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Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte

Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte

Titel: Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte
Autoren: Lawrence Beesley
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Zusammenstoßes berührt, denn der Eindruck, den diese gesteigerten
Vibrationen in meinem Gedächtnis hinterlassen haben, ist so stark, daß ich ihn
hier erwähnen muß. Zwei Dinge bringen mich zu dieser Annahme; erstens, als ich
ausgezogen auf meinem Sofa saß, mit nackten Füßen auf dem Boden, spürte ich
deutlich den Strom der Vibrationen direkt aus den Maschinen unter mir; und
zweitens, als ich mich in meiner Koje zum Lesen aufrichtete, vibrierten die
Sprungfedern meiner Matratze schneller als sonst. Diese Schwingungen waren zwar
immer zu spüren, wenn man im Bett lag, aber in dieser Nacht war mit Sicherheit
eine Verstärkung der Bewegungen zu bemerken. Mit Hilfe des Schiffsplans [Seite
14/15] kann man erkennen, daß die Vibrationen direkt von unten gekommen sein
müssen, denn der Salon lag unmittelbar über den Maschinen – und meine Kabine
lag direkt neben dem Salon. Diese beiden Eindrücke und die Überlegung, daß
größere Vibrationen eine höhere Geschwindigkeit bedeuten – ich vermute, daß es
so ist –, machen mich sicher, daß wir schneller fuhren als je zuvor in der
Nacht, als wir den Eisberg rammten – zumindest während der Stunden meines
Wachseins, als ich es bemerken konnte. Und dann…
    … wie ich so
in der Stille der Nacht las, nur unterbrochen von undefinierbaren Geräuschen,
die durch die Lüftungen drangen, von Gesprächsfetzen der Stewards, die sich
über die Gänge bewegten,
    … als fast alle
Passagiere in ihren Kabinen waren, einige schlafend in ihrem Bett, andere sich
entkleidend; oder andere, die gerade aus dem Rauchsalon kamen und sich über
viele Dinge unterhielten,
    … dann trat
das ein, was auf mich nicht mehr wirkte, wie eine zusätzliche Anstrengung der
Maschinen und eine weitere gewöhnliche, deutliche Bewegung der Matratze, auf
der ich saß. Nichts mehr als das – kein krachendes Geräusch oder etwas in der
Richtung, kein Eindruck von Schock, kein Mißton, wie er sein könnte, wenn sich zwei
schwere Körper treffen. Und kurz darauf wiederholte es sich mit der gleichen
Intensität. Es kam mir der Gedanke, daß sie nochmals die Geschwindigkeit erhöht
hätten. Während dieser Zeit über wurde die Titanic aufgerissen durch den
Eisberg, und Wasser stürzte in ihre Seite, und kein Ereignis zeigte uns an, daß
dieses Desaster jetzt passierte. Es erfüllt mich heute noch mit Überraschung,
wenn ich daran denke.
    Überdenken
Sie mal die Frage des Ausweichens zur anderen Seite für sich allein. Da war
dieses enorme Schiff, das steuerbordseitig auf einen Eisberg fährt, und ein
Passagier sitzt ruhig lesend im Bett, fühlt keine Bewegung oder einen Stoß in
die Gegenrichtung oder nach Backbord, und dieser müßte doch gefühlt werden,
wenn es mehr als ein gewöhnliches Rollen des Schiffes gewesen wäre in dem
ruhigen Wetter, das wir die ganze Zeit über hatten. Noch einmal: Meine Koje war
an der Wand der Steuerbordseite festgemacht, und jeder Stoß nach Backbord hätte
mich auf den Boden werfen müssen: Ich bin sicher, daß ich ihn bemerkt hätte –
wenn es ihn gegeben hätte. Und in der Tat ist die Erklärung ganz einfach: Die Titanic rammte den Eisberg mit der geballten Kraft von über 1 Million Fußtonnen.
Ihre Beplankung, die eine geringere Stärke als 1 Zoll hatte, muß geschnitten worden
sein, als wenn ein Messer Papier schneidet; deshalb gab es keinen Grund für ein
Ausweichen zur anderen Seite [die »Schlitztheorie« ist widerlegt, der Stoß war
hinten durch die momentane Lage des Schiffes einfach schwächer]. Aber es wäre
besser gewesen, es hätte einen Stoß gegeben oder wenigstens einen Widerstand in
der Bewegung, und dieser hätte uns aus den Betten geworfen. Denn so hätte es
einen Hinweis gegeben, daß unsere Außenhaut nicht kräftig genug gewesen ist,
und wir wären heute alle in Sicherheit. Und so, ohne einen Gedanken daran zu
verschwenden, daß etwas Ernsthaftes mit dem Schiff passiert sein könnte, nahm
ich das Lesen wieder auf, begleitet vom Gemurmel der Stewards und dem aus den
anliegenden Kabinen. Kein anderes Geräusch, kein Schrei in der Nacht, keine
Alarmmeldung, niemand aufgeregt – es gab wirklich nichts, das selbst
ängstlichen Menschen hätte Furcht einflößen können.
    Aber nach
einiger Zeit fühlte ich die Maschinen sich verlangsamen und dann stillstehen,
die tanzenden Bewegungen und die Schwingungen, die Teil unseres täglichen
Lebens waren, verstummten plötzlich, und das war der erste Hinweis, daß etwas
Außergewöhnliches passiert war. Wir
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