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The Road of the Dead

The Road of the Dead

Titel: The Road of the Dead
Autoren: Kevin Brooks
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spürte ihn.
    Er war da.
    Ich konnte ihn riechen.
    Ich konnte jetzt nicht mehr atmen. Ich konnte mich nicht rühren. Ich
wollte
mich nicht rühren. Aber langsam drehte sich meine Hand um, dann meine Schulter, und als ich mich zurückbeugte und hinter den Sitz schaute, erstarrte mir die Haut und die Luft in der Kehle gefror. Da war er: der Tote Mann.
    »Scheiße«, flüsterte ich.
»Scheiße.«
    Er war fest mit Müllbeuteln und Klebeband umwickelt und eingesargt in einen zusammengerollten alten Teppich. Der Teppich war feucht, Reste schwerer dunkler Erde klebten daran. In der Erde ringelten sich kleine rosa Würmer, einige hell durch den Regen, und das gelb gefärbte Klebeband auf den Müllbeuteln war mit Hunderten von winzigen schwarzen Fliegen gesprenkelt.
    Ich wandte mich würgend ab und starrte Cole an.
    »Tut mir leid«, sagte er. »Hab ich vergessen, dir zu erzählen.«
    »Vergessen?«
    Er nickte und schaute weiter auf die Straße. Inzwischen hatten wir den Weg hinter uns gelassen und fuhren auf das Dorf zu.
    »Scheiße«, murmelte ich wieder.
    Cole sah mich an, sagte aber nichts. Er warf Jess einen kurzen |331| Blick zu, dann widmete er sich wieder der Straße und seine lädierten Hände bewegten mühelos das schwergängige Lenkrad des Tankwagens. Ich wandte mich von ihm ab und sah durch die Windschutzscheibe nach draußen. In der Ferne leuchtete der dunkle Horizont von dem ersten zaghaften Licht des neuen Tages. Die Sonne ging auf und rötete den Himmel, und als ich über das dämmernde Moor hinweg sah, entdeckte ich, dass sich nichts geändert hatte – die einsamen Wiesen, die knochenweißen Gräser, die Berge und die Wälder und die fernen Tors   …
    Es war alles immer noch da.
    Immer noch leer. Immer noch tot.
    »Es ist das, wofür wir hergekommen sind«, sagte Cole.
    Ich sah ihn an. »Was?«
    »Die Leiche   … deshalb sind wir doch hergekommen.«
    »Ich weiß.«
    »Es ist nur eine Leiche.«
    »Ich weiß.«
    »Jetzt können wir nach Hause. Wir können Rachel nach Hause bringen.«
    »Ja, ich
weiß

    »Was stört dich dann?«
    Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich
wusste
nicht, was mich störte. Cole hatte recht – er hatte mit allem recht. Wir hatten uns aufgemacht, den Toten Mann zu finden, und jetzt hatten wir ihn gefunden. Jetzt konnten wir heimfahren. Jetzt konnten wir Rachel nach Hause bringen.
    War es wichtig, wie Cole Seldens Leiche gefunden hatte? Oder wo? War es wichtig, wie er Quentin zum Reden gebracht hatte? War es wichtig, wo Quentin jetzt war?
    |332| Ich sah durch die Windschutzscheibe. Wir fuhren ins Dorf ein, an dem alten Steinhaus vorbei, wo so viel geschehen war, so viel, wovon ich nichts wusste. Die Auffahrt war leer, alle Lichter aus. Das Haus war dunkel und schwieg.
    War irgendetwas davon noch wichtig?
    Ich sah Cole an. Er war müde – das Gesicht erschöpft, die Augen schwer, der Körper niedergedrückt von Schmerzen.
    »Ist es jetzt vorbei?«, fragte ich ihn.
    »Ja«, sagte er, »es ist vorbei.«
     
    Ich lächelte in mich hinein und lehnte mich zurück in den Sitz. Ich wusste, dass es nicht vorbei war, und ich wusste, es würde nie vorbei sein. Es gab immer noch Dinge zu tun, Dinge, um die wir uns Sorgen machen mussten, und zu Hause war noch sehr weit weg. Alles war weit weg – wo wir gewesen waren, wo wir jetzt waren und wo wir hingingen.
    Es war ein langer Weg.
    Aber wir gingen ihn gemeinsam.
    Und das reichte mir.
    Als wir in die blutrote Dämmerung hineinfuhren und sich die Berge hinter uns in dem karminroten Himmel verloren, schloss ich die Augen und verabschiedete mich von Rachels Geist, dann zog ich mich in mein Inneres zurück und ließ mich forttreiben.
     

Informationen zum Buch
    Die beiden Brüder Ruben und Cole erfahren vom Tod ihrer Schwester Rachel - sie wurde erwürgt, in einer gottverlassenen Gegend weit weg von ihrem Zuhause in London. Erst wenn ihr Mörder gefunden ist, kann Rachel beerdigt werden, erfährt die Familie von den Behörden. Doch für den impulsiven Cole kommt es nicht infrage, untätig herumzusitzen, bis die Polizei ihre Ermittlungen abgeschlossen hat. So fahren Cole und Ruben selbst ins entlegene Dartmoor, um den Mörder zu suchen. Dort geraten sie in einen Hexenkessel von Einschüchterung, Erpressung, Hass und Gewalt. Trotzdem geht Cole bis zum Äußersten, um die Wahrheit herauszufinden...

Informationen zum Autor
    Kevin Brooks
, geboren 1959, studierte in Birmingham und London. Sein Geld verdiente er lange Zeit mit Gelegenheitsjobs.
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