Vorbereitung verfolgen, dann schon. Quirin Grasegger ist immer noch ein wichtiger Mann im Skiclub, und er sitzt im Finanzausschuss des WM-Komitees. Er ist sozusagen der Finanzausschuss. Als Volkswirt und Banker fungiert er seit Jahren bei den Weltcuprennen als der Mann, der über den Geldtopf wacht. Er beschäftigt sich mit Fragen der Nachhaltigkeit. Sie haben sicher in letzter Zeit öfter von ihm in der Zeitung gelesen. Er wird häufig zitiert, wenn es um Pro und Kontra geht. Wenn der Bund Naturschutz gegen die WM schießt, ist Quirin…«
    »…der kompetente Mann aus der Wirtschaft, der im Ökonomie-Ökologie-Konflikt jede Menge Argumente für die WM findet«, ergänzte Irmi.
    Maria Buchwieser lächelte. »Ich sehe, Sie lesen die Zeitung.«
    »Wenn Zeit dafür bleibt und ich nicht gerade über Tote stolpere.« Irmi lachte und wurde dann wieder ernst. »Das heißt aber doch, dass die beiden ehemaligen Freunde heute Feinde sind. Buchwieser aufseiten der Naturschützer und Grasegger ganz vorne in der Liga der WM-Befürworter, oder?«
    »Feinde, nein. Sie haben sich gerieben, das haben sie aber immer schon getan. Nach diesem Rennen am Gudiberg war ein tiefer Riss durch die Clique gegangen. Die einen standen auf Ernsts Seite, die anderen auf Quirins. Ich habe nie geglaubt, dass Quirin das war mit den Stöcken, aber Ernst hat ihn Jahre später noch damit genervt.«
    »Bis heute?«, fragte Irmi.
    »Ja, immer wieder. Auf Festen kam das Gespräch früher oder später auf den DvG, und Ernst hat Quirin stets attackiert. Keine Geburtstagsparty, kein Grillfest, kein Bierzeltabend ohne dieses unselige Thema.«
    »Da wäre es doch mal an der Zeit gewesen, sich dieser Nervensäge zu entledigen, oder?«, fragte Irmi wie zufällig.
    Maria Buchwieser starrte sie an. Langsam schien es in ihr Bewusstsein durchzusickern. »Sie meinen also…«
    »Wissen Sie, es ist mein Job, Verdächtige zu finden und nach Motiven zu graben. Sie müssen zugeben, dass diese jahrelangen Attacken das Toleranzfass irgendwann mal zum Überlaufen bringen können. Und dann kommt ja noch hinzu, dass Ernst Buchwieser zu einem massiven Problem für die WM geworden ist.«
    »Ja, aber so richtig ernst hat ihn doch keiner genommen!«, rief Maria Buchwieser. »Seine Schüler vielleicht, ein paar Naturschutzfanatiker, ein paar Ewiggestrige, aber doch niemand Wichtiges.«
    Irmi beschloss, das so stehen zu lassen. Sie wusste noch viel zu wenig über diesen Ernst Buchwieser, aber gerade eben hatte sie erfahren, dass er einen nachhaltigen Einfluss auf seine Jugendfreunde gehabt hatte. Da hatte noch so viel Schmerz, so viel Unaufgearbeitetes, Unausgesprochenes in den Gesten und Worten seiner Frau gelegen. Wie hatte sie es noch formuliert? Die anderen hatten sich Brandblasen zugezogen, doch Ernst hatte ihre Ängste und Verletzungen einfach übergangen. Was aber, wenn jemand die alten Narben einfach nicht mehr hatte ertragen wollen? Wie Quirin Grasegger zum Beispiel.
    »Frau Buchwieser, wer war denn damals noch in dieser Clique?«
    »Der Ernst, der Quirin, seines Zeichens Bankdirektor, der Sepp Ostler, heute Arzt am Garmischer Klinikum, und der Hubert Deubel, Bauingenieur und Architekt. Außerdem gab es noch den Florian Eitzenberger, aber der ist inzwischen weg…also weggezogen. Die ›Fünf Freunde‹ nannte man sie damals.«
    »Keine Mädchen?«
    »Doch, aber ständig neue. Ich war als Einzige immer dabei. Beate auch öfters mal«, sagte Maria Buchwieser.
    »Jene Beate, die etwas mit Kurtl angefangen hatte?«
    »Genau die.«
    »Und was wurde aus ihr und was aus Kurt? Sie sagten, er hätte sich das Leben genommen? Gehörte er denn nicht zur Clique?«, fragte Irmi.
    »Die Affäre hatte sich schnell erledigt. Beate war dann immer mit einer Münchner Clique unterwegs. Ich habe gar keinen Kontakt mehr zu ihr. Und Kurt, nein, der war kein Mitglied der Fünf Freunde. Er war eben bloß der kleine Bruder, obwohl er nur zwei Jahre jünger war als Ernst. Auch wenn das jetzt wieder komisch klingt: Nach der WM kam er nicht mehr auf die Füße. Er hatte seine Lehre im
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