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Tier zuliebe

Titel: Tier zuliebe
Autoren: Birgit Klaus
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einer riesigen Waschwanne aus blauem Plastik riecht es gewöhnungsbedürftig. Sie ist randvoll mit rohem Hackfleisch – Schweine- und Rinderhack –, das gerade von K., der mit aufgeschoppten Hemdsärmeln bis zum Ellenbogen in der Wanne hängt, geknetet wird. Ich lehne mich trotzdem entspannt zurück und schäle gute drei Kilo Karotten. Die wird es morgen geben, neben spanischen Kartoffeln und den gerade entstehenden Frikadellen. Diesmal gibt es keine Versuchung, diesmal bin ich ganz gelassen, denn das Bild, das sich mir hier bietet, ist Abschreckung genug.
    Bald bin ich mitten in einer Diskussion mit K. Normalerweise meide ich ja das Thema »was-spricht-eigentlich-gegen-das-Essen-von-Fleisch«, so gut ich kann, doch diesmal lasse ich mich ausnahmsweise darauf ein. Ich versuche K. zu packen, indem ich ihm seine kleine Hündin Lucy vor Augen führe und ihn frage, wie er es fände, wenn man sie essen würde. Zugegeben, ein bisschen plump. Wie zu erwarten fände K. es nicht so schön, wenn man Lucy essen würde, und ich frage ihn prompt, was er denn nun für einen Unterschied zwischen Lucy und einem Schwein sieht, natürlich nicht, ohne zu erwähnen, dass Schweine sehr intelligent sind, mindestens so intelligent wie Lucy. Nachdem er keinen wirklichen Unterschied zwischen Lucy und dem »Nutztier« findet, bringe ich noch ein paar andere Argumente auf den Tisch, die er sich durchaus wohlwollend anhört, bis uns ein unangenehmer Geruch in die Nase steigt: verbranntes Fleisch. Eine ganze Ladung seiner Frikadellen ist dank unserer Diskussion in Vergessenheit geraten und in der Pfanne verbrannt. Er nimmt es zwar gelassen, aber die Unterhaltung ist an der Stelle beendet.

Das perfekte Dinner
    Heute ist es so weit: Nach monatelangen Trockenübungen und Tests vegetarischer Gerichte aus diversen Kochbüchern kommt die bisher größte aller Herausforderungen: sechs Bekannte sind zum Essen eingeladen, darunter Ärzte und Banker. Menschen also, die gewohnt sind, gut zu essen. Es ist ein gewaltiger Unterschied, ob man für gute Freunde mit einer hohen Toleranzschwelle kocht oder für Leute, mit denen man nicht so vertraut ist. Und dann auch noch vegetarisch – ohne Vorankündigung. Mein Freund, der die Einladung ausgesprochen hat und in dessen Wohnung das Essen stattfindet, hat mir zuliebe ein vegetarisches Fünfgängemenü geplant. Die Küche sieht schon am Nachmittag aus wie ein Schlachtfeld. Er hat schon am Tag zuvor eingelegt und eingekocht, geschnipselt und püriert. Da es viel zu wenig Abstellfläche gibt, kommen größere Töpfe und Pfannen kurzerhand auf den Boden.
    Geplant ist eine Orangen-Tomaten-Suppe 21 , gefolgt von einem Birnen-Schafskäse-Salat 22 , danach ein Hauptgericht: Tofu Mirsang mit Spinat 23 . Als Nachtisch »Süßes Schneeweißchen« 24 . Clou dabei ist, dass eine flüssige Masse aus Joghurt und Sahne über Nacht zu einem formschönen Halbkreis geformt wird, indem man die Masse in ein Küchensieb gibt und die Flüssigkeit abtropfen lässt. Gelatine überflüssig. Als Abgang gibt es noch Käse.
    Nachdem die Orangen-Tomaten-Suppe mehrfach gelobt wird, beschließen wir, den Gästen zu sagen: Es wird an diesem Abend kein Fleisch geben. Ein prüfender Blick in die Gesichter der Anwesenden verrät nicht viel. Schwer zu sagen, ob der eine oder andere an dieser Stelle enttäuscht ist. »Ach, wegen des Dioxinskandals?«, fragt dann einer der Gäste. Und schon haben wir unser erstes Tischgespräch. Nach BSE und Gammelfleisch jetzt Dioxin – mich hat das diesmal relativ kaltgelassen. Es hat mich nicht mehr überrascht, dass so etwas passiert. Skrupellose Geschäftemacher gibt es schließlich überall und wir Verbraucher tun das Übrige, weil immer alles günstig sein soll. Zwar sagt jetzt jemand aus der Runde: »Du kannst dich ja beruhigt zurücklehnen«, als er erfährt, dass ich seit einiger Zeit vegetarisch lebe, aber ganz so ist es nicht: Schließlich wäre es denkbar, dass ich auf dioxinverseuchte Milch oder Eier gestoßen bin. Sosehr ich mich bemühe, ausschließlich Bio-Eier zu kaufen – manchmal muss es schnell gehen und da, wo man gerade ist, gibt es dann keine.
    Auch bei Kuhmilch versuche ich biologisch erzeugte zu kaufen – wenn überhaupt. Meist wandern inzwischen Soja- oder Hafermilch in meinen Einkaufskorb. Sogar den morgendlichen »Riesen-Milchkaffee« mache ich gerne mit aufgeschäumter Sojamilch. Dennoch kommt man an Kuhmilch und Eiern kaum vorbei – sie werden schließlich in zu vielen
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