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Tiefsee: Reise zu einem unerforschten Planeten

Tiefsee: Reise zu einem unerforschten Planeten

Titel: Tiefsee: Reise zu einem unerforschten Planeten
Autoren: Leo Ochsenbauer
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Meter Tiefe noch Leben?
    Edward Forbes behauptete 1842, unter 500 Meter Wassertiefe könne kein Leben mehr existieren. Charles Darwin stellte 1859 die These auf, in größeren Tiefen der Weltmeere könnten einzigartige Spezies über Jahrmillionen unverändert erhalten geblieben sein. Wem sollte man nun glauben? Gegensätzlicher können Meinungen ja nicht sein. Der norwegische Geistliche und Biologe Michael Sars (geb. 30. August 1805, gest. 22. Oktober 1869) wollte sich seine eigene Meinung bilden und beschäftigte sich intensiv mit der Flora und Fauna der Meere – vor allem in dem Meer vor seiner Haustür. Im Lauf seines Lebens verfasste Sars zahlreiche Erstbeschreibungen von Quallen und Nesseltieren (Hydrozoen) sowie weiteren Meerestieren. Dabei legte er vor allem auch als einer der ersten Zoologen Wert darauf, die Tiere in ihrem natürlichen Lebensraum zu beobachten und ihre Lebensweise zu erforschen.
    Gemeinsam mit seinem damals 23 Jahre alten Sohn George Ossian, einem Meeresbiologen, unternahm er ab 1860 unzählige Dredsch-Versuche in norwegischen Fjorden und vor der Inselgruppe der Lofoten im nördlichen Atlantik. Dabei gelang ihm auch sein persönliches Meisterstück: Aus Tiefen von beinahe 1.000 Metern holte er mit seiner Dredsche eine Vielzahl an seltsamen Lebewesen aus den tiefsten Tiefen des Meeres. Darunter auch eine Seelilie ( Rhizocrinus lofotensis ), von der die Forscher meinten, dass sie seit 100 Millionen Jahren ausgestorben sei. Oder einen kleinen, zerbrechlichen Seestern ( Brisinga coronata ), den man keiner der bekannten Spezies der Seesterne zuordnen konnte. Im Jahr 1868 veröffentlicht Sars die durchaus ansehnliche Liste seiner Arbeit: 427 Lebewesen konnten in Tiefen von bis zu 450 Faden (820 Meter) entdeckt werden.
    Andere Wissenschaftler, wie etwa auch Charles Wyville Thomson, der im Jahr des Erscheinens der Liste die erste britische Tiefsee-Expedition leitete, bezweifelten nun immer mehr, dass die Abyssus-Theorie von Forbes tatsächlich stimmen konnte.
Was haben Telegrafenkabel mit der Tiefsee-Forschung zu tun?
    1811 schickte der deutsche Samuel Thomas Soemmering erste elektrische Signale durch einen isolierten Draht, der in der Münchner Isar verlegt worden war. Niemand konnte damals ahnen, welche Auswirkungen dieser Erfolg für einen ganz anderen Bereich – nämlich die Tiefsee-Forschung – haben würde. Zuerst widmete man sich etliche Jahre lang dem Versuch, diese Telegrafenkabel wasserdicht und vor allem auch bruchsicher zu machen. Schließlich hatte der US -amerikanische Geschäftsmann Cyrus W. Field die Idee, ein Kabel im Atlantik zwischen Irland und Neufundland zu verlegen. Dazu wurde 1856 die »Atlantic Telegraph Co.« gegründet, die das 4.500 Kilometer lange Kabel ausbringen sollte.
    Am 16. August 1858 war es schließlich soweit und das erste Tiefseekabel zwischen der alten und der neuen Welt wurde, geadelt durch ein Glückwunschtelegramm von Königin Viktoria an den amerikanischen Präsidenten James Buchanan, offiziell in Betrieb genommen. Abgesehen davon, dass diese erste Übertragung satte 16 Stunden dauerte, versagte das Kabel nur einen Monat später. Ein Erfolg sieht anders aus. Dennoch glaubte man an diese neue Technologie und begann mit den Vorbereitungsarbeiten für ein neues Kabel. Da man damals noch nichts über die Beschaffenheit des Meeresbodens wusste, wurden Wissenschaftler beauftragt, an Bord der Kabelleger die Tiefen der Meere zu erforschen. Einer davon war der britische Mediziner und Meeresbiologe George Charles Wallich (geb. 16. November 1815, gest. 31. März 1899).
    Wallich war im Jahr 1862 an Bord des Kabellegers HMS Bulldog mit Lot-Untersuchungen des Meeresbodens beschäftigt. Stolze 2.000 Meter Wassertiefe zeigte sein Lot an – er holte es wieder ein. Als er es wieder an Bord hatte, zeigte sich jedoch, dass 13 Seesterne am tiefsten Punkt des Lots festgeklammert waren. Seesterne in dieser Tiefe hatte noch nie ein Wissenschaftler gefunden. Die Sensation war perfekt, auch wenn nach seiner Rückkehr einige Verfechter der Abyssus-Theorie von Forbes behaupteten, die Seesterne hätten sich beim Hochziehen des Lots im freien Wasser festgeklammert.
    Kurz darauf hob man jedoch im Mittelmeer ein gebrochenes Telegrafenkabel aus 2.300 Meter Tiefe. Darauf fanden sich 15 verschiedene Tierarten, unter ihnen auch eine Steinkoralle, die fest am Kabel verkrustet war. Die These mit dem »Anhalten während des Aufstiegs« konnte nun auch nicht mehr gelten. Immer mehr
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