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Timoken und der Trank der Unsterblichkeit

Timoken und der Trank der Unsterblichkeit

Titel: Timoken und der Trank der Unsterblichkeit
Autoren: Jenny Nimmo
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ihrem Gebieter, in seinen düsteren Palast unter dem Waldboden. Die große Halle wurde vom phosphoreszierenden Schein von Tausenden Stalaktiten beleuchtet. Degal saß auf einem Thron, der in schwarzen Marmor gemeißelt und mit Smaragden besetzt war.
    „Wo ist es?“ Lord Degals Stimme donnerte wie rauschendes Wasser in einer tiefen Höhle. „Wo ist das Netz der letzten Mondspinne?“
    Der Wald-Dschinn befreite sich aus den Schlingpflanzen, breitete seine zarten Flügel aus, als wollte er davonfliegen, und sagte: „Es ist an einem Ort, den ihr niemals finden werdet.“
    Lord Degals rote Augen funkelten wütend. Mit seinem wurzelähnlichen Finger zeigte er auf den Wald-Dschinn und kreischte: „Du wirst uns zeigen, wo es ist, oder du wirst unerträgliche Qualen erleiden.“
    Doch der Wald-Dschinn wich keinen Schritt zurück. Mit seiner lieblichen und klaren Stimme verkündete er: „Ich bin eins mit dem Netz der letzten Mondspinne. Ich bin eins mit dem Ring aus Spinnenseide. Und ich bin eins mit dem Jungen, der ewig leben wird.“ Dann schlug er mit seinen zarten Flügeln und verschwand.
    Als Timoken elf Jahre alt war, geschah das Undenkbare. Das verborgene Königreich wurde überfallen.
    Von dem Tag an, als der Wald-Dschinn aus ihrer Mitte verschwunden war, hatten die Viridees nach dem Mondspinnennetz und der vogelförmigen Flasche gesucht. Lord Degal ging sogar ein Bündnis mit einem blutrünstigen menschlichen Volksstamm aus dem Osten ein. Als Gegenleistung für die Unterstützung der Stammeskrieger bei der Suche nach dem Spinnennetz versprach er ihnen unermesslichen Reichtum und jedes Königreich, das sie gemeinsam besiegen würden. Und so begannen Jahre des Schreckens, in denen kleine Königreiche von dem mörderischen Volksstamm überfallen und durch die mächtige Hexenkraft der Viridees zerstört wurden.
    Wie eine dunkle Welle breitete sich Lord Degals Armee aus dem Wald jenseits des verborgenen Königreichs über das Land aus. Sowohl die Viridees als auch die Stammeskrieger waren in schwarze Tuniken und schwarze Turbane gehüllt. Sie trugen lange glänzende Säbel bei sich und ihre Trommeln und Schlachthörner übertönten jedes Geräusch bis auf das Trompeten ihrer gewaltigen Elefanten. Die Menschen, die in den Randgebieten des Königreichs lebten, fielen den Säbeln der Angreifer als Erste zum Opfer. Diejenigen, die überlebten, flohen schreiend in Richtung Palast und ließen ihre toten Angehörigen und ihre brennenden Häuser hinter sich zurück. Als Timoken und Zobayda das Donnern der nahenden Armee hörten, kletterten sie auf das Palastdach und sahen die Flammen und die dunklen Gestalten, die von allen Seiten auf sie zukamen.
    Die gewaltigen Palasttore wurden geschlossen und verriegelt. Kurz darauf war das Gebäude von einer brüllenden Meute umzingelt. Im Inneren herrschte nichts als Stille.
    Der König dachte angestrengt nach. Zum ersten Mal in seinem Leben wusste er nicht, was er tun sollte. Doch es gab nur einen Ausweg aus dieser schrecklichen Lage. Er musste sich ergeben und den Angreifern seinen Palast und sein Königreich anbieten. Im Gegenzug mussten sie seinem Volk zusichern, in Frieden dort weiterleben oder das Königreich unbeschadet verlassen zu können.
    Die Kinder sahen ihrem edlen Vater nach, der ausritt, um mit Lord Degal zu verhandeln. Der König trug ein weißes Gewand und hatte eine Friedensfahne bei sich. Degals dunkelgrüne Erscheinung wirkte dagegen wie der Schatten des Königs. Ein großer Smaragd funkelte an seinem Turban und die grüne Schärpe hob sich im Wind, als die beiden Pferde aufeinandertrafen.
    Plötzlich blitzte ein Lichtstrahl über dem Kopf des Königs auf. Nur eine Sekunde später war er von seinem Pferd gestürz t – sein Kopf abgetrennt von Degals glänzendem Säbel.
    Ein tiefes Wehklagen, das vom Fuß des Palastes zu den Kindern heraufdrang, machte ihnen bewusst, was sie zwar mit eigenen Augen gesehen hatten, aber nicht glauben wollten. Ihr Vater war tot. Weinend liefen sie zu ihrer Mutter.
    Als die Menschen ihren gefallenen König sahen, stürzten sie sich mit erhobenen Speeren auf den Feind. Doch sie waren Jäger und keine Soldaten. Und für Degals grausame Armee waren sie keine echten Gegner.
    Mitten im Schlachtgetümmel sah plötzlich einer der königlichen Wachmänner die goldene Krone des Königs im Staub liegen. Als er sie aufhob, stürzte sogleich ein Stammeskrieger mit schwingendem Säbel auf ihn zu. Doch bevor er den Wachmann niederschlagen konnte,
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