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Titan 16

Titan 16

Titel: Titan 16
Autoren: Ben Bova , Wolfgang Jeschke
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als Frage auf und lachte. »Nicht besonders viel. Auf Ihr Wohl«, dann tranken wir. »Ich hab’ einmal einen Lastwagen für die Filmbörse gefahren.« Das amüsierte ihn.
    »Fremd hier?«
    »Ja und nein. Hauptsächlich ja. Ich mußte wegen meiner Stirnhöhlen hier weg, und dann haben meine Verwandten mich wieder zurückgeholt. Aber das ist jetzt vorbei; das Begräbnis meines Vaters war letzte Woche.« Er sagte, daß ihm das leid täte, und ich meinte, das brauchte es nicht. »Er hatte es auch mit den Stirnhöhlen zu tun.« Das war ein Witz, und er füllte die Becher aufs neue. Wir unterhielten uns eine Weile über das Detroiter Klima.
    Schließlich meinte er, etwas tastend: »Hab’ ich Sie nicht gestern abend hier gesehen? Gegen acht.« Er stand auf und holte eine frische Flasche.
    Ich rief ihm nach: »Für mich kein Bier mehr.« Er brachte trotzdem eine Flasche, und ich sah auf die Uhr: »Also gut, eines noch.«
    »Waren das Sie?«
    »War ich was?« Ich hielt ihm meinen Pappbecher hin.
    »Waren Sie nicht gestern…«
    Ich wischte mir den Schaum vom Schnurrbart. »Gestern abend? Nein, ich wollte, ich wäre es gewesen. Dann hätte ich meinen Bus erwischt. Nein, gestern abend um acht war ich in der Motor‐Bar. Und um Mitternacht war ich immer noch dort.«
    Er kaute nachdenklich auf seiner Unterlippe. »Die Motor‐Bar. Etwas weiter unten an der Straße?« Ich nickte. »Die Motor‐Bar. Hm‐m‐m.« Ich sah ihn an. »Möchten Sie gerne… sicher möchten Sie.« Ehe ich begriffen hatte, wovon er redete, ging er nach hinten und rollte hinter der Sperrholzwand einen großen Musikschrank, eine dieser Radio‐Plattenspieler‐Kombinationen, heraus und brachte eine weitere Familienflasche. Ich hielt die Flasche, mit der wir gerade zugange waren, ans Licht. Noch halb voll. Ich sah auf die Uhr. Er rollte den Musikschrank gegen die Wand und hob die Klappe auf, um an die Skala zu kommen.
    »Greifen Sie mal hinter sich, ja? Der Schalter ist an der Wand.« Ich konnte an den Schalter ohne aufzustehen und knipste ihn an. Das Licht ging aus. Damit hatte ich nicht gerechnet und tastete herum. Dann wurde es wieder hell, und ich lehnte mich erleichtert zurück.
    Aber die Lichter waren gar nicht eingeschaltet; ich blickte auf die Straße hinaus!
    Nun müssen Sie wissen, daß das alles geschah, während mir das Bier aus dem Mund rann und ich versuchte, auf einem wackeligen Stuhl mein Gleichgewicht zu bewahren – die Straße bewegte sich, nicht ich, und es war Tag, und es war Nacht, und ich stand vor dem Book‐Cadillac und ging in die Motor‐Bar und beobachtete mich dabei, wie ich ein Bier bestellte und wußte, daß ich hellwach war und nicht träumte. In meiner Panik schoß ich in die Höhe und warf Stühle und Bier um wie ein wildgewordener Regenschirm, während ich mir die Nägel abriß bei dem verzweifelten Versuch, den Lichtschalter zu ertasten. Bis ich ihn gefunden hatte – wobei ich mich die ganze Zeit dabei beobachtete, wie ich auf die Bar hämmerte und nach dem Barkeeper rief – , war ich reif für einen Nervenzusammenbruch. Mitten aus einem ganz gewöhnlichen Tag herausgerissen und in einen Alptraum gestürzt! Und dann fand ich endlich den Schalter.
    Der Mexikaner musterte mich mit dem seltsamsten Gesichtsausdruck, den ich je gesehen hatte. Wie wenn er einen Köder in eine Mausefalle gelegt und einen Frosch gefangen hätte. Mich? Wahrscheinlich sah ich aus, als hätte ich den Teufel selbst gesehen. Vielleicht hatte ich das sogar. Der ganze Boden war voll Bier, und ich schaffte es nur mit Mühe zum nächsten Stuhl.
    »Was…«, stieß ich schließlich heraus, »was war das?«
    Die Klappe des Musikschranks fiel herunter. »So war mir beim erstenmal auch zumute. Das hatte ich vergessen.«
    Meine Finger zitterten noch zu sehr, um eine Zigarette herauszuholen, und ich riß die obere Hälfte der Packung einfach ab. »Ich habe gesagt, was war das?«
    Er setzte sich. »Das waren Sie, in der Motor‐Bar, gestern abend um acht.« Ich muß ihn völlig ausdruckslos angesehen haben, als er mir einen frischen Pappbecher reichte. Ich hielt ihn ihm automatisch zum Füllen hin.
    »Jetzt hören Sie mal…«, fing ich an.
    »Wahrscheinlich ist es ein Schock. Ich hatte schon vergessen, wie mir beim erstenmal zumute war. Ich… mir macht es jetzt nicht mehr viel aus. Morgen gehe ich zu Phillips Radio.« Das verstand ich nicht, und das sagte ich ihm auch. Er fuhr fort:
    »Ich bin erledigt. Pleite. Mir ist jetzt alles egal. Ich laß mich mit
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