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Tiefsee

Tiefsee

Titel: Tiefsee
Autoren: Clive Cussler
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Farben, Kunstseide und Kunststoffen verwendet. Ich nehme an, Sie finden sogar Spuren davon in Ihren Kosmetika.«
    Der Koch, ein anämisch aussehender Asiate mit weißer Schürze, schaute aus einer Seitentür heraus und nickte Lee zu, der daraufhin mit einem Mixlöffel an ein Glas klopfte.
    »Das Abendessen ist bereit«, verkündete er in seinem stark akzentuierten Englisch und zeigte strahlend lächelnd seine Zahnlücke.
    Es war eine phantastische Mahlzeit, und Estelle war davon überzeugt, sie nie zu vergessen.
    Sechs aufmerksame Männer in eleganten Uniformen umringten sie, und ihre weibliche Eitelkeit war zutiefst befriedigt.
    Nach einer halben Tasse Kaffee entschuldigte sich Kapitän Masters und ging auf die Brücke.
    Die anderen Offiziere verschwanden nacheinander, um ihren Pflichten nachzugehen, und Estelle machte mit dem Schiffsingenieur eine Runde auf Deck. Er unterhielt sie mit Seemannsgarn, Geschichten von unheimlichen Ungeheuern der Tiefe und ausgesuchten Anekdoten über die Besatzung, die sie zum Lachen brachten.
    Schließlich kamen sie zu ihrer Kabinentür, und er küßte ihr wieder galant die Hand. Als er sie bat, am nächsten Morgen mit ihm zu frühstücken, nahm sie seine Einladung dankend an.
    Sie trat in die kleine Kabine, ließ das Türschloß einschnappen und knipste die Deckenbeleuchtung an. Dann zog sie den Vorhang über das einzige Bullauge des Raumes, zog ihren Koffer unter dem Bett hervor und öffnete ihn.
    Der oberste Einsatz enthielt ihre Kosmetika und ihre sorglos hineingestopfte Unterwäsche; sie hob ihn heraus. Darunter lagen ordentlich gefaltete Blusen und Röcke. Sie nahm sie gleichfalls heraus, um später in der Dusche die Falten im Dampf zu glätten.
    Vorsichtig fuhr sie mit einer Nagelfeile die Kanten des falschen Bodens entlang und hob ihn hoch. Dann lehnte sie sich zurück und seufzte erleichtert. Das Geld war noch in seinem Versteck in mit der Banderole der Federal Reserve Bank umwickelten Bündeln. Sie hatte kaum etwas davon ausgegeben.
    Sie stand auf und zog sich das Kleid über den Kopf – sie trug gewagterweise nichts darunter –, ließ sich auf das Bett fallen und verschlang die Hände hinter dem Kopf.
    Sie schloß genüßlich die Augen und versuchte, sich den erschrockenen Gesichtsausdruck ihrer Vorgesetzten vorzustellen, wenn sie entdeckten, daß das Geld und die verläßliche kleine Arta Casilighio zugleich fehlten. Sie hatte sie alle hereingelegt!
    Sie spürte eine seltsame, fast sexuelle Erregung, wenn sie daran dachte, daß das FBI sie auf seine Liste der dringend gesuchten Verbrecher setzen würde. Die mit der Untersuchung betrauten Beamten würden alle ihre Freunde und Nachbarn befragen, alle ihre alten Schlupfwinkel durchstöbern, tausendundeine Bank auf plötzliche große Einzahlungen von Banknoten mit laufender Numerierung überprüfen, aber sie würden nichts finden. Arta, alias Estelle, war nicht dort, wo sie deren Meinung nach sein konnte.
    Sie schlug die Augen auf und starrte auf die bereits vertrauten Wände ihrer Kabine. Seltsam, der Raum begann sich zu drehen.
    Die Gegenstände verschwammen vor ihren Augen und wurden wieder deutlich. Ihre Blase verlangte, daß sie eigentlich die Toilette aufsuchen sollte, doch ihr Körper verweigerte dem Befehl den Gehorsam – alle Muskeln schienen erstarrt zu sein.
    Dann ging die Tür auf, und der Messeboy Lee trat mit einem zweiten asiatischen Besatzungsmitglied ein.
    Lee lächelte nicht mehr.
    Das darf doch nicht wahr sein, sagte sie sich. Die Mannschaft würde es doch nicht
wagen
, sie zu stören, während sie nackt auf dem Bett lag. Dies mußte ein verrückter Traum sein, verursacht durch die reichlichen Speisen und Getränke, ein Alptraum, den eine Magenverstimmung ausgelöst hatte.
    Sie fühlte sich von ihrem Körper losgelöst, als beobachtete sie die unglaubliche Szene aus einer Ecke der Kabine. Die beiden Männer trugen sie sanft durch die Tür, den Korridor entlang und auf das Deck.
    Dort waren etliche koreanische Besatzungsmitglieder anwesend, deren ovale Gesichter durch Flutlicht von oben beleuchtet wurden. Sie hoben große Bündel in die Höhe und warfen sie über die Reling. Plötzlich starrte eines der Bündel sie an. Es war das aschgraue Gesicht des jungen Vierten Offiziers, seine Augen waren in einer Mischung von Unglauben und Entsetzen weit aufgerissen. Dann verschwand auch er über die Reling.
    Lee beugte sich über sie und machte sich an ihren Füßen zu schaffen. Sie spürte nichts, nur dumpfe
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