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Titan 20

Titan 20

Titel: Titan 20
Autoren: Brian W. Aldiss , Wolfgang Jeschke
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daß eine Verfolgung nicht mehr möglich war.
    Die Anspannung ihrer Flucht hatte sie davon abgehalten, an die Konsequenzen ihres Handelns zu denken.
    Jetzt, da sie für den Augenblick sicher war, kam sie sich ausgepumpt und erschöpft vor. Sie weinte zum erstenmal seit sie ein Kind gewesen war. Als dann keine Tränen mehr kommen wollten, schlief sie.
     
     
II
Calna
     
    Sarrz stand in militärischer Haltung vor dem Direktor. Er war von der Standpauke, die er sich gerade hatte anhören müssen, noch leicht benommen. Das hagere Gesicht des Direktors verriet Verachtung.
    Sarrz versuchte es noch einmal. Er sagte: »Aber noch kein Agent hat bisher ...«
    »Seien Sie ruhig! Als ich Sie verhaften ließ – welchen Befehl wollten Sie da gerade erteilen?«
    »Ich hatte Agent Solin befohlen, sich nach Ära 4 zu begeben und dort den Körper von Andro zu zerstören. Ich dachte, sie würde sofort versuchen ... sehen Sie, es gibt da eine gefühlsmäßige Beziehung ... es schien mir logisch, daß ...«
    »Erinnern Sie sich an Ihre Geschichtslektionen, Sarrz? Was, im einfachsten Sinne, war Krebs?«
    »Nun ... unkontrolliertes Zellenwachstum, das mit einer Rebenzelle begann und ...«
    »Jeder Agent, Sarrz, der mit einem Agentenschiff ausgerüstet ist, kommt dem Begriff der Unverwundbarkeit sehr, sehr nahe. Wir haben es zum erstenmal in der Geschichte der Sozionetik mit einem Agenten zu tun, der aus dem Gleichgewicht geraten ist. Sie hätten es so eingerichtet, daß sie an jenen Ort zurückgekehrt wäre und diesen Andro vernichtet vorgefunden hätte. Rache ist ein typisches Gefühl für ein aus dem Gleichgewicht geratenes Bewußtsein. Was hätte sie dann daran gehindert, das Schiff und ihre Mobilität dafür zu verwenden, an alle Probabilitätsrahmen innerhalb unserer Reichweite einzudringen und dort ein Höchstmaß an Zerstörung anzurichten?«
    Sarrz wurde bleich. »Aber ...«
    »Eine Rebenzelle in unserer Struktur, Sarrz. Denken Sie daran. Wenn wir nicht zweiundzwanzig Schwestergalaxien verlieren wollen, müssen wir sie beseitigen. Wahrscheinlich glauben Sie jetzt, dies sei eine Überreaktion. Agentin Calna hörte auf, berechenbar zu sein, als sie die ganze Operation in Ära 4 gefährdete. Verletzt und zornig, wie sie jetzt ist, ist sie imstande, zweiundzwanzig Kulturen aus ihrer extrapolierten Bahn zu werfen. Die Behauptung, sie besitze noch genügend Loyalität, um sie davon abzuhalten, ist reines Wunschdenken. Ich möchte, daß jedes verfügbare Außenteaminformiert und dem Planeten zugewiesen wird, den Ära 4 als Zeran bezeichnet. Ich möchte, daß dort eine Falle aufgebaut wird, die sie beim Anflug an den Planeten nicht bemerkt, und der sie nachher nicht mehr entschlüpfen kann. Ist das klar?«
    »Das ist klar«, sagte Sarrz mit einiger Mühe.
    »Unterdessen fahren Sie mit Ihrem Plan fort, Shain durch Solin und dem Team auf Ral einen Beweis für den Tod seines jüngsten Sohnes zu liefern. Aber warnen Sie Solin davor, Andro zu töten. Das darf unter keinen Umständen geschehen. Erst wenn sich das Mädchen in unserer Gewalt befindet, darf Andro ohne Gefahr für die Operation liquidiert werden.«
    Als Deralan ein junger Mann gewesen war, hatte er den Weltraumflug nicht gefürchtet. Er stand als Gast auf der Brücke des Flaggschiffs der Polizeiflotte, die nach Rael zurückkehrte. Er kehrte zurück, um Shain die völlige Vernichtung der Überreste von Andros Rebellenstreitkraft zu berichten und die Tatsache, daß Andro selbst zum sechstenmal entkommen war.
    Deralan war Realist. Seine Hinrichtung würde schnell und relativ schmerzlos erfolgen. Eine Zeitlang hatte er mit dem Gedanken gespielt, Shain zu belügen, aber solche Lügen führten geradewegs in die Folterkammern unter dem Hauptpalast, und dort würde Deralan schreien und brüllen, bis Shain die Wahrheit herausfand und ihm dann den Tod schenkte.
    In seiner Jugend hatte er die großen, brausenden, dröhnenden Schiffe als Teil eines Lebens hingenommen, das sich nie verändern würde. Jetzt wußte er um die riesigen Felder, wo Zehntausende dieser Schiffe dahinrosteten, da niemand mehr über die Fähigkeit verfügte, sie zu reparieren. Wenn der Antrieb während des Fluges ausfiel, waren Mannschaft und Passagiere tot. So einfach war das.
    Und das war schon häufig geschehen. Irgendwie hatte die Menschheit die Fähigkeiten verloren, die sie einmal besessen hatte. Er brauchte bloß das aufgedunsene Gesicht des Kapitäns anzusehen, der das Flaggschiff befehligte und jetzt vor dem
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