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Tier zuliebe

Titel: Tier zuliebe
Autoren: Birgit Klaus
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wörtlich »Tat« oder »Handlung«, aber auch »Wirkung« oder »Folge«. Gemeint ist, dass jede unserer Handlungen früher oder später – in diesem oder in einem mutmaßlichen nächsten Leben – Folgen hat. Die wesentliche Voraussetzung im Denken sogenannter »karmischer Zusammenhänge« und Bedeutungen ist, dass alle Lebewesen, nicht nur alle Menschen, eine unsterbliche Seele haben. Der Kirchenvater Thomas von Aquin hat das im 13. Jahrhundert vehement bestritten. Er meinte, Tiere hätten keine Seele. Frauen allerdings auch nicht. Kommentar überflüssig.
    Dennoch bleibt festzuhalten, dass institutionalisierte Religionen die Frage nach der Seele nicht einheitlich beantworten. Ein Beweis ist hier auch schwer möglich – nicht umsonst heißt das entscheidende Schlüsselwort »Glaube«. Aber es finden sich Bibelstellen, die an die Karma-Theorie erinnern: »Täuscht euch nicht: Gott lässt keinen Spott mit sich treiben; was der Mensch sät, wird er ernten« (Gal 6,7). Buddha lehnte den Fleischverzehr ab, da er andere Lebewesen weder verletzen noch töten wollte – wer das Fleisch anderer Lebewesen zu sich nehme, zerstöre das Mitgefühl für anderes Leben. Mitgefühl ist ein oberstes Prinzip der buddhistischen Lehre. Laut Buddha hat jedes Lebewesen ein Recht auf Sicherheit und Schutz. Jedes Lebewesen.

Motivationshilfe
    Ich hege keinen Zweifel darüber, dass es ein Schicksal des Menschengeschlechts ist, im Verlaufe seiner allmählichen Entwicklung das Essen von Tieren hinter sich zu lassen.
    (Henry David Thoreau)
    Meine Recherche hat Konsequenzen: Der Entschluss, mit dem Fleischessen aufzuhören, zunächst für ein Jahr, steht für mich fest. Ich bin von der Richtigkeit dieser Entscheidung überzeugt – aber ich ahne auch, dass ich zwischendurch eine stärkere Motivation brauchen werde, um durchzuhalten. Also nehme ich mir Richard David Prechts Buch Wer bin ich und wenn ja wie viele? zu Hilfe, das sich mit den großen philosophischen Fragen des Lebens und unserer Zeit beschäftigt. Ich knöpfe mir das Kapitel Jenseits von Wurst und Käse – dürfen wir Tiere essen? vor. Das habe ich vor längerer Zeit schon einmal gelesen. Während ich jetzt darin blättere, erinnere ich mich an eine wenig erfreuliche Situation im Urlaub auf Sizilien …
    Am Ende eines anstrengenden Wandertages saß ich mit guten Freunden in einem schönen »Hotel-Resort« auf der Terrasse. Wir blickten auf das Meer, die Sonne ging gerade unter und die Grillen zirpten so laut, wie es nur im Süden möglich ist. In dieser Bilderbuchatmosphäre diskutierten wir bei einer guten Flasche Rotwein, köstlicher italienischer Salami, Oliven und Baguette über Gott und die Welt, als ich einen Gedanken äußerte, der die Stimmung schlagartig kippen ließ: »Der moderne Mensch sollte eigentlich vegetarisch leben. Ich bin mir sicher, dass es eines Tages so kommen wird – alles nur eine Frage von Zeit und geistiger Weiterentwicklung.« Peng! Meine These war wie der Anpfiff zum Angriff – plötzlich lag Aggression in der Luft. Es war, als hätte ich etwas Unerhörtes gesagt, das nur eine – relativ kurze – Antwort verdiente: »Quatsch.« Von einer Sekunde zur anderen war ich zur Persona non grata geworden. Ich hatte den Eindruck, man hätte mir am liebsten die – zugegebenermaßen leckere – Salami aus der Hand gerissen.
    Schon wünschte ich, ich hätte den Mund gehalten, hätte den schönen Abend nicht gestört durch meine Äußerung, die nun wie eine Wand zwischen uns – im äußerst unerfreulichen Verhältnis von eins zu drei – stand, als mir einfiel, dass ich doch bei Precht geradezu unschlagbare Argumente für meinen Standpunkt gelesen hatte. Ich kramte fieberhaft in meinen Gehirnwindungen, doch Prechts Argumente wollten mir partout nicht mehr einfallen. Zumal ich unter Stress stand, denn die heftige Reaktion meiner Freunde hatte mich erschreckt. Erklären konnte ich mir ihre Aggressivität nur so, dass sie sich angegriffen fühlten. Womöglich weil sie wussten, dass ich eigentlich recht hatte? Heißt es nicht immer: Je mehr man sich gegen etwas wehrt, desto mehr zeigt es, wie sehr man selbst betroffen ist? – zumindest laut Populärpsychologie. Später erfuhr ich, dass die Freundin, die meine Äußerungen besonders aufgebracht hatten, selbst als Kind Vegetarierin war. Als Erwachsene hat sie sich ganz langsam und allmählich wieder unter die Fleischesser eingereiht. Möglicherweise ohne in Wirklichkeit davon überzeugt zu sein?
    Jetzt, ein Jahr
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