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Tochter Des Krieges

Tochter Des Krieges

Titel: Tochter Des Krieges
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kriegsmüden Männern und dem bevorstehenden Winter zum Trotz gen Paris ziehen, um Karl zu einer Entscheidung zu zwingen? Oder sollen wir den Winter hier abwarten… und riskieren, dass Karl eine Streitmacht aushebt, um uns im Frühling gut ausgerüstet entgegenzutreten? Gott weiß, dass Frankreich über weitaus mehr Kräfte verfügt als England. Andererseits vertreten manche die Auffassung, wir sollten einfach mit König Johann nach England zurückkehren und die Verhandlungen von dort aus weiterführen… «
    Thomas nickte und lächelte in sich hinein, als Raby seine Rede unterbrach. Es war klar, welche Entscheidung des schwarzen Prinzen er nicht gutheißen würde.
    Raby beugte sich über den Tisch. »Wir müssen uns auf dem Laufenden halten, und du wirst wesentlich in unserer Gunst steigen, wenn du uns etwas Wichtiges mitteilen kannst.«
    »Aber ihr wusstet doch bereits, dass ich zu euch kommen und euch eine Botschaft von Philipp bringen würde. Ihr wusstet, dass ich den Konvent Sant’ Angelo in Rom verlassen und, nun ja, Erscheinungen gehabt habe. Der Prior von Sant’ Angelo muss Thorseby benachrichtigt haben, und der Ordensgeneral hat daraufhin den schwarzen Prinzen in einem Brief gebeten, mich festzunehmen. Aber woher wusstet ihr, dass Philipp mich zu euch schicken würde?«
    »Weil halb Frankreich davon gewusst hat«, knurrte Raby und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. »Bolingbroke hat seine Spione, und einer von ihnen hat die Nachricht weitergeleitet, dass du mit Philipp gesprochen hast und unterwegs zu uns bist. Es brauchte nicht viel Phantasie, um sich auszurechnen, dass Philipp die Gelegenheit nutzen würde, um uns mit dem plötzlichen Angebot eines Bündnisses aus der Fassung zu bringen.«
    Raby stand auf. »Aber solange wir hier am Tisch sitzen und Äpfel essen, werden wir gar nichts entscheiden. Komm mit. Diese Untätigkeit ist schwer zu ertragen. Ich will dir mein neues Schlachtross zeigen – der schönste Destrier, den ich je gesehen habe –, und währenddessen kann ich dir von unserem glorreichen Sieg über Johann berichten.«
    Sein Gesicht leuchtete auf. »Schließlich haben wir immer noch den französischen König in unserer Gewalt! Wenn wir hungrig genug sind… nun, dann können wir ihn vielleicht essen!«
    Thomas lachte und erhob sich. »Werde ich nicht streng bewacht? Musst du mir nicht das Schwert an die Kehle halten?«
    Raby hielt inne und betrachtete Thomas. »Gibst du mir dein Wort, dass du nicht fliehen wirst?«
    »Du hast mein Wort.«
    »Dann kannst du dich in der Festung frei bewegen. Komm mit, Neffe, ich will sehen, ob dein Auge für Pferde immer noch so gut ist wie früher.«

Kapitel Zwei
     
    Am Fest von Allerheiligen
    Im einundfünfzigsten Jahr der Regentschaft Eduard III. (Montag, 1. November 1378)
     
    – II –
     
     
     
    Raby führte Thomas zu den Ställen hinunter, machte jedoch einen kleinen Umweg, um seinem Neffen das Gefolge zu zeigen, das er selbst zum Feldzug des schwarzen Prinzen beigesteuert hatte. Raby hatte fünfundzwanzig Ritter mitgebracht – jeder mit mindestens drei Pferden und einem Gefolge von Adjutanten, Edelknappen und Pagen –, sechsundvierzig Bewaffnete, die jeweils über zwei Pferde und einen Kammerdiener verfügten, sechzig berittene Langbogenschützen (jeder mit nur einem Pferd, da sie eher zu Fuß kämpften als auf dem Pferderücken, und insgesamt fünfzehn Adjutanten) sowie fast achtzig Fußsoldaten. Er war mit seinem Beitrag sehr zufrieden. Besonders stolz war Raby auf seine Langbogenschützen. Sie waren Veteranen der Kriege König Eduards gegen die immer wieder aufbegehrenden Schotten und überaus erfahren. Raby prahlte gern damit, dass jeder von ihnen während der Schlacht bei Poitiers mindestens vierzig französische Berittene zur Strecke gebracht hatte.
    Die meisten Männer befanden sich in ihren Quartieren; manche säuberten ihre Bogen und bespannten sie neu, manche reinigten ihre Schwerter und ölten sie gegen die feuchte Witterung des Winters ein. Die Bogenschützen waren zusätzlich zu ihren Bogen auch mit Schwertern und Dolchen ausgerüstet. Vielen wurden gerade die Haare geschnitten – die Bogenschützen mussten ihr Haar sehr kurz tragen, damit es sich nicht in den Bogensehnen verfing –, einige befiederten Pfeile neu und andere räumten ihre Quartiere auf. Dabei war es ihnen weniger um die Ordnung zu tun als darum, dass eine Festung, die nicht vorbildlich sauber gehalten wurde, schneller von Krankheiten heimgesucht wurde. Die
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