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Tier zuliebe

Titel: Tier zuliebe
Autoren: Birgit Klaus
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Lebensmitteln verarbeitet. Insofern kann jeder, der nicht konsequenter Veganer ist, sein »Dioxin-Fett« abgekriegt haben. Und da dieses Thema Anfang 2011 rauf und runter diskutiert wurde, möchte ich mich jetzt damit begnügen zu erwähnen, dass es auch an diesem Abend nicht zu kurz kommt, gepaart mit vielen anderen Aspekten einer ungesunden Ernährungsweise. Speziell gegen die »länger haltbare« ESL-Milch hat die Heilpraktikerin am Tisch große Einwände, aber allgemein auch wegen der vielen Hormone und Antibiotika, die grundsätzlich in Milch enthalten sind.
    Dann muss ich mich aus den Gesprächen ausklinken, um den Gang Nummer zwei zuzubereiten. Im Küchenchaos ist es schwer, Platz für acht Teller zu finden. Auf denen soll Rucolasalat mit warmen Birnen, Schafskäse und Parmesan angerichtet werden. Ich hole mir das Bügelbrett zu Hilfe, breite ein großes weißes Handtuch darauf aus und stelle die Teller versetzt darauf auf, denn die Aktion mit dem Salat ist gar nicht so einfach. Nach vielen Monaten vegetarischer Kochexperimente glaube ich heute sagen zu können, worauf es ankommt: die Kombination vieler Geschmacksrichtungen. Ein Hauch süß, ein Hauch sauer und ein Hauch salzig – am besten alles gleichzeitig – ist immer interessant. Exotische Gewürze, mit denen man natürlich umgehen können muss, machen das Essen spannend. Früchte mit Gemüse kombiniert, Mus und halb Angegartes – es ist ein Spiel der Gegensätze, das die Geschmacksknospen begeistert. Mit Obst und Gemüse kochen weckt in mir auch schöne Kindheitserinnerungen – als Mädchen fand ich es herrlich, mit Gras, Blättern, Beeren und Eicheln aus dem Wald »Kochen« zu spielen.
    Was mich am Ende unseres ersten großen vegetarischen Dinners erfreut, ist das Fazit eines Gasts: »Bei so einem Essen lasse ich jedes Fleisch stehen.« Zwar möchte ein anderer das doch ein wenig relativieren und meint, ganz so würde er das nicht sagen, aber dennoch: Auch ihm habe an diesem Abend kein Fleisch gefehlt. Damit kann ich gut leben. Und freue mich schon auf das nächste Abendessen.

Veränderung bis ins Blut?
    Heute habe ich einen Termin bei meiner Hausärztin. Jetzt will ich sehen, ob sich durch meine Ernährungsumstellung auch die Blutwerte verändert haben. Vor fast einem Jahr, am Ende meiner Zeit als Fleischesserin, waren die Werte verhältnismäßig gut. Könnten sie jetzt vielleicht hervorragend sein? Zwar habe ich mein Experiment nicht aus gesundheitlichen Gründen gemacht, aber natürlich bin ich neugierig, ob sich nebenbei auch positive Effekte im Blut zeigen. Ich sitze auf einem Stuhl meiner Ärztin gegenüber, die mich fragt, wie es mir seit der letzten Untersuchung ergangen ist. »Gut«, sage ich, »ich fühle mich sehr wohl.« Sie nickt und meint, sie hätte auf den ersten Blick auch nicht den Eindruck, dass mir was fehlt. Wie ich mich denn ernähre, will sie wissen. Ausgerechnet am Vortag, ein verregneter, ungemütlich kalter Sonntag, habe ich heftigst gesündigt: Pralinen mit Kirschwasser in größeren Mengen und morgens ein aus zwei Eiern bestehendes Rührei. Nicht, dass ich mir das verboten hätte, aber ich hatte den Dioxinskandal zum Anlass genommen, meinen Eierkonsum deutlich zu reduzieren. Genauer gesagt, habe ich seit zwei Monaten keine mehr gekauft. Ob das mit dem Rührei etwas ausmacht, frage ich meine Ärztin. So viele Monate Disziplin und gesundes Essen und dann die Blutuntersuchung nach dem einzigen Fauxpas weit und breit? Sie hält es tatsächlich für sinnvoll, die Untersuchung unter diesen Umständen zu verschieben, da sie sonst kein realistisches Bild bringen würde. Also gehe ich unverrichteter Dinge wieder nach Hause.
    Als ich nachmittags eine Sprachaufnahme für die ARTE-Sendung »Philosophie« in einem Tonstudio habe, erlebe ich etwas Verblüffendes. Immer wieder sind mir während des vergangenen Jahres drei Worte im Kopf herumgespukt, eine Art Gedankenkette, die aus dem Nichts entstanden ist: Reflexion, Reduktion, Religion. (Letzteres im Sinne einer spirituellen Dimension: dem Gedanken nämlich, dass Mensch und Tier zu einem großen Ganzen gehören.) Diese drei Worte haben sich im Laufe meiner Selbsterfahrung zu meinem persönlichen »3-R-Prinzip« entwickelt, zu einer Art Leitfaden, nicht nur, was die vegetarische Lebensweise betrifft. Weniger ist mehr, in jeder Hinsicht. Weniger Fleisch, weniger Konsum, weniger Materialismus, weniger Gier – ich könnte die Assoziationskette beliebig fortsetzen. Und nun bin ich
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