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The Road of the Dead

The Road of the Dead

Titel: The Road of the Dead
Autoren: Kevin Brooks
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warf Mum einen Blick zu. Sie weinte nicht – das Weinen hatte sie hinter sich   –, aber ihr Gesicht wirkte wie tausend Jahre alt. Sie war erschöpft. Seit drei Tagen hatte sie nicht mehr geschlafen. Ihre Haut war trocken und blass.
    Ich nahm ihre Hand.
    |19| Cole sah mich an. Seine dunklen Augen waren fast schwarz. Ich wusste nicht, was er dachte.
    Merton sagte: »Bisher gehen die Nachforschungen so gut voran, wie zu erwarten, aber es gibt noch eine Menge zu tun. Die Spurensicherung ist sehr zuversichtlich, etwas zu finden, und das Ermittlungsteam arbeitet sich noch durch Dutzende Zeugenaussagen. Wir tun alles, was in unserer Macht steht, um herauszufinden, was passiert ist. Aber wir müssen bestimmte Abläufe einhalten und ich fürchte, solche Dinge brauchen ihre Zeit.«
    »Wie viel Zeit?«, fragte meine Mutter.
    Merton schürzte die Lippen. »Das ist schwer zu sagen   …«
    »Wo ist sie jetzt?«
    »Wie bitte?«
    »Rachel – wo ist sie?«
    Merton zögerte. »Ihre Leiche   … der Leichnam Ihrer Tochter befindet sich im Gewahrsam der Untersuchungsbehörde.«
    »Sie liegt in einer
Behörde

    »Nein, nein   …« Merton schüttelte den Kopf. »Sie wird natürlich in einer Leichenhalle sein. Die Untersuchungsbehörde beschäftigt sich nur mit der Todesursache und der Obduktion   …«
    »Wann können wir sie zurückhaben?«
    »Wie bitte?«
    Mum beugte sich auf ihrem Stuhl vor. »Ich will meine Tochter zurück, Mr Merton. Sie ist seit drei Tagen tot. Ich will sie nach Hause bringen und beerdigen. Sie sollte nicht allein sein an einem Ort, den sie nicht kennt. Sie hat schon genug durchgemacht. Noch mehr davon hat sie wirklich nicht verdient.«
    Einen Moment wusste Merton nicht, was er sagen sollte. Er sah |20| Mum an, warf einen Blick auf Cole, dann wandte er sich wieder meiner Mutter zu. »Ich verstehe Ihre Bedenken, Mary, doch ich fürchte, so einfach geht das nicht.«
    »Wieso nicht?«
    »Nun, es müssen alle möglichen praktischen Gesichtspunkte in Erwägung gezogen werden.«
    »Zum Beispiel?«
    »Zunächst einmal die gerichtsmedizinischen Untersuchungen. Einige davon sind höchst komplex und zeitaufwendig. Ich verstehe, dass es ziemlich quälend ist, an so etwas zu denken, aber durch Rachels Leichnam können wir eine Menge Erkenntnisse gewinnen. Er kann viel darüber aussagen, was wirklich geschehen ist. Und wenn wir erst einmal wissen, was geschehen ist, haben wir eine viel bessere Chance, auch herauszufinden, wer es getan hat.«
    Der Tote Mann hat es getan
, dachte ich.
Es war der Tote Mann.
Den werdet ihr nie mehr finden.
    »Um es einfach zu sagen«, fuhr Merton fort, »der Untersuchungsrichter wird den Leichnam Ihrer Tochter erst freigeben, wenn er überzeugt ist, dass die sterblichen Überreste nicht mehr für weitere Untersuchungen gebraucht werden. Unglücklicherweise kann das einige Zeit dauern, gerade solange noch niemand des Mordes beschuldigt wird. Sobald jemand angeklagt ist, haben nämlich die Anwälte das Recht, eine zweite, unabhängige Obduktion zu beantragen. Wenn das erledigt ist, wird der Untersuchungsrichter im Allgemeinen die Leiche freigeben. Wenn allerdings niemand angeklagt ist, die Polizei aber davon ausgeht, in absehbarer Zeit einen möglichen Täter zu finden, wird der Untersuchungsrichter den Leichnam zurückhalten in der Erwartung, dass |21| eine zweite Obduktion erforderlich wird.« Merton sah meine Mum wieder an. »Tut mir leid, dass das alles so kompliziert ist, aber ich fürchte, es können drei bis vier Monate vergehen, ehe man den Leichnam Ihrer Tochter freigeben wird.«
    »Und wenn man ihren Mörder findet?«, fragte Cole. »Wie lang dauert es dann?«
    Merton sah ihn an. »Auch das ist schwer zu sagen   … aber klar, je eher wir herausfinden, wer es war, desto schneller können wir Rachels Leiche freigeben.«
    Cole sagte nichts darauf, sondern nickte nur.
    Merton senkte den Blick kurz auf die Blätter, dann nahm er seine Lesebrille ab und rieb sich die Augen. »Ich weiß, das ist eine schreckliche Zeit für Sie alle«, sagte er, »aber ich kann Ihnen versichern, dass wir alles in unserer Macht Stehende tun werden, Ihnen zu helfen, mit dem Verlust fertig zu werden.« Er unterbrach sich für einen Moment, dann fuhr er fort: »Wenn Sie irgendwelche Probleme in Hinblick auf Ihren Glauben   …«
    »Auf unseren was?«, fragte Mum.
    »Glauben   … Bräuche   …«
    »Wovon reden Sie?«
    Merton schaute wieder auf seine Unterlagen. »Ihr Mann«, sagte er zögernd und
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