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Tierische Profite: Commissario Brunnetis einundzwanzigster Fall (German Edition)

Tierische Profite: Commissario Brunnetis einundzwanzigster Fall (German Edition)

Titel: Tierische Profite: Commissario Brunnetis einundzwanzigster Fall (German Edition)
Autoren: Donna Leon
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Brunetti: »Oh, das habe ich nie bezweifelt: Ich war nur neugierig wegen der anderen und hatte gehofft, Sie könnten mir weiterhelfen.«
    Alvise lief rot an und fragte unsicher: »Sie möchten bestimmt nicht, dass ich den anderen davon erzähle?«
    »Nein, das lassen Sie mal lieber«, antwortete Brunetti; Alvise musste damit gerechnet haben, denn ihm war keine Enttäuschung anzumerken. Erleichtert fragte Brunetti: »Sonst noch etwas, Alvise?«
    Der Polizist schob die Hände in die Hosentaschen, senkte den Blick auf seine Schuhe, als stünde die Frage, die er stellen wollte, dort geschrieben, sah zu Brunetti auf und sagte: »Dürfte ich es meiner Frau erzählen, Commissario? Dass Sie mich gefragt haben?«, wobei er das »mich« unbewusst betonte.
    Am liebsten hätte Brunetti seinem Untergebenen einen Arm um die Schultern gelegt. »Selbstverständlich, Alvise. Ich weiß doch, dass ich ihr genauso vertrauen kann wie Ihnen.«
    »Oh, noch viel mehr, Commissario«, sprach Alvise unfreiwillig ein wahres Wort. Dann eifrig: »Ist es ein großes Paket, Signore?«
    Brunetti verstand nicht gleich und wiederholte nur: »Paket?«
    »Das Sie erwarten, Signore. Wenn es sehr groß ist, kann ich Riverre helfen, es nach oben zu bringen.«
    »Ah, natürlich«, sagte Brunetti und kam sich vor wie der Kapitän der Schulfußballmannschaft, dem ein Erstklässler bei den Sit-ups die Knöchel halten will. »Nein, danke, Alvise«, erklärte er hastig. »Ich weiß Ihr großzügiges Angebot zu schätzen, es ist nur ein Umschlag mit ein paar Akten.«
    »Gut, Commissario. Aber ich wollte doch lieber fragen. Falls es was Großes gewesen wäre. Was Schweres, meine ich.«
    »Nochmals danke«, sagte Brunetti und klinkte seine Bürotür auf.
    Der Anblick eines Computers auf seinem Schreibtisch vertrieb auf der Stelle alle Sorgen um Alvise und dessen Empfindlichkeiten. Er bewegte sich mit einer Mischung aus Beklommenheit und Neugier darauf zu. Man hatte ihm nichts gesagt: Sein Antrag auf einen eigenen Computer lag so lange zurück, dass Brunetti ihn längst vergessen und auch die Hoffnung aufgegeben hatte, dem könnte eines Tages stattgegeben werden.
    Auf dem Bildschirm stand die Anweisung: »Bitte ein Passwort wählen und mit ›Enter‹ bestätigen. Zum Speichern des Passwortes drücken Sie zweimal auf ›Enter‹.« Brunetti setzte sich, las die Anweisungen noch einmal und dachte über ihre Bedeutung nach. Signorina Elettra – wer sonst – hatte das arrangiert, hatte zweifellos alles auf den Computer geladen, was er brauchte, und ein System eingerichtet, in das niemand von außen eindringen konnte. Er überlegte: Früher oder später würde er Rat brauchen, dann nämlich, wenn er sich in eine Sackgasse manövriert hätte, aus der er allein nicht mehr herauskäme. Und nur sie, die hinter all dem steckte, würde ihm helfen können. Ob sie sein Passwort brauchte, um ein von ihm angerichtetes Chaos zu entwirren, wusste er nicht.
    Und es war ihm egal. Er drückte einmal auf ›Enter‹, und dann erneut.
    Der Bildschirm flackerte. Falls er erwartet hatte, dort werde nun eine lobende Bestätigung von ihr erscheinen, so wurde er enttäuscht: Es kamen nur die üblichen Icons der Programme, die ihm zur Verfügung standen. Er öffnete seine E-Mail-Konten, sowohl das amtliche der Questura als auch sein persönliches. Im ersten gab es nichts Interessantes; das zweite war leer. Er tippte Signorina Elettras Büroadresse ein, dann das Wort »Grazie« und schickte es ungezeichnet ab. Er wartete auf das Ping, das den Eingang ihrer Antwort anzeigen würde, aber das blieb aus.
    Brunetti, stolz darauf, dass er ohne groß nachzudenken ein zweites Mal auf ›Enter‹ gedrückt hatte, fand es verstörend, wie sehr die Technik auf die Gefühle der Menschen übergegriffen hatte: Jemandem sein Passwort anzuvertrauen hatte heutzutage einen ähnlichen Stellenwert, wie jemandem sein Herz zu öffnen. Oder zumindest seinen Briefkasten. Oder sein Bankkonto. Er kannte Paolas Passwort, vergaß es aber ständig und hatte es sich daher in seinem Adressbuch unter »James« notiert: »madamemerle«, ohne Großbuchstaben, alles in einem Wort, eine befremdliche Wahl.
    Er ging ins Internet und staunte über die Geschwindigkeit der Verbindung. Bald würde er sich daran gewöhnen, wenig später würde sie ihm langsam erscheinen.
    Kaum hatte er den Namen der Krankheit korrekt eingegeben, Madelung, erschien eine Reihe von Artikeln in Italienisch und Englisch. Er klickte auf Ersteres und
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