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Theo Boone und das verschwundene Mädchen: Band 2 (German Edition)

Theo Boone und das verschwundene Mädchen: Band 2 (German Edition)

Titel: Theo Boone und das verschwundene Mädchen: Band 2 (German Edition)
Autoren: John Grisham
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Da er auch noch aussah wie ein Nikolaus, nannte ihn die ganze Stadt hinter seinem Rücken St. Nick.
    Er prüfte den Antrag direkt am Richtertisch. »Hat sich Tom Finnemore gemeldet?«, fragte er Mrs. Boone .
    Mrs. Boone hatte den Großteil ihres Berufslebens am Familiengericht verbracht und kannte St. Nick sehr gut. »Offenbar hat er gestern Abend seine Frau angerufen, und sie haben zum ersten Mal seit Wochen miteinander geredet. Angeblich kommt er heute Nachmittag nach Hause.«
    »Und es steht keine Strafanzeige zu befürchten?«
    »Die Polizei ist der Ansicht, das sei eine Sache fürs Zivilgericht.«
    »Gibt es jemanden, den Sie als vorläufigen Vormund empfehlen möchten?«
    »Ja.«
    »Wer ist das?«
    »Ich selbst.«
    »Sie möchten sich bestellen lassen?«
    »Ganz recht, Euer Ehren. Ich bin mit der Situation vertraut. Ich kenne das Kind, die Mutter und, wenn auch weniger gut, den Vater. Ich mache mir große Sorgen um Aprils Wohlergehen und bin bereit, sie unentgeltlich als gesetzlicher Vormund zu betreuen.«
    »Eine gute Lösung für alle Beteiligten, Mrs. Boone .« St. Nick lächelte, was bei ihm nicht allzu oft vorkam. »Hiermit bestelle ich Sie. Was haben Sie vor?«
    »Ich beantrage kurzfristig eine Anhörung vor diesem Gericht, um zu bestimmen, wo April in den nächsten Tagen wohnen wird.«
    »Einverstanden. Wann?«
    »So bald wie möglich. Falls Mr. Finnemore heute zurückkommt, sorge ich dafür, dass er unverzüglich von der Anhörung in Kenntnis gesetzt wird.«
    »Wie wäre es mit morgen neun Uhr?«
    »Perfekt.«
    Tom Finnemore kam am späten Montagnachmittag nach Hause. Die Tournee von Plunder war vorbei, und die Band hatte sich aufgelöst. Die Mitglieder hatten sich zwei Wochen fast ununterbrochen gestritten und kaum etwas verdient. Sie nahmen es Tom übel, dass er sie in seine Familienprobleme hineingezogen hatte, indem er seine Tochter mitschleppte. Aber das war nur einer von unzähligen Streitpunkten. Das größte Problem war, dass sie mittlerweise alle in mittleren Jahren waren und zu alt, um für ein Taschengeld auf Studentenfeiern und in Bierlokalen zu spielen.
    Zu Hause wurde Tom von seiner Frau in Empfang genommen, die wenig sagte, und seiner Tochter, die noch weniger zu sagen hatte. Beide Frauen wären ihn gern losgeworden, aber Tom war zu müde für einen Streit. Er ging in den Keller und schloss die Tür hinter sich ab. Eine Stunde später erschien ein Polizeibeamter und händigte ihm eine gerichtliche Ladung aus. Ganz früh am nächsten Morgen.

Dreiundzwanzig
    Nach einigen Stunden zäher Verhandlungen wurde schließlich entschieden, dass Theo am Dienstagmorgen die Schule schwänzen und in die Verhandlung gehen durfte. Zuerst waren seine Eltern absolut dagegen, aber es zeigte sich schnell, dass Theo nicht aufgeben würde. April war seine Freundin. Er wisse viel über ihre Familie. Er habe April gerettet, betonte er mehrfach. Sie brauche vielleicht seine Unterstützung und so fort. Irgendwann hatten Mr. und Mrs. Boone die Diskussionen satt. Allerdings musste er seinem Vater versprechen, die Hausaufgaben nicht zu vernachlässigen, und seine Mutter wies ihn darauf hin, dass er bei der Verhandlung draußen warten musste. Familiensachen, die Kinder betrafen, wurden grundsätzlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelt.
    Theo wusste schon, wie er dem ein Schnippchen schlagen konnte. Für den Fall, dass St. Nick ihn vor die Tür setzte, hatte er einen Plan in der Hinterhand.
    Den brauchte er ziemlich schnell.
    Am Familiengericht wurden sämtliche Entscheidungen von den Richtern gefällt, entweder von St. Nick oder von Richterin Judy Ping (Ping-Pong, wie sie hinter ihrem Rücken genannt wurde. Die meisten Richter am Gericht von Stratten County hatten ein oder zwei Spitznamen). Es gab keine Geschworenen und praktisch keine Zuschauer. Daher waren die beiden Sitzungssäle für Scheidungsverfahren, Sorgerechtsprozesse, Adoptionen und ähnliche Fälle viel kleiner als die für die Geschworenenprozesse mit ihren zahlreichen Zuschauern. Außerdem war die Stimmung häufig recht angespannt, wenn das Familiengericht zusammentrat.
    So auch am Dienstagmorgen. Theo und Mrs. Boone waren früh dran, und er durfte während der Wartezeit an ihrem Tisch sitzen. Sie studierte ihre Unterlagen, während sich Theo auf seinem Laptop über verschiedene wichtige Angelegenheiten informierte. Die drei Finnemores trafen gemeinsam ein. Mr. Gooch, einer von vielen Polizeibeamten, die ihre letzten Berufsjahre vor der
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