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Tierische und andere Offerten

Tierische und andere Offerten

Titel: Tierische und andere Offerten
Autoren: Rainer Stecher , andere
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verstehen kann, wenn man bedenkt, dass der Hund gut und gerne so groß wie Nina ist. Einen solchen Hund, Knirps zu nennen, hat schon etwas Erheiterndes. Erst sieht der so ausgelachte Hund gar nicht amüsiert aus, dann aber kann er dem Lachen von Nina nicht widerstehen und grinst ebenfalls. Als sie sich wieder einigermaßen gefangen hat, erklärt er. »Ich war unter meinen Geschwistern der Kleinste und so nannten mich alle nur Knirps.«
    »Nun denn, Herr Wuschelknirps, dass Sie nicht beißen, haben wir schon geklärt. Aber warum, wenn ich fragen darf, gebärden Sie sich immer so wild, wenn jemand an den Zwinger kommt?«
    Herr Kringelbart versucht, seine Frage sehr vorsichtig zu stellen, weil eigentlich geht ihn das ja gar nichts an und er will nicht unhöflich sein. Denn, das muss man wissen, Mäuse sind ausgesprochen höfliche Tiere und können es überhaupt nicht verstehen, wie man seine Manieren mal vergessen kann. Herr Kringelbart ist nun eine sehr gesetzte und angesehene Maus und daher ganz besonders auf die Einhaltung der Manieren bedacht. Sebastian Wuschelknirps weiß das. Es gibt hinter dem Haus auch Mäuse und die sind nicht einen Deut anders als Herr Kringelbart. Daher weiß er auch, dass es Herrn Kringelbart schon sehr interessieren muss, so deutlich nachzufragen.
    »Tja also ...«, beginnt er, »... das ist eine längere Geschichte. Wenn ihr so viel Zeit habt ...«
    Nina und Herr Kringelbart nicken heftig mit dem Kopf. Jeder liebt schließlich eine gut erzählte Geschichte. Beide setzen sich also bequem vor den Zwinger und der Hund beginnt zu erzählen:
    »Vor langer Zeit, es mag vielleicht sieben oder acht Jahre her sein, da kam ich als ganz junger Hund zu einem neuen Herrchen. Er hieß Joseph. Er war schon ein älterer Herr, aber freundlich und sehr agil. Jeden Morgen und jeden Abend nahm er mich mit zu langen Spaziergängen in die Felder hinaus. Ach, es war herrlich. Joseph aber war ein sehr trauriger Mensch. Er lebte allein und oft sah ich ihn, wie er traurig aus dem Fenster blickte. Aber was konnte ich schon machen? In solchen Momenten hab ich einfach das gemacht, was ein guter Hund von seiner Mutter beigebracht bekommen hat. Man geht zu seinem Menschen, legt den Kopf auf das Bein und versucht ein bisschen zu trösten.« Die Zuhörer nicken verständnisvoll. Es sind nicht mehr nur Nina und die Maus, nein, es haben sich inzwischen auch ein Schmetterling, ein Käfer, eine Raupe und ein paar kleine Vögel dazu gesellt und hören der Geschichte des Hundes andächtig zu. »Aber das half alles nichts. Er streichelte mir dann über den Kopf, aber er war eigentlich gar nicht wirklich bei mir, sondern weit, weit weg. Eines Tages kam ein Brief an. Joseph war nicht glücklich über den Brief. Er schimpfte und lief tagelang griesgrämig umher. Ich versuchte ihn aufzuheitern, sprang wie toll um ihn herum und hechelte – sonst fing er dann immer an zu lachen, aber jetzt ... nichts konnte ihn aufheitern. Schließlich bekamen wir Besuch von einer jungen Frau. Ich glaube inzwischen, dass es seine Tochter war. Sie war sehr besorgt um ihn und wollte, dass er sein eigenes Heim aufgibt und mit ihr in die Stadt zieht. Inzwischen kann ich das gut verstehen, er war ja immer so traurig, aber damals war ich ja noch jung und unerfahren.«
    Der Hund seufzt.
    »Ich machte einen sehr großen Fehler. Ich dachte, die Frau will Joseph etwas Böses und begann sie anzuknurren und anzubellen. Darum wollte die Frau mich nicht mitnehmen. Und so nahm sie nur Joseph mit. Seine Nachbarn erklärten sich bereit, mich aufzunehmen. Von da ab durfte ich nicht mehr im Haus bleiben, sondern bekam einen Zwinger. Der wurde fast nie sauber gemacht und Spaziergänge gab es auch so gut wie nie. Dafür hatten die aber Kinder. Die tollten im Garten herum und ich hätte so gerne mitgespielt. Und so bellte ich vor Freude und sprang im Zwinger herum. Die Kinder wurden auf mich aufmerksam. Ich dachte, jetzt holen sie mich raus und spielen mit mir, aber stattdessen steckten sie Stöcke zwischen die Gitterstäbe und pikten mich und knufften. Also hörte ich irgendwann auf, fröhlich zu bellen und begann zu knurren, wenn ich die Kinder sah. Das half. Je doller ich knurrte und bellte und die Zähne zeigte, desto eher ließen sie mich in Ruhe. Irgendwann brachte mich der Nachbar von Joseph hierher, zu Oma Grete. Sie ist nett und versorgt mich gut, aber ich würde so gerne mal rausgehen und einen Spaziergang machen.«
    Der Hund schweigt und blickt traurig zu den
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