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Titan 14

Titan 14

Titel: Titan 14
Autoren: Ben Bova , Wolfgang Jeschke
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davonzuklettern, sah er ein kleines blondes Mädchen in einer Art Kittel, der ebenfalls weiß war. Sie mochte etwa vierzehn Jahre alt sein, dachte der Kapitän – jedenfalls ein hilfloses Kind.
    »Was wollen Sie?« knurrte der Dicke und deutete mit seinem Stock mit einiger Würde auf den Kapitän.
    »Lassen Sie das Kind in Frieden!« polterte der Kapitän und schob sich in den Hof.
    »Kümmern Sie sich um Ihre eigenen Angelegenheiten!« schrie der Dicke und fuchtelte mit dem Stock wie mit einer Keule herum. »Der werd’ ich’s schon besorgen! Sie…«
    »Das hab’ ich nicht getan!« jammerte das Mädchen. Sie fing zu weinen an.
    »Versuchen Sie es nur, Sie Fettwanst!« warnte der Kapitän. »Dann ramme ich Ihnen den Stock in den Hals!«
    Er war jetzt ganz nahe. Der Dicke stieß ein wildes Knurren aus, zog seinen Fuß aus der Kiste, wirbelte plötzlich herum und ließ das Stockende dem Kapitän auf den Kopf sausen. Der Kapitän schlug sofort zurück und trieb ihm die Faust in den Magen.
    Nach einem kurzen Handgemenge, das von den Kisten einigermaßen behindert wurde, erhob sich der Kapitän mit finsterer Miene und schweratmend. Der Dicke blieb auf dem Boden sitzen und keuchte »… die Polizei!«
    Etwas überrascht stellte der Kapitän fest, daß das Mädchen jetzt hinter ihm stand. Als sie seinen Blick bemerkte, lächelte sie.
    »Ich heiße Maleen«, stellte sie sich vor. Dann deutete sie auf den Dicken. »Ist er ernsthaft verletzt?«
    »Hm – nein!« keuchte der Kapitän. »Aber vielleicht sollten wir…«
    Doch dafür war es bereits zu spät. Eine laute, selbstbewußte Stimme war jetzt von der Gasse her zu vernehmen:
    »So, so, so, so, so!« sagte die Stimme in jenem tadelnden, die Lage völlig kontrollierenden Tonfall, der dem Kapitän immer der gleiche zu sein schien, gleichgültig, auf welcher Welt und in welcher Sprache er ihn hörte.
    »Was geht hier vor?« erkundigte die Stimme sich rhetorisch.
    »Sie werden mitkommen müssen!« gab sie sich dann selbst Antwort.
    Gerichtsverhandlungen auf Porlumma schienen sehr effizient und rund um die Uhr durchgeführt zu werden. Sie waren der nächste Fall, der aufgerufen wurde.
    Nikkeldepain sei ein seltsamer Name, nicht wahr?, lächelte der Richter. Und dann hörte er sich aufmerksam die verschiedenen Anträge, Gegenanträge und Einsprüche an.
    Bruth, der Bäcker, wurde bezichtigt, den Bürger einer ausländischen Regierung mit einem potentiell tödlichen Gegenstand auf den Kopf geschlagen zu haben – der potentiell tödliche Gegenstand wurde als Beweisstück vorgelegt. Besagter Bürger hatte zugegebenermaßen den Versuch unternommen, Bruth an der Bestrafung seiner Sklavin Maleen zu hindern – die ebenfalls als Beweisstück vorgeführt wurde –, die er verdächtigte, dem Kuchen, den er am Nachmittag hergestellt hatte, etwas hinzugefügt zu haben, was bei zweiundfünfzig von Bruths Kunden zu Unwohlsein und Klagen geführt hatte.
    Besagter ausländischer Bürger hatte Bruth auch noch durch Worte beleidigt – nach einigem Zureden bekannte sich der Kapitän zu ›Fettwanst‹.
    Das Verhalten Bruths konnte in gewissem Maße als provozierend ausgelegt werden, aber nicht hinreichend. Bruth erblaßte.
    Kapitän Pausert, Bürger der Republik Nikkeldepain – inzwischen lächelten alle mit Ausnahme der Gefangenen – wurde (a) besagter Behinderung, (b) besagter Beleidigung, (c) der Körperverletzung im Verlauf des anschließenden Disputs bezichtigt.
    Der Schlag auf den Kopf wurde als Provokation für die Anklage unter (c) betrachtet – aber nicht hinreichend.
    Niemand schien die Sklavin Maleen irgendeiner Freveltat zu bezichtigen. Der Richter sah sie nur eigenartig an und schüttelte den Kopf.
    »So wie das Gericht diesen bedauerlichen Zwischenfall sieht«, bemerkte er, »dürfte das zwei Jahre für Sie geben, Bruth, und etwa drei Jahre für Sie, Kapitän. Schade!«
    Der Kapitän hatte das Gefühl, er würde gleich ertrinken. Er hatte schon einiges von den Gerichtsmethoden hier in den Randsystemen gehört. Wahrscheinlich würde es möglich sein, sich irgendwie aus diesen drei Jahren herauszuwinden, aber es würde teuer kommen.
    Er bemerkte, daß der Richter ihn nachdenklich studierte.
    »Das Gericht räumt ein«, fuhr er fort, »daß die dieser Anklage zugrunde liegenden Handlungen des Kapitäns in erster Linie auf das natürliche Mitgefühl für die Lage der Sklavin Maleen zurückzuführen sind. Das Gericht möchte deshalb folgende Regelung vorschlagen – und würde
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