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Titan 12

Titan 12

Titel: Titan 12
Autoren: Ben Bova , Wolfgang Jeschke
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der sich wegen seines zynischen kleinen Spiels plötzlich schämte. »Vergessen Sie es.«
    »Mein Spezialgebiet ist der Rhodomagnetismus«, fügte der Alte hinzu.
    »He?« Underhill schätzte es gar nicht, wenn er seine Unwissenheit eingestehen mußte, aber davon hatte er noch nie gehört. »Seit fünfzehn Jahren arbeite ich nicht mehr in diesem Gebiet«, erklärte er. »Ich fürchte, da habe ich einiges verpaßt.«
    Der Alte lächelte sanft. »Diese Wissenschaft war bis vor ein paar Tagen, als ich hier ankam, auf diesem Planeten noch unbekannt«, sagte er. »Mir ist es gelungen, die grundlegenden Patente zu beanspruchen. Sobald die ersten Lizenzgebühren hereinkommen, werde ich wieder wohlhabend sein.«
    Underhill hatte so etwas schon oft gehört. Die ernste Zurückhaltung des alten Knackers war sehr beeindruckend gewesen, aber er erinnerte sich, daß die meisten von Auroras Mietern ihre Geschichten sehr plausibel aufgetischt hatten.
    »So?« Underhill starrte fasziniert auf die knochigen, vernarbten und irgendwie sehr fähig wirkenden Hände des Alten. »Was genau ist Rhodomagnetismus?«
    Er lauschte aufmerksam den sorgfältigen, bedächtigen Erklärungen des Alten und begann sein kleines Spiel wieder. Fast alle von Auroras Mietern hatten ganz schön verrückte Geschichten auf Lager gehabt, aber diese übertraf sie alle.
    »Eine universelle Kraft«, sagte der stoppelbärtige alte Vagabund leise. »So fundamental wie Ferromagnetismus oder Gravitation, obwohl die Auswirkungen nicht so offensichtlich sind. Sie ist beschränkt auf die zweite Triade des periodischen Systems, auf Rhodium, Ruthenium und Palladium, so wie der Ferromagnetismus sich auf die erste Triade beschränkt, auf Eisen, Nickel und Kobalt.«
    Underhill hatte noch genug von seiner technischen Ausbildung im Kopf, um den grundsätzlichen Fehler in dieser Behauptung zu erkennen. Palladium wurde hauptsächlich in der Uhrenherstellung verwendet, eben weil es völlig unmagnetisch war. Aber er ließ sich nichts anmerken. Er war keineswegs boshaft und spielte dieses kleine Spiel nur um seines ureigenen Vergnügens willen. Noch nicht einmal Aurora wußte davon, und er zog sich sogar immer einen Punkt ab, wenn es ihm einmal nicht gelang, seine Zweifel zu verbergen.
    »Ich dachte, die universellen Kräfte seien alle schon recht gut bekannt«, sagte er bloß.
    »Die Auswirkungen des Rhodomagnetismus werden von der Natur verschleiert«, erklärte Sledge geduldig. »Außerdem benehmen sie sich manchmal paradox, so daß man sie mit gewöhnlichen Labormethoden nicht nachweisen kann.«
    »Paradox?« fragte Underhill, neugierig geworden.
    »In ein paar Tagen kann ich Ihnen Kopien meiner Patente und Abdrucke meiner Arbeiten, die die Demonstrationsversuche beschreiben, zeigen«, versprach der Alte feierlich. »Die Fortpflanzungsgeschwindigkeit ist unendlich. Die Wirkung ist umgekehrt proportional zur Entfernung und nicht, wie üblich, zum Entfernungsquadrat. Und gewöhnliche Materie – bis auf die Elemente der Rhodium‐Triade – kann von den rhodomagnetischen Strahlen durchdrungen werden.«
    In seinem kleinen Spiel waren das die nächsten vier Punkte. Underhill fühlte sich Aurora sogar etwas zu Dankbarkeit verpflichtet, daß sie solch einen bemerkenswerten Zeitgenossen aufgegabelt hatte.
    »Rhodomagnetismus wurde erstmals bei der mathematischen Erforschung des Atoms entdeckt«, fuhr der Alte fast schwärmerisch und völlig arglos fort. »Die rhodomagnetische Komponente ist notwendig, um das sehr penible Kräftegleichgewicht im Atomkern aufrechtzuerhalten. Folglich kann man rhodomagnetische Wellen bestimmter atomarer Frequenzen dazu benutzen, dieses Gleichgewicht zu stören und eine nukleare Instabilität hervorzurufen. Bei den meisten schweren Atomen – im allgemeinen die über Palladium, Ordnungszahl sechsundvierzig – kann solch eine künstliche Kernspaltung hervorgerufen werden.«
    Underhill fügte einen weiteren Punkt zu seinem Guthaben und versuchte zu verhindern, daß seine Augenbrauen sich spöttisch hochzogen. »Die Patente auf solche Entdeckungen müssen sehr einträglich sein«, sagte er nur.
    Der Alte nickte heftig mit dem Kopf. »Es gibt viele Anwendungsmöglichkeiten, und meine Patente decken die meisten von ihnen ab. Denken sie nur an die mögliche Beschleunigung der interplanetaren und interstellaren Kommunikation. Drahtlose Energieübermittlung über weite Strecken hinweg. Ein rhodomagnetischer Inflexionstrieb, der es ermöglicht, die
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