Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Tier zuliebe

Titel: Tier zuliebe
Autoren: Birgit Klaus
Vom Netzwerk:
auch schon ein Prozess des sich selbst einer Sache Bewusstmachens. Am Anfang hätte ich eigentlich gerne ein Buch geschrieben, mit dem ich gerechtfertigt hätte, dass Fleisch zu essen in Ordnung ist, aber je tiefer ich mich in die Materie reingedacht habe, umso klarer wurde mir, dass das nicht geht.
    Was hindert Sie daran, ganz konsequent »Nein« zu sagen?
    Ich glaube zum Teil meine Willensstärke. Ist sicher ein relativ wichtiges Argument.
    Die ist nicht groß genug?
    Die ist nicht groß genug. Das gilt aber nicht nur für das Fleischessen. Ich denke, in vielen Bereichen unterbieten wir in unserer Lebenspraxis unsere moralischen Maßstäbe. Wir halten viele Dinge in der Welt für gut und richtig, die wir nur zum Teil umsetzen und zum Teil befolgen. Wir kennen uns selber auch als fehlerhafte Lebewesen. Ich würde sagen, wenn viele Menschen deutlich weniger Fleisch essen würden, wären wir auch schon einen großen Schritt in die richtige Richtung. Und wenn viele Menschen das tun würden, würde ich mich motiviert sehen, ganz darauf zu verzichten.
    Das motiviert mich wiederum, endlich mit dem Aufhören anzufangen.

TEIL 2

SPONSORED READING BY www.boox.to

Erste Schritte
    Ein Jahr lang kein Fleisch, das ist der Plan. Und schon am ersten Tag muss ich zwei Mal »Nein« sagen. Das erste Mal zu mir selbst. Es ist ein sommerlicher Drehtag, der mich und das Planet Wissen- Kamerateam – seit fast zehn Jahren moderiere ich die Sendung – zunächst in Baden-Badens Fußgängerzone führt. Da ich es mir angewöhnt habe, morgens nichts als einen riesigen Milchkaffee zu frühstücken, droht mich meist gegen Mittag ein Hunger-Ast zu erschlagen. Zur kritischen Zeit sehe ich in der kleinen Bäckerei an der Ecke belegte Fladenbrote und sogar meine Lieblingsversion lacht mich an: die mit Krautsalat und Schinken. »Stopp!«, denke ich. »Das geht nicht mehr, Schinken ist eindeutig tabu.« Und während mir das Wasser im Munde zusammenläuft, frage ich mich, ob mir die Konsequenzen meines Experiments auch wirklich klar sind … Doch mein Entschluss steht. Und die Käse-mit-Ei-Version ist ja auch gut, es hätte schlimmer kommen können.
    Es wird schlimmer kommen. Es wird Situationen geben, die mehr Charakterstärke und Durchhaltevermögen erfordern, um meiner Entscheidung treu zu bleiben, als ein anders belegtes Brötchen zu kaufen. Und schon am Abend wartet eine solche Herausforderung, als ich nämlich eine Essenseinladung für das Wochenende bekomme. Spätzle. »Mit Rindergulasch«, verkündet mein Vater mit einem gewissen Stolz. Er ist offensichtlich überzeugt, dass es genau das ist, was mein Herz höher schlagen lässt. Na ja, bislang hätte er damit ja auch richtig gelegen …
    Es ist mir schon häufiger aufgefallen, dass ein »gutes Essen« geradezu nach einem Stück Fleisch zu schreien scheint. Es scheint zu symbolisieren: »Für dich, lieber Gast, ist mir nichts zu aufwändig oder zu teuer.« Wie aber soll man diese Erwartungshaltung handhaben, wenn man Vegetarier ist? Als ich vor Monaten, damals noch weit davon entfernt, meine Ernährung umzustellen, eine Gruppe von acht Freunden zum Essen eingeladen hatte und wusste, einer von ihnen isst weder Fleisch noch Fisch, tat ich mich durchaus schwer mit der Entscheidung für das »richtige« Essen. So fragte ich zunächst den Vegetarier, womit ich ihm eine Freude machen könne, und bekam eine Antwort, die mir typisch erscheint: »Ach, lass mal – ich komme gerne vorbei, aber ich habe dann schon gegessen. Mach dir meinetwegen keine Mühe!« – »Ich will mir aber Mühe machen!«, dachte ich. »Und es wird sich doch wohl irgendein Gericht finden lassen, das uns alle glücklich macht, auch wenn es vegetarisch ist.« Aber je mehr ich überlegte, desto weniger hielt ich es für möglich. Also hakte ich nochmals per Mail nach und hoffte auf den ultimativen Vegetarier-Tipp. Doch nun bekam ich gar keine Antwort mehr. Sendepause. Der Vegetarier war verstummt. Hatte er gerade Stress im Büro oder wollte er sich zum Thema Essen nicht mehr äußern? Vielleicht war er auch nur eine besonders »schwierige« Person?
    Die Konstellation von sieben »Normalos« und einem Vegetarier stellte mich vor Schwierigkeiten. Irgendwen würde ich zwangsläufig enttäuschen müssen. Kochen für andere hieß ehrlich gesagt auch für mich: kochen mit besonders gutem Fleisch oder Fisch. Die intensive Beschäftigung mit Kochbüchern, das Ausprobieren von tollen Fisch- und Fleischrezepten, das Vorbereiten, all das
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher