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Themba

Themba

Titel: Themba
Autoren: Lutz van Dijk
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HIV-Infizierten zu einer Ansteckung kommt. Genau so etwas wollte ich hören.
    Gegen elf Uhr vormittags hatte ich mich mit Nomtha bei der Ärztin des Kinderhauses verabredet. Auf dem Weg dorthin traf ich Sipho zufällig auf der Straße. Ich war so nervös, dass ich keinen vollständigen Satz herausbekam und nur herumstotterte, ich wolle Nomtha von der Arbeit abholen. Weder Sipho noch unserem Trainer Kevin noch dir, Andile, hatte ich ein Wort von all dem gesagt.
    Als ich das kleine Beratungszimmer betrat und das Gesicht der Ärztin sah, wusste ich alles. Sie war ein klein wenig zu freundlich bei der Begrüßung. Sie wollte, dass ich mich auf den bequemsten Stuhl setze.
    Und dann half alles nichts mehr, und sie sagte: »Themba, wir haben doppelt getestet, um ganz sicherzugehen. Demnach hast du den HI-Virus im Blut.«
    Sie nickte Nomtha zu, als hätten sie für diesen Fall etwas verabredet. Aber Nomtha nahm nur meine Hand, die diesmal nicht zu beben begann. Auch bildete sich kein Schweiß auf meiner Stirn. Etwas in mir ist aufgebrochen, ist klar und stark wie nie zuvor, will keine Lügen, kein Verstellen, kein Schweigen und keine Ignoranz mehr.
    Klar - ich bin verdammt traurig und wütend, dass es in meinem Fall also doch zu einer Infektion gekommen ist. So wie Millionen andere auch traurig und wütend sind, wenn sie es zu hören bekommen. Jeden Tag, irgendwo auf der Welt, nicht nur hier in Südafrika.

    Und jetzt ziehst du mich hinter dir her zu diesem überfüllten Presseraum. Eigentlich wollte ich es dir irgendwann sagen, ganz unter uns, wenn wir Zeit füreinander haben, nicht so zwischen Tür und Angel. Ganz bestimmt. Ich wollte mich von dir beraten lassen, wie ich damit umgehen soll und ob du vielleicht von einem anderen der Bafana -Spieler weißt, der auch HIV-positiv ist oder AIDS hat und es bisher nur nicht öffentlich gesagt hat. Für all das ist nun keine Zeit mehr.
    Drängeln und Schieben beim Eingang. Als sie mich mit dir kommen sehen, rufen einige unsere Namen und klatschen: »Viva, Themba... Viva, Andile...!«
    Du streckst die Faust zum Gruß in die Luft und deine Fans jubeln.
    Ich laufe weiter hinter dir her wie ein Hund an der Leine, aber plötzlich drehst du dich um und schiebst mich ohne Vorwarnung zu diesem Tisch auf eine Art Podium hinauf, auf dem bis jetzt nur unser Nationaltrainer Steve sitzt und mir nun väterlich die Hand reicht. Er hat ein drahtloses Mikro in der Hand, mehrere andere Mikrofone sind auf dem Tisch aufgebaut.
    Als wäre der Tumult noch nicht groß genug, zeigt Steve nun mit beiden Händen auf mich und ruft in den Saal: »Themba Matakane, unser Neuer, unser Jüngster - der Star des Tages!«
    Erneut braust Beifall auf, diesmal nur für mich.
    Ich weiß nicht, ob ich mich jetzt wie ein Sänger verbeugen soll, und bleibe einfach nur etwas steif stehen und versuche, möglichst freundlich dreinzuschauen. Dabei suche ich in dem Gewühl nach Nomtha, obwohl ich weiß, dass sie niemals freiwillig in einen so vollen Raum geht.
    Das einzige vertraute Gesicht zwischen all den Journalisten ist Sandile, der junge Laduma-Reporter. Er winkt mir fröhlich zu.
    Dann deutet mir Steve an, dass wir uns hinsetzen müssen. Kaum haben wir Platz genommen, schießen die ersten Finger in die Höhe. Ein älterer Reporter mit kahlem Kopf aus der dritten oder vierten Reihe setzt sich als Erster durch: »Mr Barker«, spricht er zuerst Steve an, »seit wann haben Sie diesen jungen Spieler im Team - und wo kommt er her?«
    Es ist deutlich, dass Steve die Anerkennung, die hinter der Frage steht, genießt: »Aufgebaut wurde Themba bisher in der Jugendmannschaft von Ajax Cape Town, bei uns ist er erst seit wenigen Wochen. Davor war er...«, er hält einen Moment inne und lenkt als erfahrener Profi, der schon oft vom Fernsehen interviewt wurde, die Aufmerksamkeit gekonnt auf mich: »Themba, wo hast du angefangen, Fußball zu spielen?«
    Er reicht mir das drahtlose Mikro, das erst nicht funktionieren will. Als er es aus- und wieder einschaltet, pfeift und piept es schrecklich, bevor auch das aufhört und ich weiß, dass ich nun endgültig dran bin.
    »Meine erste Mannschaft waren die Lion Strikers im Ostkap, genauer gesagt in einem kleinen Dorf im Gebiet von Qunu, ganz in der Nähe, wo Madiba , unser erster Präsident, geboren wurde...«
    Einige im Saal schmunzeln. Klar - niemand hier hat je etwas von den Lion Strikers gehört.
    »Ich bin vor mehr als einem Jahr nach Kapstadt gekommen«, fahre ich fort und weiß, dass
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