Timeout Statt Burnout

selbst.
    Thomas von Aquin
    Wir haben nicht gelernt, uns mit Liebe zu beschenken. Diejenigen, die es uns hätten vorleben und vermitteln können, sind selbst in einem Klima der fehlenden Selbstliebe groß geworden. Kinder übernehmen die innere Einstellung ihrer Eltern. Wenn Eltern aus Liebe zu ihren Kindern immer wieder zurückstecken, so pflanzen sie damit in ihre Kinder die Botschaft ein: »Wenn Du andere liebst, dann musst Du zurückstecken!« Vor allem die Generation der Kriegskinder ist mit dieser Botschaft groß geworden und hat sie unbewusst an die nächste Generation weitergegeben. Aber auch die unzähligenNegativbotschaften, mit denen Kinder und Jugendliche aufwachsen, prägen ihr Selbstbild. Der Fokus von Erziehenden ist viel stärker auf Veränderung ausgerichtet als auf Ermutigung und Annahme.
    Üblicherweise gibt es für Heranwachsende auch keine anderen Zusammenhänge, in denen die Kunst der Selbstliebe gelehrt oder selbstverständlich vorgelebt wird. In der Schule arbeiten zu viele Lehrer, die sehr mit sich und ihren eigenen Überforderungen zu tun haben. Lehrer belegen einen Spitzenplatz beim Thema Burnout und sind damit meist kein gutes Vorbild, wie man mit den Herausforderungen des Lebens angemessen umgehen kann. Auch von einem Schulfach »Selbstliebe« sind wir noch weit entfernt.
    Diejenigen, die sich beruflich um die körperliche Gesundheit von Menschen kümmern, sind Ärzte. Den »Göttern in Weiß« vertrauen sich Patienten nicht selten mit ihrem Leben an. Wenn es um ihre eigene Gesundheit oder sogar um ihr Leben geht, sind Ärzte häufig verantwortungslos – sie sind die Berufsgruppe mit der höchsten medikamentösen Abhängigkeit und der größten Suizidrate.
    Theologen sind zuständig für Fragen rund um das Geheimnis von Sinn, Glauben und Liebe. In der kirchengeschichtlichen Tradition wurde die Selbstliebe häufig verächtlich gemacht. Pfarrer und Priester betonten viel zu oft nur die Schattenseiten der Selbstliebe und predigten die Überwindung von Selbstsucht, Egoismus und Nazismus. Bis heute durchbrechen nur wenige Theologen diese Tradition und werden zu offensiven Ermutigern in Sachen Selbstliebe.
    Es geht uns nicht darum, Eltern oder bestimmte Berufsgruppen zu tadeln.
    Timeout-Tagebuch
    Reflektieren Sie, wie Sie mit sich selbst umgehen:
Was lehne ich an mir ab?
In welchen Situationen gehe ich über meine Grenzen?
Welche Menschen brauche ich, damit es mir gut geht?
Kann ich Komplimente genießen?
In welchen Zusammenhängen könnte ich freundlicher und wertschätzender mit mir umgehen?
    Es geht uns darum aufzuzeigen, dass gerade diejenigen Menschen, die Heranwachsende in den Jahren ihrer emotionalen und geistigen Entwicklung prägen, selbst meist keinen Zugang zur lebensverändernden Kraft der Selbstliebe haben.
    Um einen liebevollen, wertschätzenden Umgang mit uns selbst zu finden und zu kultivieren, müssen wir uns daher selbst auf den Weg machen. Und dieser Weg wird uns mitten hineinführen in unser eigenes Herz.
Sich dem eigenen Herzen zuwenden
    Die Herzensbeziehung zu uns selbst ist das Fundament, auf dem wir alle Beziehungen zu anderen Menschen
aufbauen. Wenn wir keine tiefe und innige Beziehung zu uns selbst haben, können wir auch andere nicht lieben. 33 Jeder Bauherr weiß, wie wichtig ein solides Fundament ist. Er käme nicht auf dieIdee, ein Haus auf Sand zu bauen. Im Bezug auf die Liebe
ist uns dieser Zusammenhang nicht so klar. Viel zu sehr haben wir uns an den lieblosen Umgang mit uns selbst gewöhnt. Wir sind voller Selbstvorwürfe und
Kritik, überschreiten häufig unsere Grenzen bis zur Selbstausbeutung. Und nicht selten gehen wir auch noch hart mit uns ins Gericht, wenn wir erkennen, wie
instabil unser eigenes Fundament ist.
    Niemanden behandeln wir so schlecht wie uns selbst.
    Kristin Neff
    Eine Herzensbeziehung zu sich selbst einzugehen ist eine bewusste Entscheidung. Ich entschließe mich, zu mir selbst eine dauerhafte und tiefe Liebesbeziehung aufzubauen. Ich verspreche mir, zu mir selbst zu stehen und mir treu zu sein.
    Der Entschluss, mich selbst uneingeschränkt zu lieben, beinhaltet auch, mich mit allen Licht- und Schattenseiten 34 anzunehmen, so wie ich heute bin einschließlich meiner Vergangenheit. Ich entscheide mich dafür alles zu akzeptieren, was ich denke, fühle und tue, und auch alles, was ich jemals gedacht, gefühlt und getan habe. Ich habe immer getan, was mir möglich war, so gut ich konnte und ich sage aus vollem Herzen »Ja« zu dem, was