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Tochter des Windes - Roman

Tochter des Windes - Roman

Titel: Tochter des Windes - Roman
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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Bett  –, hatten wir unseren Spaß. Und schließlich hatte ich die Welt bereist, als sie noch ungefährlich war. Ich war in Karachi und Kabul, und keiner hat mir ein Haar gekrümmt. Was hat Tanja  – abgesehen von Europa  – bisher von der Welt gesehen?«

    Â»Wir waren zwei Wochen auf den Malediven.«
    Â»Die werden jetzt auch islamisiert, und  – warte nur ab  – bald gehen dort die Bomben hoch. Nein, die Welt ist nicht mehr schön, ganz und gar nicht, du kannst jetzt getrost viele Teile davon ignorieren. Tanja  – das ist ihr Problem  – wurde einfach eine Generation zu spät geboren.«
    Â»Sie ist einfach gegangen«, sagte ich, »ohne Ankündigung, ohne Erklärung, wir hatten nicht einmal Streit. Einfach so.«
    Â»Sie hatte dich satt, und ich für meinen Teil glaube, dass sie einen anderen hat. Einen, der besser zu ihr passt. Mach nicht so ein Gesicht, Rainer, da kriegst du Falten.«
    Mutter nahm nie ein Blatt vor den Mund. Ich erinnere mich, dass ich mich in der letzten Zeit des Öfteren gefragt hatte, ob Tanja sich wohl mit einem anderen traf. In ihrem Handy herumzuspionieren fand ich unter meiner Würde. Mir Tanja mit einem anderen Kerl im Bett vorzustellen erforderte Heroismus, und ich spielte lieber Vogel Strauß. Dafür sah ich  – im Traum  – oft ein anderes Bild: Tanja und ich standen im Meer auf zwei Eisschollen, die sich unwiderruflich voneinander entfernten. Tanja winkte mit ihrem Tuch von Hermès, ich sah sie immer kleiner werden und dann verschwinden. Ich litt gewaltig, aber ohne Wut, das war nicht normal. Wut wäre besser gewesen, da hätte ich dem Nebenbuhler ein blaues Auge schlagen können. Das Dumme war nur, dass ich nicht einmal wusste, ob es ihn wirklich gab oder ob Tanja zu ihrer Mutter oder zu einer Schulfreundin gezogen war. Jedenfalls ging alles in die Brüche, und ich konnte mich nicht einmal stilvoll betrinken.
    Unversehens wurde mir klar, dass ich mein Leben so hingekriegt hatte, dass ich nun niemanden mehr hatte, keinen Spielkameraden aus der Kindheit  – die waren in alle Winde zerstreut  – und nicht einmal eine Katze, die merkte, was mit mir los war, und sich teilnahmsvoll zu mir ins Bett kuschelte.
Ich hatte nur Amalia, die mich mit »Himmel und Erde« und roter Grütze fütterte; ihre besserwisserischen Sprüche führten dazu, dass ich mich noch erbärmlicher fühlte.
    Â»Im Grunde hast du Tanja nie gemocht«, sagte ich.
    Sie zog die Schultern hoch.
    Â»Ach, wieso nicht? Aber es stimmt schon, für Weibchen habe ich nie viel übriggehabt.«
    Â»Du redest nicht von einer Katze, du redest von meiner Frau«, sagte ich etwas eingeschnappt.
    Â»Von deiner Exfrau.« Sie stand auf. »Soll ich uns einen Tee machen?«
    Â»Ich hätte lieber einen Kaffee.«
    Â»Abends trinke ich nur Tee«, sagte sie und setzte Wasser auf. Ich ergab mich ins Unvermeidliche. Mutters Vorlieben hatten stets Priorität.
    Â»Wenn eine Frau sich zu wichtig fühlt …«, begann sie, aber das hätte sie nicht sagen sollen. Ich schnitt ihr das Wort ab.
    Â»Wie du?«
    Sie parierte souverän. »Ich bin sechsundsiebzig, und wenn ich jetzt nicht meine Wünsche anmelde, trampeln später im Altersheim alle auf mir herum. Wie alt war deine Tanja? Neunundzwanzig, glaube ich, oder? Was hast du eigentlich mit ihr gemacht? Aber das geht mich ja eigentlich gar nichts an«, setzte sie hinzu, eine Floskel, mit der sie sich elegant aus der Affäre zog. (Das ist deine Sache, mein Sohn, sieh zu, wie du zurechtkommst).
    Â»Sie gab meinem Leben Glamour«, sagte ich kläglich.
    Sie hängte einen Teebeutel in eine froschgrüne Tasse.
    Â»Das war bestimmt teuer.«
    Â»Gucci«, gab ich finster zu. »Gucci kam immer wieder, wie Migräne.«
    Â»Zweimal im Jahr? Ach je.«

    Â»Gucci stand ihr fantastisch, sie hatte die richtige Figur dafür. Und jetzt ist sie weg, und alle Schränke sind leer. Mir kommt es so vor, als hätte sie die ganze Welt mitgenommen.«
    Â»Sie konnte dich ja nicht nackig verlassen, nur um dir eine Freude zu machen. Und Gucci-Kreationen stehen dir nur, wenn du einiges an dir herumschnippeln lässt.«
    Ich schüttelte den Kopf.
    Â»Ich finde das überhaupt nicht lustig.«
    Â»Ich habe auch Marken getragen, die fast genauso teuer waren. Das geht
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