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Tod am Kanal

Tod am Kanal

Titel: Tod am Kanal
Autoren: H Nygaard
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Entschuldigung und
schwamm im Strom der Schüler ohne eine weitere Erklärung mit.
    »Das war nicht viel, was wir bisher in Erfahrung
bringen konnten«, meinte Große Jäger und sah Mommsen an, der ein Schlüsselbund
schwenkte.
    »Das ist aus der Jackentasche der Toten«, erklärte der
junge Kommissar. »Ich habe es mir von Klaus Jürgensen aushändigen lassen. Wir
könnten die Wohnung von Ina Wiechers inspizieren.«
    Christoph schloss sich dem Vorschlag an, und sie
fuhren über die Grüne Küstenstraße nach Garding.
    In der kleinen Stadt im Herzen der Halbinsel Eiderstedt,
deren berühmtester Sohn Theodor Mommsen immerhin den Literaturnobelpreis
gewonnen hatte, schien die Zeit stehen geblieben zu sein. Der Norderring war
eine ruhige Wohnstraße am Ortsrand. Einfamilienhäuser mit gepflegten Vorgärten
beherrschten das Straßenbild. Ina Wiechers hatte in einer Einliegerwohnung
gelebt. Niemand interessierte sich für die drei Beamten. Der Haus schien
verwaist, zumindest rührte sich nichts in den Räumen der Mitbewohner, als die
Polizisten die Wohnung unterm Dach betraten.
    Zwei Zimmer mit Schrägen, eine Küche und ein Bad
bildeten das Reich der Lehrerin. Die Wohnung war sauber und aufgeräumt, ohne
steril zu wirken. Statt eines Sofas standen im Wohnraum drei Sessel, die zum
Hineinkuscheln einluden. Ein kleiner Beistelltisch, Sideboards und ein Essplatz
mit zwei Stühlen vervollständigten die Einrichtung. Auf dem Tisch lag ein
schnurloses Telefon.
    Mommsen notierte sich die dort gespeicherten
Rufnummern der letzten ein- und ausgegangenen Telefonate.
    Im zweiten Raum gab es ein bequemes Schlafsofa und
einen Arbeitsplatz. Neben dem Kleiderschrank, der keine Überraschungen barg,
fanden sich in mehreren Bücherregalen sowohl Fachliteratur wie auch Lesestoff,
der der Unterhaltung diente.
    Das Bad zeigte, dass hier eine Frau gewohnt hatte, und
auch die Küche wies keine Besonderheiten auf. Der Kühlschrank war mit Vorräten
bestückt.
    »Es sieht nicht so aus, als hätte Ina Wiechers mit
ihrem Ableben gerechnet«, sagte Große Jäger beim Anblick der Lebensmittel.
    »Es gibt offenbar nichts, was uns weiterhelfen
könnte«, erwiderte Christoph enttäuscht und stöberte in den wenigen Papieren,
die auf dem Schreibtisch lagen. Es waren Rechnungen, Korrespondenz mit einer
Krankenversicherung und Werbung, die Ina Wiechers so interessant gefunden
hatte, dass sie sie nicht sofort in den Papierkorb befördert hatte. Christoph
blätterte in einem Stapel Papier. Offensichtlich hatte die Lehrerin eine Arbeit
schreiben lassen und sie teilweise korrigiert. Es handelte sich um das Fach
Mathematik. Mit roter Tinte hatte Ina Wiechers nicht nur die einzelnen Aufgaben
korrigiert, sondern auch Kommentare unter die zensierten Arbeiten geschrieben.
    »Die Frau schien bissig gewesen zu sein. Jedenfalls
war sie nicht zimperlich mit ihren Anmerkungen«, sagte Christoph. Neugierig
geworden, las er die Ergebnisse der Klassenarbeit.
    »Das habe ich von Ihnen nicht anders erwartet. Sie
werden es nie begreifen«, stand mit roter Tinte unter einer Arbeit, die mit
»Sechs« benotet war. Christoph warf einen Blick auf den Namen.
    »Hier«, wandte er sich an Große Jäger, »das erklärt
vielleicht den Frust deines neuen Freundes aus der Schule, wenn er es ist.
Nicolaus von der Hardt heißt der Schüler, dem die Tote einen kräftigen
Denkzettel verpassen wollte.«
    Große Jäger stellte sich neben Christoph und besah
sich die Arbeit. »Von der Hardt. Hm. Vielleicht gibt es noch mehr Schüler mit
dem Vornamen Nicolaus.« Der Oberkommissar überflog die einzelnen Aufgaben und
tippte auf das Papier. »Der, der das abgeliefert hat, scheint wirklich ein
bisschen doof zu sein. Mir wird ganz übel, wenn ich daran denke, dass solche
Figuren unsere Zukunft sein sollen.« Er sah Christoph an. »Hast du dir mal
überlegt, wer unsere Rente verdienen soll?« Dann winkte er ab. »Du müsstest dir
als Erster von uns Gedanken dazu machen.«
    Christoph lachte. »Wie gut, dass wir einen
vorurteilsfreien Kollegen in unserer Mitte haben. Dabei fällt mir ein, dass wir
uns noch etwas zur Verabschiedung vom Chef einfallen lassen müssen.«
    »Das habe ich erfolgreich verdrängt. Ich glaube, wir
werden Grothe vermissen, wenn er in Pension ist. Sosehr ich ihm den Ruhestand
gönne, kann ich mir kaum vorstellen, wie es sein wird, wenn seine Zigarrendüfte
nicht mehr durch das ganze Haus wabern. Spannend bleibt die Frage, wer seine
Nachfolge antritt. Aber eines bleibt gewiss:
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