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Tochter des Ratsherrn

Tochter des Ratsherrn

Titel: Tochter des Ratsherrn
Autoren: J Tan
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die gerechte Strafe zuteil wird.«
    Johannes vom Berge starrte Godeke hasserfüllt an. »So, so. Eine Hütte im Wald, sagt Ihr? Dann erklärt den hohen Herren hier im Saal mal, wie ich all diese grausamen Verbrechen, deren Ihr mich hier bezichtigt, gleichzeitig habe ausführen können, wenn ich doch die ganze Zeit über in Hamburg oder Plön gewesen sein soll?«
    »Pah!«, rief Godeke verächtlich. »Ihr selbst habt Euch die Hände natürlich nicht schmutzig gemacht. Stattdessen waren es Euer Weib Heseke, das Weib des toten Conrad von Holdenstede, Luburgis, der Bote Bodo und die Magd Johanna. Letztere hat für Euch die Belange meiner Familie ausgekundschaftet, genau wie Vater Everard.«
    »Und warum sollte eine einfache Magd das tun?«, fragte Johannes vom Berge und schaute in die Runde. »Was für einen Grund hätte ein solches Weib, sich in derartige Gefahr zu begeben?«
    Im Saal ertönten zustimmende Rufe.
    »Das wisst Ihr genauso gut wie ich!«, schleuderte Godeke Johannes vom Berge entgegen. »Aus Rache! Aus Rache an ihrer Familie oder vielmehr: an seiner Familie! Die Magd Johanna war in Wahrheit mein Zwillingsbruder Johannes – verkleidet als Frau. Um sich nicht mit seiner männlichen Stimme zu verraten, musste er sich als stumm ausgeben, und das hat er auch getan – bis zum Tage des Kranfestes. Das Wunder auf der Trostbrücke war nichts als Bestandteil eines niederträchtigen Plans! Mein Bruder hat alles getan, um Runa, mich und meine Eltern zu stürzen, und er hat es fast geschafft.«
    Johann Schinkel klappte die Kinnlade herunter. Blitzartig schossen ihm die Worte der Magd Agnes in den Kopf. Johanna habe bereits vorher gesprochen, hatte sie ihm erzählt. Verzeih mir, Agnes, aber ich konnte nicht anders. Ich liebe dich waren ihre Worte gewesen. Nun machte alles einen Sinn. Johanna war ein Mann!
    Noch immer versuchte Johannes vom Berge, die Beschuldigungen mit gespielter Gelassenheit abzuwiegeln. »Wo sind Eure Beweise? Wo ist diese Magd, die angeblich ein Mann ist?«
    Aller Augen richteten sich erwartungsvoll auf Godeke, gespannt, ob er den geforderten Beweis erbringen konnte.
    »Ja, wo ist diese Magd jetzt?«, fragte nun auch der Bürgermeister.
    »Es hat einen Kampf in der Hütte gegeben, bei dem Bodo, Luburgis und auch Thiderich ums Leben gekommen sind. Johannes ist geflohen.«
    »Ha, da haben wir es!«, rief Johannes vom Berge und lachte spöttisch. »Nichts als leere Worte!«
    Die Menge im Saal geriet nun erneut außer sich. Einwürfe, Fragen, Zustimmungen und Gegenstimmen schwollen an zu ohrenbetäubendem Lärm.
    Willekin Aios versuchte, sich trotz allem zu konzentrieren. Jäh kam ihm der geheime Brief in den Sinn, der unvermittelt auf seiner Schwelle gelegen hatte. Dieser Brief hatte Albert von Holdenstede so schwer belastet, dass er aus dem Rat ausgeschlossen worden war. Kurz zuvor hatte Johannes vom Berge Albert vorgeworfen, die Grafen mit seinen Zahlungen zu unterstützen. Irgendwas wollte hier einfach nicht zusammenpassen. Willekin Aios schritt zwischen die streitenden Männer und blickte Johannes vom Berge durchdringend an. »Warum habt Ihr die Mühlen in Schiffbek gekauft? Wart nicht Ihr es, der Albert von Holdenstede vorgeworfen hat, die Grafschaft mit Münzen aus seinem Holzhandel zu stärken? Was hat Euch zu Eurem Sinneswandel bewogen?«
    Gerhard II. richtete seinen trüben Blick, der mit einem Mal etwas Bedrohliches bekam, auf Johannes vom Berge. »Das würde ich jetzt auch gerne wissen«, sagte er mit grimmiger Stimme.
    »Kann es vielleicht sein«, setzte Willekin Aios nach, »dass Ihr den Grafen Gerhard II. nur deshalb so freigiebig mit Euren Münzen unterstützt habt, da es gar nicht die Euren gewesen sind?«
    Wieder wurden Fragen der Umstehenden laut. Was für eine empörende Unterstellung, und das aus dem Munde von Willekin Aios, der dafür bekannt war, ein besonders gerechter Mann zu sein! Nun war es um des Ratsherrn Beherrschung geschehen. Auf seinem Gesicht zeichnete sich Furcht ab. Er wusste nicht, an wen er sich zuerst wenden sollte, entschied sich dann aber für den Grafen. »Mein Fürst, niemals würde ich Euren Wünschen zuwiderhandeln. Es wird sich alles aufklären. Das Geschäft mit den Mühlen war für mich äußerst erfreulich, und ich …«
    »Haltet den Mund«, fiel ihm der Graf unwirsch ins Wort. Dann richtete er die trüben Augen auf Godeke und fragte: »Habt Ihr Beweise für das, was Ihr sagt? Wo ist dieser Thiderich jetzt?«
    »Ich habe ihn aus der Hütte im Wald in
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