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The Road of the Dead

The Road of the Dead

Titel: The Road of the Dead
Autoren: Kevin Brooks
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und starrte nach oben zum Dach.
    »Scheiße«, murmelte Sim in sich hinein.
    Vince sagte nichts, hielt sich heraus. Er würde tun, was er tun musste, mehr aber nicht. Keine Grausamkeit, keine Freundlichkeit. Keine Schuld, kein Risiko. Kein Vertrauen in sich selbst. Ich hasste ihn dafür. Ich hasste sie natürlich alle, aber wenigstens blieben sich Red und Sim selber treu. Sie versuchten nicht, ihr Unrecht zu rechtfertigen, indem sie mir ein paar Krümel falsches Mitleid vorsetzten – sie zogen einfach ihre Sache durch und damit basta. Das musste man nicht groß bewundern, aber wenigstens war es ehrlich.
    Red hatte jetzt die Luke geöffnet, stieg die Leiter hinunter und überließ es Vince und Sim, eine Möglichkeit zu finden, wie sie mich herunterbekämen. Ich rollte den Kopf nach hinten und schaute durch die Luke. Ich sah einen Teil der Scheune unten, der im Strahl von Reds Taschenlampe aufflackerte – den schmutzigen Boden, das zweiflügelige Tor vorn, Wolken von Strohstaub, die im Schein |310| der Taschenlampe schwebten.
    »Du gehst runter«, sagte Sim zu Vince. »Ich reich dir das Seil hinterher.«
    Vince nickte. Er übergab Sim das Ende meiner Leine, dann stieg er durch die Luke und kletterte die Leiter hinab. Sim sah zu, wie er verschwand. Der Schein der Taschenlampe wurde schwächer, deshalb nahm ich an, dass Red sich vom Fuß der Leiter entfernt hatte. In dem nachlassenden Licht hockte sich Sim neben mich und hielt mir sein Messer ans Gesicht. Ich sah ihn an. Sein Hals zuckte, als er den Kopf nach vorn stieß wie ein durchgedrehter Vogel.
    »Jetzt sind wir ganz allein«, flüsterte er. »Nur du und ich.«
    »Großartig«, sagte ich.
    Er grinste. »Du glaubst, Vince wird dir helfen?«
    »Vince ist ein Arschloch.«
    »Das siehst du richtig.« Er blinzelte heftig, dann berührte er mit der Breitseite der Messerklinge meine Nase. »Hast du Angst?«
    »Was glaubst du?«
    Er grinste wieder, dann tippte er mir ein zweites Mal mit dem Messer gegen die Nase und stand auf, als Vince von unten rief.
    »Okay, Sim – bist du so weit?«
    Sim hob das Ende des Seils auf und warf es durch die Luke. »Hast du’s?«, rief er nach unten.
    »Ja.«
    Sim drehte sich zu mir um und nickte zur Luke hin. »Dann mach voran«, sagte er. »Beweg dich.«
    Ich sah ihn an und wartete darauf, dass er mir die Handschellen abnahm, aber er rührte sich nicht.
    »Ich kann schlecht mit gefesselten Händen runterklettern«, |311| sagte ich. »Da brech ich mir das Genick.«
    »Wenn du nicht bald in die Gänge kommst, brech ich’s dir.«
    »Ja, aber   –«
    »Mach
voran
«, unterbrach er mich barsch.
    Ich rollte mich auf den Bauch, dann rutschte ich herum und schob meine Beine durch die Luke. Irgendwie schaffte ich es, die Füße auf die Leiter zu kriegen, doch dann hing ich da, halb vor, halb in der Luke, und hatte zu viel Schiss, weiterzumachen. Ich würde fallen. Das wusste ich. Meine Beine waren zwar nicht mehr taub, aber sie zitterten. Ich hatte die Hände nicht frei. Man kann keine Leiter freihändig und mit zitternden Beinen heruntersteigen.
    Aber Sim stand jetzt über mir und stieß mich mit dem Fuß. Ich wusste, wenn ich mich nicht bald rührte, würde er so lange weiterschubsen, bis ich voranmachte. Also schloss ich einfach die Augen, drückte mich gegen die Leiter und fing an hinunterzuklettern. Ganz langsam, Schritt um Schritt, legte mein Kinn auf die Sprossen   …
    »Pass auf, wo du hintrittst«, rief Sim herunter.
    … beugte mich vor, ertastete mir den Weg nach unten, Zentimeter um Zentimeter, bis ich es tatsächlich geschafft hatte. Meine Füße berührten den Boden. Der Hals war nicht gebrochen. Ich hatte es geschafft.
    Ich atmete aus und beugte mich zurück, reckte die Steifheit aus dem Rücken und für einen kurzen Moment war ich so glücklich über mich, dass ich beinahe alles andere vergessen hätte. Aber dann zerrte Vince einmal kräftig am Seil, riss mich von den Beinen und alles war wieder da: der Schmerz, der Hass, die Wut, die Angst   … meine Unfähigkeit nachzudenken.
    |312| Ich war kein Stück näher dran, etwas zu tun, als vor zehn Minuten. Ich war immer noch da. Die Dinge passierten immer noch. Die Zeit wurde knapp.
    Ich musste irgendwas tun.
    Ich musste aufhören nachzudenken und etwas tun.
    Also, hör auf zu denken und schau dich einfach bloß um:
Red ist da drüben, er sitzt auf der Radabdeckung von dem alten Fordson-Trecker und leuchtet mit der Taschenlampe sinnlos zur Decke hoch, Sim kommt die Leiter
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