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Tiefer

Titel: Tiefer
Autoren: Sophie Andresky
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grinste.
    Rüdiger saß mit seiner Börsenzeitung in seinem alten, beige bezogenen Ikea-Lesesessel aus Unizeiten und trank Tee. Neben ihm
     stand eine große Tonschale mit orientalisch gewürzten Chips, seiner Lieblingssorte. Er war groß und dunkelhaarig, seine Kinnlade
     stach so markant hervor wie bei einem Kampfhund. Er zupfte an seinen Manschettenknöpfen. «Wie siehst du wieder aus», sagte
     er, «wie auf dem Babystrich. Musst du diese zerlöcherten Jeans tragen?» – «Ich ziehe mich gleich um, Honey», sagte sie und
     wollte zurück in die Küche gehen, als Rüdiger ihr hinterherrief: «Wenn dein Hausfrauen-Terminkalender das zulässt, dann besorg
     mir irgendwas |196| aus der Apotheke, ja? Ich kann hier nicht weg, und mir ist immer so schwindlig in letzter Zeit.»
    Die Apotheke war gleich unten im Haus. Sabine rannte die zwei Treppen bis ins Erdgeschoss. Rüdiger würde sich jetzt stundenlang
     seinen Börsenkursen widmen. Da war es sowieso besser, wenn sie nicht zu Hause war, da konnte er sie nicht auffordern, sich
     zu ihm zu setzen, und sie examinieren, was der DAX sei und wie die aktuellen Kurse seiner Aktien standen. Denn wenn sie es
     nicht wusste, würde er gackern, mit ihrem Gehirn könne man höchstens Muster auf Kittelschürzen drucken, und sie sollte bloß
     aufpassen, nicht aus der Form zu gehen, denn wenn ihre Titten den Bleistifttest nicht mehr bestünden, würde ihre Notierung
     gegen null gehen.
    Das Beste an Rüdiger war sein Geld. Anfangs hatte sie sich von seinem Äußeren blenden lassen, aber mittlerweile war sein Kontoauszug
     das Attraktivste an ihm. Leider würde sie bei einer Scheidung von dieser Null auch die Nullen auf dem Konto verlieren, denn
     Rüdiger hatte sie in weiser Voraussicht einen Ehevertrag unterschreiben lassen.
    In der kleinen Apotheke begrüßte sie Lisa, die Apothekerin, mit einem Lächeln. «Was gegen Schwindel?», fragte sie und reichte
     ihr zwei Fläschchen, als Sabine nickte, ein braunes und ein durchsichtiges. Lisa setzte Sabine auf einen Hocker, stellte sich
     hinter sie und begann, ihr die Schläfen zu massieren. Sabine seufzte. «Was hast du für sanfte Hände», sagte sie, «wenn Rüdiger
     mich anfasst, hab ich das Gefühl, mich bespringt |197| ein tollwütiger Gorilla. Er wirft sich über mich, brabbelt etwas von meinen Titten und ob sie noch nicht hängen, und manchmal
     rechnet er mir vor, wie viel er mir bezahlen müsste, wenn ich jetzt eine Nutte wäre, dass das ja rausgeschmissenes Geld wäre
     und dass ich als Nutte genauso wenig taugen würde wie sonst auch.» – «Ach, meine Schöne», seufzte Lisa, «wenn ich dir nur
     helfen könnte. Was wär das toll, wir beide in Shanghai, allein in einer Dschunke.»
    An einem Nachmittag hatte Sabine die Klinke der Apotheke schon in der Hand, als sie drinnen im Laden eine große, durchtrainierte
     Gestalt im Designeranzug sah: Rüdiger. Lisa stand hinter der Theke und zwinkerte Sabine durch die Scheibe zu. Sie klimperte
     mit den Augenlidern, lächelte Rüdiger an, ging um den Tresen und strich über seine Brust. Dann zog sie ihn ins Zimmer hinter
     dem Laden und drehte den Kopf noch einmal kurz, um Sabine zuzuzwinkern. Sabine wartete einen Moment, dann öffnete sie die
     Tür, hielt sofort die Klingel fest und schlich zu den Apothekerschränken, von wo aus sie ins hintere Zimmer sehen konnte.
    Lisa kniete mit weit offenen Beinen auf einem Tisch und knöpfte sich den weißen Kittel auf. Rüdiger lachte wie ein Panzerknacker
     aus einem Mickeymouse-Comic, «harahar» machte er, und Sabine schüttelte sich vor Abscheu. Aber Lisa knöpfte jetzt auch noch
     ihre Bluse auf und reckte Rüdiger ihre kleinen Brüste entgegen. Rüdiger stand untätig vor ihr und trat von einem Fuß auf den
     anderen. Lisa wand sich wie eine indische Tempeltänzerin. |198| «Ich hab es immer schon mal mit einem so tollen Mann tun wollen», schmeichelte Lisa, «der so viel Stil hat und der so männlich
     ist.» Rüdiger war kaum mehr zu halten. Er drängte Lisa auf den Rücken, zog ihr die Jeans samt Slip über den Hintern und bog
     ihre Knie auseinander. Mit kreisrunden Augen starrte er auf ihren Pelz und die rötlichen Hautfalten darunter. «Ein Fötzchen»,
     grunzte er selig und sprach das so überdeutlich aus wie ein kompliziertes Fremdwort. Seine Hose fiel ihm herunter und blieb
     an den Waden stecken, sodass Rüdiger nur noch winzige Schritte machen konnte. Er hätte seine italienischen Schuhe aufschnüren
     können, um sie
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