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Tochter des Ratsherrn

Tochter des Ratsherrn

Titel: Tochter des Ratsherrn
Autoren: J Tan
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die Katharinen-Kirche gebracht, wo er noch heute bestattet werden soll.«
    »Findet Ihr diese Hütte wieder?«
    »Ja, ich denke schon.«
    »Dann muss jemand ausgesandt werden, um sich von ihrer Existenz zu überzeugen. Sollte es wirklich so sein, wie Ihr sagt, muss ich wohl davon ausgehen, dass man mir meine eigenen Mühlen mit meinem eigenen Anteil abgekauft hat.« Er wandte sich an Johannes. »Und sollte dem tatsächlich so sein, dann gnade Euch Gott, ihr …«
    »Was sehe ich da?«, rief Johann II. in diesem Moment fassungslos und deutete auf die Hand des Johannes vom Berge.
    Dieser wusste langsam nicht mehr, wie ihm geschah, und schaute verwirrt zwischen den Grafen hin und her. Dann senkte er zögernd den Blick und öffnete die Finger, fast so, als wäre es nicht seine eigene Hand. Zum Vorschein kam sein geliebter Fürspann.
    »Wärt Ihr vielleicht so gütig, deutlicher zu werden«, brummte der blinde Graf, ungehalten über die Unterbrechung, in Richtung seines verhassten Vetters. »Ich kann nicht sehen, was Ihr meint!«
    »In diesem Falle nur allzu gerne, Vetter. Ich rede von dem Fürspann in der Hand Eures betrügerischen Kaufmanns.«
    »Was soll mit diesem verdammten Ding sein?«, fragte Johannes vom Berge verständnislos.
    »Das wüsste ich gerne von Euch«, gab Johann II. zurück. »Dieser Fürspann gehörte meinem Großvater, Adolf IV., Graf von Schauenburg. Er gilt seit seinem Tod als verschollen. Ich wüsste also zu gern, woher Ihr ihn habt.«
    »Ich habe ihn gefunden. Auf einer Wiese …«, erklärte Johannes, ohne zu erwähnen, dass mit besagter Wiese das Schlachtfeld von Bornhöved gemeint war.
    »Auf einer Wiese?«, fragte Johann II. spöttisch. »Ihr habt den edelsteinbesetzten goldenen Fürspann meines Großvaters auf einer Wiese gefunden? Wollt Ihr mich zum Narren halten?«
    So wie Johann II. seine Worte wiederholte, klangen sie tatsächlich über alle Maßen lächerlich. »Nein, ganz sicher nicht, und ja, ich habe ihn tatsächlich auf einer Wiese gefunden«, stammelte Johannes vom Berge. »Seid Ihr Euch ganz sicher, dass es sich um ein und denselben Fürspann handelt?«
    Der Graf fuhr herum und wies mit dem ausgestreckten Arm zur Wand. »Dreht Euch um, Dieb, dann seht Ihr das Gemälde meines Großvaters hinter Euch. An seinem Hals ist deutlich ebenjener Fürspann zu erkennen, den Ihr in den Händen haltet.«
    Nun wurde Gerhard II. das Hin und Her zu viel. Fordernd streckte er die Hand aus und befahl: »Gebt ihn mir. Sofort! Ich will mich von seiner Echtheit überzeugen.«
    »Bitte, tut das«, sagte Johann II. und gab einem seiner Ritter ein Zeichen, auf dass dieser Johann vom Berge die Mantelspange abnahm und sie Gerhard II. in die Handfläche legte. »Überzeugt Euch selbst. Ich habe wahrlich keinen Grund, Euch bei der Überführung eines Mannes zu helfen, der Euch geschadet hat. Aber hierbei geht es auch um meinen Ahnen.«
    Aufmerksam betastete der Blinde jedes noch so winzige Detail des kleeblattförmigen Fürspanns. Sein Blick wurde immer ernster und sein Gesicht immer steinerner. Endlich übergab er die Mantelspange Marquardus und stand auf. »Wachen!«, donnerte er. »Nehmt diesen Mann sofort fest! Er hat Eigentum der Grafschaft gestohlen.«
    Der sich heftig sträubende Johannes vom Berge wurde von zwei Rittern an den Armen gepackt und aus seinem Sessel gezerrt. Als sie ihn gerade aus dem Saal schleifen wollten, hielt Willekin Aios die Männer auf.
    »Haltet ein!«, rief er in gebieterischem Ton.
    »Was ist denn noch?«, fragte Gerhard II. den Bürgermeister. »Bei allem Respekt, Aios. Dies sind meine Männer. Nur ich erteile ihnen Befehle.«
    »Ich weiß«, gab der kleine Mann mit der dunklen Stimme zurück. »Doch unter den gegebenen Umständen nehme ich mir die Freiheit heraus, Euren Männern zu sagen, dass sie Vater Everard gleich mitnehmen sollen.«
    »Was?«, brauste der Geistliche auf. »Das könnt Ihr doch nicht machen.«
    »Warum nicht?«, fragte Gerhard II. mit einem boshaften Lächeln und gab seinen Männern einen Wink. Sofort ergriffen diese neben dem Ratsmann auch noch den Geistlichen und führten beide unter einiger Gegenwehr und heftigen Protesten hinaus.
    Der Saal war in Aufruhr, und es dauerte eine ganze Weile, bis wieder Ruhe einkehrte.
    Willekin Aios ging zurück zu seinem Sessel und setzte sich wieder. Johann Schinkel und die Grafen taten es ihm nach. Langsam ließ der Bürgermeister die Arme auf die gepolsterten Lehnen sinken und umfasste die geschwungenen Enden mit
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