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Tochter Des Krieges

Tochter Des Krieges

Titel: Tochter Des Krieges
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sagte Thomas, der begriffen hatte, »er ist Teil deiner Kriegsbeute. Und der Mann, der ihn geritten hat?«
    »Wartet verzweifelt darauf, dass seine Familie das Lösegeld aufbringt, das ich fordere. Gütiger Himmel, Tom, so viele Grafen, Barone und Herzöge, wie wir gefangen genommen haben – England wird nach diesem Krieg um einiges reicher sein!«
    »Hmm.« Thomas wagte sich etwas näher an den Destrier heran, um ihn genauer in Augenschein zu nehmen, ohne dabei seine Augen und Zähne aus dem Blick zu verlieren. Die Adligen zogen aus zwei Gründen in den Krieg. Zum einen natürlich, weil sie den Krieg gewinnen wollten, und zum anderen, noch wichtiger, um so viele Ritter der feindlichen Streitmacht wie möglich gefangen zu nehmen. Auf dem Schlachtfeld ließ sich wahrlich ein Vermögen verdienen – und verlieren. Wenn es dem schwarzen Prinzen jemals gelang, dem Dauphin ein Lösegeld für König Johann abzupressen, würde England die nächsten Jahrzehnte in Goldmünzen schwimmen. Raby hatte seine Sache offenbar gut gemacht, doch das überraschte Thomas nicht. Sein Onkel war ein hervorragender Krieger und hatte ein gut ausgebildetes und kampferfahrenes Gefolge hinter sich. Zweifellos kehrte jeder seiner Männer nach dem Sieg bei Poitiers wesentlich reicher nach Hause zurück.
    Thomas strich mit der Hand über die Flanke des Rosses und besänftigte den übellaunigen Hengst mit leisen Worten.
    »Ich hoffe«, sagte eine Stimme hinter ihm, »dass Ihr den Ordensgeneral Thorseby ebenso leicht besänftigen könnt wie dieses Tier.«
    Thomas drehte sich vorsichtig um und achtete darauf, den Hengst nicht zu erschrecken, damit er keinen heftigen Huftritt in den Bauch abbekam.
    »Ihr Herren«, sagte er und verneigte sich.
    Eduard, der schwarze Prinz, und sein Bruder, der Herzog von Lancaster, Johann von Gent, hatten sich zu Raby gesellt. Sicher hatten beide nach ihren eigenen Pferden gesehen, um sich zu vergewissern, ob es ihnen gut ging; die Beziehung zwischen Ross und Reiter war von großer Bedeutung, kein Ritter vernachlässigte jemals sein Reittier oder vergaß, es mindestens einmal am Tag zu besuchen.
    Der schwarze Prinz und Lancaster musterten Thomas nachdenklich. Als Junge war er sehr viel versprechend gewesen und seine Abstammung so gut, dass es ein schwerer Schlag gewesen war, ihn an die Kirche zu verlieren.
    Und dass er nun aus dem selbst gewählten Stall entfloh und durch halb Europa galoppierte wie ein durchgegangenes, undressiertes Schlachtross, war eine große Schande.
    »Ich kann verstehen«, sagte Lancaster, »warum ein Mann in den heiligen Orden eintritt. Aber er soll dabei seinen eigenen Willen aufgeben und nur noch Gottes Willen gehorchen, wie ihn die Kirche vertritt. Er sollte nicht Dinge tun, die jedem Vertrauen zuwiderlaufen, das jemals in ihn gesetzt wurde.«
    Thomas verbeugte sich noch einmal, diesmal tiefer. Lancasters ruhige Worte verletzten ihn, wohingegen das Gebrüll des schwarzen Prinzen ihn nur wütend gemacht hatte. Er richtete sich wieder auf und blickte dem Herzog in die Augen. Lancaster war groß, der größte von Eduards Söhnen und ein hagerer, schlanker Mann. Tiefe Furchen zogen sich an beiden Seiten seiner Nase bis zum Kinn und gingen strahlenförmig von seinen Augen aus. Seine Haare, die einstmals dunkelbraun gewesen waren, waren nun zu einem stumpfen Grauton verblasst. Man sah Lancaster die Last seiner Sorgen an, obwohl er nicht krank wirkte wie sein älterer Bruder.
    »Ich bin ein großer Narr gewesen«, sagte Thomas und blickte den schwarzen Prinzen und Lancaster unerschrocken an, »und habe meine Familie und die Krone Englands beschämt. Ich bitte um Eure Gnade und lege mein Schicksal in Eure Hände, bis Ihr mich dem gesegneten Ordensgeneral übergebt.« Thomas neigte den Kopf und faltete die Hände vor der Brust. »Ich bereue mein Benehmen zutiefst, Ihr edlen Herren.«
    Der schwarze Prinz und Lancaster tauschten kurze Blicke aus. Wie Raby zuvor, glaubten auch sie Thomas’ Worten und seiner demütigen Miene nicht ganz. Es entsprach einfach nicht Thomas’ Wesen… zumindest nicht dem des Thomas, den sie kannten.
    Andererseits waren beide erfahrene Krieger, Höflinge und Diplomaten. Wenn Thomas sein Wort gab, dass er sich ihren Befehlen fügen würde, nun dann…
    »Ich erwarte Eure Weisungen«, sagte Thomas wie auf ein Stichwort. Schließlich war er im selben Umfeld aufgewachsen und hatte dieselben Verhaltensregeln gelernt wie die beiden Prinzen, die nun vor ihm standen.
    »Und werdet
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